30 Jahre Rock im Park! Was für ein Jubiläum, auf das das Schwesterfestival von Rock am Ring, die in dieser Auflage ihr 40. Bestehensjahr feiern, zurückblicken kann. Mit knapp 90.000 Besucher*innen ist das Festival restlos ausverkauft und findet, passend zur Jubiläumsausgabe, erstmals auf vier Bühnen mit über 100 Bands statt. Eine beachtliche Anzahl, die sich am Zeppelinfeld Nürnberg versammelt und größtenteils bereits am Donnerstag anreist, bevor das Pfingstwochenende vom 6. – 8. Juni 2025 zu drei musikalischen Tagen heranwächst. Leider schwächelt das Wetter schon zum Anreisetag und wird bis zum bitteren Ende erbarmungslos weitermachen.

Während die Utopia Stage als Hauptbühne wieder inmitten des Zeppelinfelds steht, schließt sich die Mandora Stage am Vorplatz der Arena an; sie ist die zweitgrößte Bühne auf dem Festival. Die Arena selbst wird zur Orbit Stage und damit zugleich zur einzig überdachten Bühne, die auch ein paar Sitzplätze beinhaltet. Als Bonus für die Jubiläumsausgabe gesellt sich die Atmos Stage, erstmals aufgebaut und schräg zur Mandora Stage Richtung Campingplatz gelegen. Mit Rindenmulch und Platten ausgelegt, ist es gerade die Atmos Stage im Wald, die selbst am letzten Festivaltag noch recht stabil und matschbefreit besuchbar ist – im Gegensatz zu den beiden Hauptbühnen. Während man bei der Mandora Stage noch versucht, mit Stroh etwas Stabilität zu geben, ist das Gelände der Utopia Stage ein Tag für Tag stets zunehmend tieferes Schlammloch. Besonders am Sonntag ist immer mal wieder Kreativität angesagt, um sich durch den unebenen Boden zu kämpfen.
Rundherum gestaltet sich ein abwechslungsreiches Gelände aus allerlei Essensständen und zahlreichen Getränkestanden mit vorrangig San Miguel-Bier, die ebenso Sponsor des Festivals sind. Auch eine breite Palette an Rock im Park-Merchandise wird angeboten und weiß durchaus zu gefallen – alle Stilrichtungen mit teils wirklich schönen Designs sind zu finden. Durch die teils verschiedensten Bühnenableitungen und Laufwege erkundet man das Infield ganz automatisch innerhalb der drei Tage – und entgegen der starken Kritik auf Social Media sind die Bühnenableitungen zum Großteil sehr gut geregelt und ermöglichen ebenso einen sehr schnellen Wechsel zwischen den Bühnen. Dennoch: Umso näher die Headliner an der Utopia Stage kommen, desto voller wird es in den ersten beiden Wellenbrechern. Besonders bei Slipknot und Bring Me The Horizon führt das zu teils unangenehmen Situationen, eine Mischung aus Hardcore-Fans und bewegungswilligen Festivalbesucher*innen auf engsten Raum.
Tag 1 – Freitag, 6. Juni 2025
Davon ist zum Programmbeginn am ersten Tag noch wenig zu spüren. Dafür: Nässe. Kurz vor Start der ersten Band auf der Utopia Stage, Nothing More, wütet ein extremer Platzregen. Das hält die Amerikaner zwar nicht ab, ein solides Live-Set abzuhalten, dennoch bleiben sie deutlich unter ihren eigentlichen Live-Möglichkeiten zurück. Vielleicht hat auch sie das Wetter mehr mitgenommen als gedacht. Die christlichen Alternative Rocker von Skillet haben da schon ein besseres Händchen und bieten Rockmusik, die quasi gemacht für Festivals und große Menschenmengen ist. Songs wie „Monster“ und „Hero“ sorgen für große Chöre und Frontmann John Cooper performt mit vollem Körpereinsatz.

Nicht anders verhält es sich da beim wohl ersten größeren Tageshighlight: Spiritbox. Die Modern Metal-Band um Sängerin Courtney LaPlante hat es in den kommenden Jahren geschafft, sich ein beachtliches Standing zu erspielen und nicht zuletzt mit „Tsunami Sea“ ein grandioses Album veröffentlicht. In ihrem 60-minütigen Auftritt bei Rock im Park liefern sie eine fantastische Show mit funktionierenden Gesamtkonzept ab, bei der man sich lediglich wünscht, dass es schon dunkel wäre. Von der rohen Live-Energie leben fraglos Airbourne, die zeitgleich auf der Mandora Stage ihren Classic Hardrock in AC/DC-Manier zum Besten geben – sogar im strömenden Regen und bei etwas zu leisem Sound. Den Regen nehmen Bullet For My Valentine auf der Utopia Stage auch noch mit. Die Fans stört das wenig, spielen sie doch ihr komplettes Erfolgsalbum „The Poison“ und sorgen für einen festivaltauglichen, wenngleich auch arg lieblos-routinierten Auftritt. Immerhin die Musik passt.
Man könnte sie wohl getrost die Grand Seigneurs des europäischen Metals nennen: Heaven Shall Burn und In Flames. Dass man genau diese Schwergewichte hintereinander auf der Mandora Stage spielen lässt, ist ein wahrer Traum für Riff-Freund*innen. Erst einmal dürfen die Thüringer ran – noch mit Sänger Markus, der am Tag darauf wegen eines Infekts bei Rock am Ring nach einem Song abbrechen musste. Bei Rock im Park fahren HSB aber die vollen Geschütze auf: großes Bühnenbild, beachtliche Feuershow und eine Setlist mit Hits, Deep Cuts und neuen Songs. In Flames danach bleiben klassischer, haben ihr Bühnen-Setup dabei, mit dem sie schon vergangenes Jahr im Zenith zu Gast waren. Auch die Setlist unterscheidet sich nur marginal, immerhin „Pinball Map“ rutscht als eindrucksvoller Opener ins Programm. Auch sonst liefern die schwedischen Metal-Legenden einen routinierten Auftritt ab, der zu gefallen weiß.
Bereits im Vorfeld hat der Spielplan für Verwunderung gesorgt: Kontra K direkt vor Slipknot auf der Utopia Stage? Dafür Rise Against zeitgleich zu Slipknot auf der Mandora Stage? Im Sinne der Entzerrung aber sicherlich eine gute Wahl, denn so ist es zwar auf beiden Bühnen sehr voll, aber niemals überfüllt. Während Rise Against eine kurze und knackige Best-Of-Setlist abliefern, präsentieren Slipknot ebendies auf der Utopia Stage, gemeinsam mit ihrem neuen Drummer Eloy Casagrande. Und was für eine musikalische Präzision! Der Sound ist glasklar, die Drums und Riffs messerscharf und Frontmann Corey Taylor stimmlich bestens aufgelegt. Eine laute, energische und zeitgleich mit vielen Hits beladene Setlist, die aber mit dem deutschen Live-Debüt von „Gematria“ und Perlen wie „Scissors“ auch Besonderheiten aufweist, in Kombination mit grandiosen Visuals, sorgen für ein Headliner-Set, das den ersten Tag grandios beschließt. Wer danach noch Kraft und Energie hat, bekommt im Anschluss 90 Minuten SPD, die für mächtig mitreißende Stimmung dank Songs wie „Ne Leiche“ und „Die Nacht von Freitag auf Montag“ sorgen.
Tag 2 – Samstag, 7. Juni 2025
Letztendlich ist es dann doch nur die Nacht von Freitag auf Samstag. Und auch der zweite Festivaltag bleibt wettertechnisch ungemütlich: Pünktlich zum Start mit Fit For An Autopsy auf der Mandora Stage fängt es wieder mächtig an zu regnen. Die Laune lassen sich die Festivalgänger aber nicht vermiesen, im Gegenteil, die Main Stage ist bereits beachtlich gefüllt, als The Warning um 14:20 Uhr die Bühne betreten. Kaum verwunderlich, denn das Schwestern-Trio aus Mexiko ist seit ein paar Jahren äußerst erfolgreich und längst mehr als nur ein Geheimtipp. Spätestens mit ihrem Album „Keep Me Fed“ aus dem Vorjahr sind sie an die Rockspitze gelangt, was sich sowohl am Besucheraufkommen als auch an der fantastischen Performance zeigt: Dany an Gitarre an Vocals, Paulina den Drums und Alejandra am Bass. Dass man von den Villarreal-Schwestern noch einiges hören wird, haben sie eindrucksvoll bewiesen.

Zu den folgenden IDLES regt sich ordentlich Publikumsbewegung, die Vermutung liegt nahe: Die britischen Post-Punkrocker sind doch etwas zu special interest für die Hauptbühne des Festivals. Dass es zu den stampfenden Songs auch noch prasselnden Regen gibt, tut sein Übrigens. Davon lassen sich die Musiker aus Bristol allerdings nicht abhalten und liefern eine politische und energiegeladene Show. Freunde der etwas härteren Klänge werden derweil auf der Mandora Stage gut bedient: JINJER spielen ihren treibenden Progressive Djent, inmitten dessen Frontfrau Tetjana Schmajljuk, die sich in stimmlicher Höchstform präsentiert. So wirklich fesseln können sie in ihrer 60-minütigen Show zwar nicht, aber ein wenig massentauglicher und verträglicher als IDLES im Regen ist es dann doch.
Die erfreuliche Nachricht im diesjährigen Rock im Park-Booking dürfte definitiv die Dichte an sehr harten Bands im Deathcore-Bereich sein – auch diese wachsende Sparte wurde angenehm berücksichtigt. Weniger freudestrahlend lässt dagegen der Spielplan zurück: Lorna Shore, Whitechapel und thrown überschneiden sich allesamt zu fast 100%. Am Ende muss man sich entscheiden, und da ist man bei der momentan größten Band im Deathcore-Sektor nicht verkehrt: Lorna Shore. Mit mächtiger Lichtshow und dem wahrscheinlich beeindruckendsten Sänger im Bereich des gutturalen Gesangs, Will Ramos, hat man freilich keine falsche Wahl getroffen. In der Arena bei thrown drittelt sich die Songlänge dagegen, ihr schneller und messerscharfer Beatdown sorgt für reichlich Bewegung – und 14 Songs in gerade einmal 35 Minuten. Auf der Utopia Stage fackelt währenddessen Skandalnudel Ronnie Radke mit Falling in Reverse den halben Platz ab. All der extrem berichtigten Kritik zum Trotz: Das ist eine ehrenwerte Show, die hier zu sehen ist.
Das ist über KoRn leider weniger zu sagen. Die NuMetal-Helden der 90er-Jahre kommen zwar mit einer starken Setlist und reichlich guter Performance daher, hinterlassen aber durch fehlende Ansagen und etwas Lieblosigkeit absolut keine Wirkung. Auch ihre Bühne bleibt deutlich hinter den Erwartungen eines Headliners zurück. Nur weil man beginnt, einen ewigen Co-Headliner plötzlich auf die Pole-Position zu setzen, füllt dieser den noch lange nicht aus. Das angenehme Gegenbeispiel bieten Sleep Token, die erst um 23:35 Uhr auf der Mandora Stage ihren heiß erwarteten Auftritt starten. Es ist das erste Mal seit vielen Monaten und vor allem das erste Mal mit ihrem neuen Erfolgsalbum „Even In Arcadia“ – und dementsprechend ist die Enthüllung des Bühnenbilds eine große Überraschung. Die Besucher*innen der Mandora staunen nicht schlecht, als der Blick auf den Berg in Größe eines Einfamilienhauses freigegeben wird – Wasserfall inklusive. Gerade nach einem langen Tag kommt die rund 100-minütige Performance von Sleep Token fast einem Fiebertraum aus den Untiefen der Schwarzen Romantik gleich. Es ist schwerlich in Worte zu fassen, was dieses Pop-Djent-Phänomen visuell und klanglich mit ihrem Auftritt erschaffen hat. Sicher ist aber, dass sie den Headliner-Posten mehr als würdig ausfüllen und für den denkwürdigsten Auftritt der 2025er-Ausgabe von Rock im Park sorgen. Wow!

Tag 3 – Sonntag, 8. Juni 2025
Wunder geschehen, und so startet zumindest der dritte und letzte Festivaltag regenfrei. Dafür irrsinnig früh um 11:15 Uhr mit den oft erwähnten und viel diskutierten „Very Special Guests“. Drei sind es an der Zahl, wobei Act Nr. 3 bereits eine Woche zuvor mit Knocked Loose gelüftet wurde. Aber was einem nun erwartet, wusste die schlaftrunkene Menge nicht, beim Schwesternfestival Rock am Ring sind allerdings Electric Callboy und am Tag darauf Kraftklub aufgetaucht. Von dieser Hoffnung getragen gibt es schlussendlich: Sportfreunde Stiller und Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys. Während erstere zumindest eine lange RiP-Historie haben und mangels Alternativen enttäuscht, aber schulterzuckend hingenommen werden, sind Roy Bianco eine etwas fragwürdige Buchung. Als angekündigtes Late Night Special für die ordentlich angetrunkene Festival-Meute? Perfekt! Als Very Special Guest zum runden Jubiläum eines Rockfestivals am Sonntag um 12:45 Uhr? Deutliche Fehlentscheidung. Das beweisen auch die massenhaften Abwanderungen zu anderen Bühnen.
Umso mehr freuen sich daher House Of Protection auf der Mandora Stage, das Nachfolge-Projekt von Fever 333 mit Stephen Harrison und Aric Improta. In puncto Energie und mitreißender Musik stehen sie ihrer alten Band in nichts nach, auch die Songs ihrer neuen EP „Outrun You All“ funktionieren live bestens. Währenddessen auf der Atmos Stage, der neuen und vierten Bühne, eröffnet eine britische Geheimperle den Finaltag: unpeople. Die aus der Progressive Alternative Metal-Band Press To MECO hervorgegangene Kombo präsentiert nicht nur ihre selbstbetitelte EP, sondern auch unveröffentlichte Songs und ein Nirvana-Cover. Mit unbändiger Energie und schlichtweg einem Haufen Talent dürften sie für einen der stärksten Auftritte an dem ganzen Wochenende gesorgt haben – auch wenn sie ärgerlich wenig Zuschauer*innen hatten. Ganz anders Knocked Loose, die wohl alle Freunde der härteren Musik versammeln und für die größten Moshpits des Festivals sorgen. Die Amerikaner sind live immer wieder ein Garant für Breakdowns und Stimmung, so auch dieses Mal.

Auf der Mandora Stage hört man derweil von Weitem schon die unverkennbare Stimme von Myles Kennedy. Dieses Mal ist er mit seiner Solo-Musik und seinem neuesten Album „The Art Of Letting Go“ zu Gast. Leider wird sein Auftritt jäh von einem ordentlichen Regensturm unterbrochen – ebenso Weezer, die mittlerweile auf der Utopia Stage ihren legendären Punkrock angestimmt haben. Erst kurz vor Set-Ende beruhigt sich das Wetter wieder. Zur Freude von Poppy! Die amerikanische Sängerin, die Pop, Metal und Kawaii-Modus kombiniert, ist schon seit einigen Jahren dank ihres Albums „I Disagree“ ein Geheimtipp, nun aber mit ihren Kollaborationen mit Bad Omens, Babymetal und Knocked Loose felsenfest in der Metalwelt angekommen. Leider gibt es „Suffocate“ weder bei ihr noch bei Knocked Loose gemeinsam zu hören, der Sängerin gelingt trotzdem ein ordentlicher Auftritt mit stets steigender Live-Qualität.
Deutlich voller ist es derweil auf der Utopia Stage: A Day To Remember sind dran! Die Pop-Punk-Metalcore-Band hat sich, nach ein paar schwächelnden Jahren, wieder rehabilitiert und reitet nun auch schon auf der Emo-Nostalgiewelle, wenngleich sie neben ihrem „Homesick“-Album nicht vergessen, auch starke neue Musik zu schreiben. So werden die Songs „Bad Blood“ und „Miracle“ schnell zu einem Highlight eines starken, aber auch etwas blassen Auftritts. Nach dem britischen Alternative Rock-Wirbelsturm Biffy Clyro wartet die Hauptbühne eine weitere britische Band: Bring Me The Horizon. Die Metalcore-Gruppe headlinet Rock im Park erstmals und lässt sich erstmal reichlich Zeit. Am Ende spielen sie lediglich 90 ihrer angekündigten 120 Minuten, gestreckt durch Einspieler und Intermezzi, dennoch: Ihre Performance und Bühnenproduktion ist ordentlich und hinterlässt mächtig Eindruck. Ein schöner Abschluss für Rock im Park 2025 – es sei denn, man möchte noch einmal bei K.I.Z auf der Mandora Stage die Restenergie verbrauchen.
Rock im Park 2026 findet vom 5. bis 7. Juni 2026 statt. Der erste Headliner ist bereits bekannt: Linkin Park!
TICKETS gibt es HIER!

Bericht: Ludwig Stadler
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