Nervous Breakdown – Black Flag im Backstage (Bericht)

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Black Flag gelten als eine der wegweisenden Punk-Bands der ersten Stunde und werden oftmals als erste Hardcore Punk-Band aller Zeiten genannt. Ihr Logo hängt neben den Ramones und Joy Division in den Filialen von bekannten Modeketten. Früh gebeutelt von zahlreichen Besetzungswechseln und fehlendem monetären Erfolg hat die Band 1986 beschlossen, sich aufzulösen und wurde, wie viele andere Bands dieser Zeit, 2013 von Mitgründer Greg Ginn wiederbelebt. Nach einigen weiteren Besetzungswechseln und einem Gerichtsprozess gegen ehemalige Mitglieder kommt Greg Ginn und seine neuen Black Flag nun am 25. Juni 2025 ins Backstage München.

Vor Ort wird man erst einmal in die Backstage Halle umgeleitet, das Konzert war ursprünglich für das deutlich größere Werk daneben angesetzt, offensichtlich zu ambitioniert. Zur offiziellen Startzeit des Konzertes um 20:00 Uhr sind keine 50 Gäste in der mit Tischen und Pflanzen ausgeschmückten Halle zugegen, entsprechend verschieben die Musiker den Startschuss gute 20 Minuten nach hinten. Nach einer etwas arg langen Stimmpause auf der Bühne ist dann auch im Publikum etwas mehr los, wirklich voll wird es aber nicht. Nach initialer Verwirrung unter den Fans, ob das jetzt Black Flag oder eine Vorband sind, werden die Zweifel mit dem zweiten Song Nervous Breakdown aber relativ schnell beseitigt. Grund hierfür ist die kurz vor der Tour komplett neu-besetzte Band inklusive einem Geschlechterwechsel am Mikrofon, sowie der Verzicht auf ein Vorprogramm. Man könnte mutmaßen, dass das letzte anwesende Gründungsmitglied Greg Ginn älter ist als die restliche aktuelle Besetzung…zusammen, seine neue Band senkt den Altersschnitt um Saal deutlich. Junges Blut ist gerade bei Hardcore Punk sicherlich nicht verkehrt, allerdings scheitert Sängerin Max Zanelly mehrfach an den eigentlich minimalistischen Gesangsanforderungen der Frühwerke. Die rauchige Stimme passt und eine Frau als Sängerin zu wählen ist nicht nur progressiv für eine betagte Band, sondern auch ein interessantes Konzept, den Songs nochmal eine neue Perspektive zu geben, aber die Reichweite gerade in den tieferen Frequenzen ist leider non-existent. Der Stimmung tut das keinen Abbruch, nach 42 Jahren Wartezeit in der Landeshauptstadt (abgesehen von einer Festivalshow der Band FLAG im Zenith 2013) ist es für viele ein Trip zurück in die goldenen 80er-Jahre und gleichzeitig wahrscheinlich die erste und einzige Möglichkeit, diese Songs noch einmal live zu erleben.  

Der Pogo in der Mitte der Halle ist gerade warmgelaufen, da wird das Konzert nach knapp 40 Minuten für eine Pause unterbrochen. Es ist offiziell das erste Hardcore Punk-Konzert mit einer Intermission, deren Ankündigung gleichzeitig die erste Interaktion zwischen Band und Publikum darstellt. Aus den ursprünglich angekündigten 20 Minuten wurden dann 40, bevor es mit My War in Akt zwei des Abends rumpelt. Das Konzept des Abends „The First Four Years“ geht vollends auf, es dürfte genau das sein, was Fans der ersten Stunde sehen und hören wollen. Der neue Schlagzeuger Bryce Weston ist den Abend über fast unterfordert, darf dann aber zwischenzeitlich auch noch sein Können beweisen. Greg Ginn, der im Gegensatz dazu das ein oder andere Mal auf der Gitarre ordentlich daneben langt, hat sichtbar Spaß und geht auch nach all den Jahren noch mit der Livemusik auf, wenn auch nicht mehr ganz so beweglich. Vor dem Abschluss des Konzerts mit Rise Above, einem Cover von Louie Louie und einer zweiten Darbietung von Fucked Up erfolgt mit der kurzen Vorstellung des Lineups die zweite und letzte Publikumsinteraktion der Band, bevor sie nach weiteren 35 Minuten die Bühne verlassen.

Es geht ein durchwachsener Abend zu Ende, der durch eine Nostalgiebrille viel zu bieten hatte, aber objektiv betrachtet maximal durchschnittlich zu kategorisieren ist. Das Konzept „An Evening With“ passt einfach nicht zu den kurzen Punk Songs, die Pause zwischen zwei Sets mit jeweils zwölf und dreizehn Songs wirkt bei insgesamt 75 Minuten reiner Spielzeit fast lächerlich und der daraus resultierende Verzicht auf eine weitere Band an dem Abend mutiert das Konzept eher zu „An Hour With“. Die Lieder von Black Flag noch einmal oder gar zum ersten Mal live zu erleben ist durchaus ein Erlebnis, aber vielleicht ist es jetzt doch an der Zeit, die Band nach dieser Tour zu Grabe zu tragen, die Bühne gänzlich dem Nachwuchs zu überlassen und nicht noch einmal zum Nachwuchs zu werden.

Setlist Set 1: Can’t Decide / Nervous Breakdown / No Values / I’ve Had It / Wasted / Black Coffee / Six Pack / Depression / Forever Time / The Swinging Man / Nothing Left Inside / Fucked Up (Good for You cover)

Setlist Set 2: My War / I’ve Heard It Before / Revenge / Fix Me / Clocked In / Room 13 / Gimmie Gimmie Gimmie / Slip It In / Jealous Again / I Can See You / Rise Above / Louie Louie (Richard Berry & the Pharaohs cover) / Fucked Up (Good for You Cover)

Bericht: Luka Schwarzlose

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