Martin Grubinger & Syndey Symphony Orchestra in der Philharmonie (Kritik)

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Er zählt zu den renommiertesten Percussionisten weltweit und kann in seinem Metier so viele Instrumente bespielen wie kaum jemand anders: Martin Grubinger. Der österreichische Multi-Trommler hat sich für das Jahresende einer ganz besonderen Herausforderung gestellt, nämlich James MacMillans zweitem Percussion-Konzert. Bis dato wurde das schnelle und ziemlich komplexe Werk noch nicht in Deutschland aufgeführt – mit dem Konzert in München hat sich das nun geändert. Am 27. November 2018 in der Philharmonie bot Grubinger das Werk dar – gemeinsam mit dem Sydney Symphony Orchestra unter der Leitung von David Robertson.

Zuallererst, nachdem das Konzert wie üblich um kurz nach 20 Uhr beginnt, darf aber eine einleitende Ouvertüre nicht fehlen. Musikalischer Leiter Robertson, bereits grinsend und sichtlich glücklich sein Pult erklimmend, hat sich gemeinsam mit dem Orchester für Antonín Dvořáks Konzertouvertüre „Karneval“ op.92 in A-Dur entschieden – ein schöner und kraftvoller Start. Das knapp zehnminütige Eröffnungsstück bringt Orchester und Publikum langsam auf Betriebstemperatur, denn was folgen sollte, ist keine leichte Kost.

© Simon Pauly

Martin Grubinger kommt auf die Bühne, großer Applaus ertönt. Einen Anzug trägt er nicht, an die schwarze Uniformität hält er sich schon. All das zeichnet ihn auch ein wenig aus – mitten in seinen Dreißiger ist er auf dem Professionalitätslevel einer der Jüngsten und darf sich gerne derlei Freiheiten herausnehmen. In seiner Musik und seiner Performance dagegen hält er sich so strikt und in absoluter Genauigkeit an das Konzept, dass es teilweise fast schon erschreckend perfekt ist. Das zweite Konzert für Schlagzeug und Orchester von MacMillan hört der Großteil des Publikums wohl zum ersten Mal, aber beschäftigt man sich im Voraus bereits mit dem Machwerk, fragt man sich: Wird Grubinger es hinbekommen, teils so irrsinnig schwere und wahnsinnig schnell wechselnde Passagen zu spielen?

Ja, wird er. Und es ist ein Segen, ihm dabei zuzusehen. Teilweise ist Grubinger so in seine Musik versunken, dass recht ulkige Gesichtsausdrücke zustande kommen, aber all das deckt sich nur mit der Begeisterung, mit welcher Filigranität er beispielsweise dem Aluphone die Töne entlockt. Das Orchester aus Australien rückt dabei fast vollkommen in den Hintergrund, streckenweise stellt sich so ein Tunnelblick auf die Percussions ein, dass Robertson und seine zahlreichen Musiker wie reine Begleitperson und nicht gleichwertige Partner wirken. Insgesamt ist das Gesamtbild aber fließend und MacMillans Konzert hat eine erfolgreiche Premiere, die lohnend beklatscht wird. „Bei unserem Repertoire leben die Komponisten meist noch. Ich freue mich, James MacMillan, wenn er anruft, sagen zu können, dass es bestens bei Ihnen ankam“, schmeichelt Grubinger dem Münchner Publikum und zeigt als kleine Zugabe nicht, wie üblich, eine etwas jazzigere Nummer, sondern entscheidet sich für Johann Sebastian Bachs Präludium aus seiner ersten Cello-Suite. Bravo!

Nach der Pause ist der große Solo-Moment des Sydney Symphony Orchesters gekommen. Auf dem Plan steht Beethovens Siebte, was sich ziemlich gut in die aktuelle Beethoven-Affinität der großen Orchester einreiht – das Swedish Radio Symphony Orchestra hat sich am 20. November für Beethovens Dritte entschieden, in der folgenden Woche gibt es in der Philharmonie am 9. und 10. Dezember sogar gleich zweimal Beethovens Fünfte zu hören. Nun aber Nr. 7 – eine feine Wahl, denn als Kontrast zum schweren Percussion-Konzert sehr wohltuend. Die Klänge sind bekannt – so bekannt, dass Dirigent Robertson kurzerhand ohne Noten durch die Symphonie führt. Ein wenig wie ein Bilderbuch-Dirigent, wenn er sichtlich mitgenommen sich körperlich verausgabt, aber beim Schlussapplaus wie ein Honigkuchenpferd grinst und absolute Freude versprüht – pure Liebe zum Job und wohl noch mehr zur Musik. Diese Liebe zur Musik strahlen alle Musiker aus – Grubinger inklusive. Abschließend gibt es noch Brahms Ersten ungarischen Tanz. Ein mehr als gelungener Abend.

Kritik: Ludwig Stadler