Wieder einmal haben wir die Freude vom Dark Easter Metal Meeting zu berichten. Das Konzept ist mittlerweile bekannt, erprobt, bewährt und begehrt: Zwei Tage, Karsamstag und Ostersonntag, drei Bühnen, vor allem Black- und Death Metal mit orthodoxer Stoßrichtung. Das spiegelt sich schon in den Headlinern der 2025er-Ausgabe wieder: mit Belphegor, Moonsorrow, Gorgoroth und Absu führen vier altgediente (und in Teilen nicht unumstrittene) Kapellen mit Kult- bis Legendenstatus das österliche Vergnügen an. Hinter ihnen im Totentanz geben sich Vertreter*innen zwischen D(S)BM und Black Thrash die Klinken im Backstage in die Hand. Auch in diesem Jahr zog das Line-Up genug Besucher*innen an, um das DEMM Wochen im Voraus ausverkauft sein zu lassen. Doch dank des hervorragenden Wetters und den im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich vermehrten Verpflegungsoptionen wirkt das Gelände zu keiner Zeit vollgestopft oder überfüllt. Gemächlich mäandert das Publikum zwischen der größten Bühne, dem Werk, und den beiden kleineren, Halle und Club, die parallel bespielt werden, hin und her, rastet im Biergarten oder beim Merch.
TAG 1

Direkt zu Beginn der mittlerweile bereits zwölften Ausgabe des DEMM wird die Bühne im Werk von niemand geringerem als Desaster eröffnet. Mit ihrer altbekannten Mischung aus Black und Thrash Metal geht es direkt von null auf hundert, zumindest auf der Bühne. Einigen Fans im Publikum geht das offensichtlich um 14:30 Uhr noch einen Hauch zu schnell und die Partizipation hält sich, abgesehen von ein paar „Hey“-Rufen, noch stark in Grenzen. Ihr letzter Auftritt auf dem Dark Easter vor ein paar Jahren könnte kein größerer Kontrast sein, damals war die Band der ›Late Night Act‹ in der deutlich kleineren aber rappelvoll und motivierten Halle. Heute fühlt sich die Band, trotz gewohnt guter Eigenleistung, etwas ›verheizt‹ an, eventuell nächstes Mal wieder etwas für die späteren Stunden.
Setlist Desaster: Satan’s Soldiers Syndicate / Devil’s Sword / Learn to Love the Void / Sacrilege / Damnatio Ad Bestias / Teutonic Steel / Nekropolis Karthago / Hellbangers / Divine Blasphemies / Metalized Blood
Den Auftakt im Club machen Kohlrabenschwarz. Die erst im vergangenen Jahr gegründete Band hat mit ihrem Debüt »Im finstren Tal« schon einige Aufmerksamkeit erregt. Wer weiß, dass hinter dem Projekt Constantin König von Lunar Aurora steht, und dass sich am Mikrophon Dirk Rehfus (u. a. Grabnebelfürsten) betätigt, kann sich vorstellen, in welche Richtung sich Kohlrabenschwarz bewegen: Black Metal, der rau- und O-beinig daherkommt, gepaart mit sperrigen, eigenwilligen Texten, die das Ganze irgendwo zwischen den Gebrüdern Grimm und Bethlehem, zwischen Empyrium und Jens Rachut verortet. Nicht jedermanns Sache, doch ein engagierter Auftritt und eines der markanteren Profile unter den kleineren Bands des Festivals. Dass die Band zum Abschluss noch »Dämonentreiber« von Lunar Aurora anstimmt, ist höchst willkommen.
Setlist Kohlrabenschwarz: Donnerwetter / Der Weg nach unten / Der letzte Schrei / Dunkler Stern / Erinnerungen / Der Zerbrochene Spiegel / Die Hoffnung stirbt zuerst / Tundra / Dämonentreiber
… Stichwort Empyrium: Die spielen im Anschluss an die Kohlraben im Werk, vor einem eher schmalen, aber respektvollen Publikum. Geboten wird ein Old School-Set mit Klassikern von »Songs of Moors & Misty Fields«, sowie vom 1995er Demo. Der Blick aus der offenen Seitentür des Werk beweist es: Es ist für diese Band sowohl die falsche Tages- wie Jahreszeit. Frühling und Sonnenschein vertragen sich auch im schwarzmetallischen Register nicht recht mit dem bis zum Anschlag getragen-melancholischen, Kerzenlicht-beschienenen Sound der Band, die dessen ungeachtet einen äußerst soliden Auftritt hinlegt. Markus Stock ist in guter stimmlicher Verfassung, der Wechsel zwischen Growls und Klargesang nahtlos. Besonders angenehm ist, dass Empyrium auch heute nicht darauf verzichten, die dominanten Geigenparts ihrer Songs live zu spielen, und nicht auf Samples zurückgreifen. Gerade dadurch erhalten die Songs eine Unmittelbarkeit, die über die altbekannten Studioversionen hinausreicht.
Setlist Emyprium: When Shadows Grow Longer / The Blue Mists of Night / Mourners / Ode to Melancholy / The Ensemble of Silence / My Nocturnal Queen
Im Anschluss am Empyrium stehen dem geneigten Ohr In the Woods… in der Halle und Hangover in Minsk im Club zur Auswahl und Verfügung.
Mit In The Woods… kommt ein relativ seltener Gast auf das Dark Easter, der mit einem sehr breitgefächerten Musikkatalog gleich mehrere Genres abdeckt. Die Auswahl der Setlist ist daher ein springender Punkt – und dann ausgerechnet auf einem Black Metal-dominierten Festival auf die eher Gothic- und melancholische Pagan/Rock-Phase zu setzen, eine nicht ganz nachvollziehbare Entscheidung. Ziemlich genau an der selben Stelle, an der Skyforger im Vorjahr den Spieß zur Perfektion umgedreht haben und statt flötenlastigem Pagan ein bretthartes Black Metal-Set präsentiert haben, heben sich In The Woods… ihren selbstbetitelten Black Metal-Anfang bis zum Schluss auf, als einige der Anwesenden bereits wieder mit einem Bein im Werk sehen. Ein paar Acts außerhalb der Kerngenres waren bisher immer ein angenehmer Kontrast und meist eine äußerst positive Überraschung auf dem DEMM, aber In The Woods… sind einfach zu nah an eben diesem Kern und können den Kontrast nicht aufbauen, stattdessen liefert die Band einen eher unspektakulären Lückenfüllerauftritt, Schade!
Setlist In The Woods…: Heart of the Ages / The Crimson Crown / A Misrepresentation of I / The Things You Shouldn’t Know / A Wonderful Crisis / …in the Woods
Unspektakulär ist der Auftritt von Hangover in Minsk dagegen nicht wirklich. Die Band sollte eigentlich Hangover in Munich heißen, denn ihre Geburtsstunde liegt auf der Heimfahrt der Band Dymna Lotva vom letztjährigem DEMM nach Warschau – im namengebenden Zustand. Die Gruppe genießt so nicht nur die Ehre, an zwei aufeinanderfolgenden Jahren auf dem DEMM spielen zu dürfen, sondern ist dieses Jahr zudem doppelt gebucht, einmal als Dymna Lotva, einmal als Hangover in Minsk. Als letztere bringen sie leicht verdaulichen DSBM mit gewissen Lifelover-Anklängen zur Darbietung. Sängerin Katsiaryna Mankevich beweist ein veritables und stilsicheres Organ, ihre Screams klingen angemessen kraftvoll-kaputt. Verzweiflung aber ist es nicht, was die Band versprüht, vielmehr Ausgelassenheit und gute Laune. Das ist kurzweilig anzusehen, aber mitzureißen vermögen Hangover in Minsk weder in die eine, noch in die andere Richtung.
Im Werk bahnt sich derweilen ein norwegischer Klassiker an: Tsjuder. Die Band startet auch gleich fulminant mit ihren wohl bekanntesten Nummern und liefert markerschütternden Black Metal nach traditioneller Art. Im Vorfeld wurde für heute ein besonderes Set angekündigt, zusammen mit Frederick Melander (Ex-Bathory) wird der zweite Teil der Show zu einem Bathory-Tribute. Natürlich war auch im Vorfeld klar, dass man hier keine liebliche Neuinterpretation von »Ring of Gold« erwarten darf, aber ein bisschen Nähe am Sound von Bathory wäre vielleicht nicht verkehrt gewesen. Wer sich bei der Ankündigung gedacht hat »Hm, Tsjuder und Bathory, das passt doch nicht so ganz«, der hatte vollkommen recht, so spielen Tsjuder eine knappe halbe Stunde lang effektiv Tsjuder mit Bathory Texten. Der Stimmung macht das überhaupt nichts aus, es ist einer der meistbesuchten Acts des Tages und wird der großen Bühne mehr als gerecht.
Setlist Tsjuder:
Tsjuder-Set: Malignant Coronation / Possessed / Prestehammeren / Mouth of Madness / Slakt / Gods of Black Blood
Bathory-Set: Sacrifice / Woman of Dark Desires / Satan My Master / Raise the Dead / Born for Burning
Und der Puls braucht gar nicht erst wieder auf Normalniveau zu sinken, denn es geht rasant weiter: Die Kanadier von Spectral Wound sind lange kein Geheimtipp mehr und erfahren derzeit einen spürbaren Hype. Ausverkaufte Konzerte in ganz Europa, immense Online-Hörerzahlen und entsprechend eine bis unters Dach volle Backstage Halle zur Prime-Time. Ganz fit ist die Band nicht auf den Beinen, Sänger Campbell ist die Heiserkeit deutlich anzumerken. Hier packen Spectral Wound aber den üblichen Black Metal-1-0-1-Trick aus und ertränken den Gesang schlicht in einer Wand aus instrumentalem Schall. Trotzdem sind Spectral Wound ein Highlight des ersten Tages und liefern eine düstere, melancholische und authentische Show, nach der ihr Merchandisestand leergefegt wird. Eventuell hätte man ihnen erklären sollen, dass es in Europa keine Strafzölle gibt, ihr Merchandise ist das teuerste des Festivals.
Gorgoroth-Fans kommen an diesem Wochenende voll auf ihre Kosten: Nicht nur die alten, bzw. neuen alten Gorgoroth unter Infernus‘ Ägide sind vertreten, sondern auch die mittleren Jahre der Band, in denen Gaahl den Ton angab; letzterer freilich inzwischen nicht mehr unter diesem Namen, sondern mit seiner aktuellen Hauptband Gaahls Wyrd. Mit der hat er inzwischen nicht nur mehrmals in München gespielt, sondern auch eigenes Material veröffentlicht, das sich durchaus neben den Gorgoroth-Klassikern wie »Carving a Giant«, den Trelldom-Walzen wie »Høyt opp i dypet«, oder dem Avantgarde-Black Metal des kurzlebigen Projekts God Seed hören lassen kann, ohne bloße Kopie derselben zu sein. Gaahl wirkt heute für seine Verhältnisse beinahe beschwingt, spaziert auf der Bühne des Werk umher und stößt langgezogene schrille Schreie aus. Obwohl ihre Setlist eine Reihe alter Nummern enthält, behält sich die Band etwas Frisches, das sich gerade aus der Widerständigkeit des Materials speist.
Setlist Gaahls Wyrd: Ghosts Invited / Carving a Giant / Aldrande Tre / Carving the Voices / From the Spear / Høyt opp i dypet / Through and Past and Past / Exit – Through Carved Stones / Alt Liv / Prosperity and Beauty
Im Anschluss bespaßen Saor die Halle, während im Club Zemial zum Tanze bitten. Das griechische Projekt um Drummer/Sänger Dimitrios Dorian erfreut die Anwesenden mit ruppigem (Black) Thrash; ihre progressiven Elemente hat die Band heute weitgehend zuhause gelassen. Bei den letzten Songs wird die Band unterstützt durch Absu-Sänger Givens – nicht zufällig, denn Zemial stellen die Instrumental-Fraktion des morgigen Absu-Auftritts.
Setlist Zemial: The Reckoning – Pictis Vremon / Black Death / Nailed and Coffined / Eclipse / Nocturnal Witch / Return of the Conqueror / Birds of Death / To Slay With Silent Dagger / Full Moon Necrophilia / Under Scythian Command / Sleeping Under Tartarus / Breath of the Pestilence
Unterdessen wird im Werk die Bühne liebevoll mit verkehrten Kreuzen und Feuerschalen dekoriert; denn ein häufiger und gerne gesehener Gast steht heute erstmals auf der Pole Position des DEMM. Mit Belphegor kommt, neben einem eigenen, äußerst umfangreichen Merchandise-Stand, einer der größten Extreme Metal Exporte aus Österreich auf die große Bühne. Von Anfang an etwas von Soundproblemen geplagt, mühen sich Belphegor durch ihr Set. Die Motivation der Band färbt auch schnell auf das Publikum ab – im negativen Sinne. Sonst als souveräner Live-Act bekannt, wirkt ihr Auftritt heute eher nach Schema F, als müsste die Band am Folgetag um 8 Uhr morgens im Büro erscheinen. Das Bühnenbild wird der Headlinerposition definitiv gerecht, der Performance mangelte es jedoch an Konsistenz.
Setlist Belphegor: The Procession / Baphomet / The Devil’s Son / Sanctus Diaboli Confidimus / Belphegor – Hell’s Ambassador / Stigma Diabolicum / Pactum in Aeternum / Lucifer Incestus / Virtus Asinaria – Prayer / The Devils / Der Lichtbringer / Totentanz – Dance Macabre / Gasmask Terror
Die beiden letzten Acts in Halle und Club sind noch einmal echte Schmankerl: Zuletzt im Vorprogramm von Blackbraid in München zu sehen gewesen, beenden Lamp of Murmuur den ersten Tag im Backstage Club. Die Optik täuscht hier gewaltig – diesmal im positiven Sinne: Zwar sieht die Band etwas so aus, als hätten sie vor dem Auftritt einen Kostümladen überfallen, doch musikalisch liefern sie einen der besten, wenn nicht sogar den besten Auftritt des Tages ab. Thy Light, die zeitgleich in der benachbarten Halle auf der Bühne stehen, nehmen ihnen anfänglich noch etwas Publikum ab, doch der Club füllt sich spätestens nach zehn Minuten fast zur Gänze. Sichtbar motiviert und mit schier endloser Spielfreude liefern Lamp of Murmuur vom ersten bis zum letzten Ton ein Musterbeispiel für einen gelungenen Auftritt ab, um Welten besser als noch bei ihrem letzten Gastspiel, und zeigen den ›Großen‹, wo der Hammer hängt.
Von einem Überraschungserfolg kann man bei Thy Light hingegen in keiner Weise sprechen. Die Band gehört zum Einmaleins des D(S)BM und wird ihrem Status auch heute ohne Einschränkung gerecht. Druckvoll walzt die Depression über die gut gefüllte Halle hinweg. Man möchte meinen, eine ungebührliche Anforderung an Aufmerksamkeit und Gemüt so spät an diesem Festivalabend. Doch es ist deutlich sichtbar: Diese Band und ihre Musik sind für viele hier eine Herzensangelegenheit.
Setlist Thy Light: Infinite Stars Thereof / A Crawling Worm in a World of Lies / From Where Silence Calls / The Bridge / In My Last Mourning…
Den Rausschmeißer dieses ersten Festivaltages geben schließlich die finnischen Pagan-Metal-Altväter von Moonsorrow im Werk. Den Rausgeschmissenen bleibt es, sich zu freuen, dass auch diese Ausgabe des DEMM verschont geblieben ist von kurzfristigen Absagen und Line-Up-Wechseln, und sich auf den, durch den eingeschränkten S-Bahn-Verkehr nicht gerade erleichterten Heimweg zu machen.
TAG 2

Frisch gestärkt, teil-lädiert oder noch im Schwange kehrt die Dunkel-österliche Gesellschaft am Sonntag zurück aufs Gelände. Den Anfang machen die niederländischen Düsterrocker Dool im Werk, gefolgt von Gràb und Glare of the Sun in Halle bzw. Club. Den ersten Publikumsmagneten des Tages bildet das anschließende Konzert von Lucifer’s Child im Werk.
Lucifer’s Child, empor gestiegen aus Rotting Christ, sind genau das, was Rotting Christ hätten werden können, wenn sie ihrer etwas roheren Black Metal-Phase treu geblieben wären. Bei ihrem letzten Auftritt auf dem Dark Easter wurden sie regelrecht mit Lob überhäuft, völlig zurecht, entsprechend dürfen sie dieses Mal auf der großen Bühne antreten, und das vor einem für die Uhrzeit beachtlichem Publikum. Leider fällt die Band, trotz musikalisch astreiner Leistung, wie schon einige Bands am Vortag, der großen Bühne zum Opfer. Was in der Halle wahrscheinlich erneut zu einem der besten Auftritte des Festivals hätte werden können, wirkt im Werk mit der Menge an Platz auf der Bühne fast etwas überfordert. Auch das Publikum hat offensichtlich noch etwas vom Vortag in den Knochen und ignoriert jede Aufforderung zur Bewegung oder Interaktion gekonnt.
Setlist Lucifer’s Child: Black Heart / The Heavens Die / As Bestas / Fall Of The Rebel Angels / Through Fire We Burn / He, Who Punishes and Slays / Curse / The Order
Nach dem griechischen Gebolze folgt im Club französische Düsternis: Lunar Tombfields spielen drückenden Atmospheric Black Metal, der auf Platte durchaus überzeugt und eine eigene Note in einem recht homogenen Subgenre durchzuhalten vermag. Live bleibt die Band allerdings ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Zwar ist der Auftritt der Mannschaft um Sänger/Gitarrist Matthieu Clement engagiert, doch der Funke will nicht recht überspringen; zu schnell dreht die Band sowohl musikalisch, als auch in der Darbietung immer wieder ins Allgemeine, zu Bekannte ab.
Setlist Lunar Tombfields: Solar Charioteer / Ire Divine / As Iron Calls, So Pile the Dreams / Idolâtrie / The Amber Herd / Le chant des tombes
Mit Witchery und Aura Noir wird das Werk an diesem Abend hintereinander von zwei Institutionen in Sachen skandinavischem Black Thrash bespielt. Leider bleiben beide Auftritte auf je unterschiedliche Weise eher blass. Witcherys Auftritt leidet an unausgewogenem Sound; Sänger Angus Norders Mikrophon funktioniert anfangs überhaupt nicht. Dessen ungeachtet lässt sich seiner theatralischen Performance, die ihn irgendwo zwischen Abbath, Nick Cave und King Diamond einordnet, gut zusehen. Dennoch mag nicht recht Stimmung aufkommen, das Werk ist äußerst dünn besiedelt, offenbar trifft der Stil der Schweden nur bei einem eher schmalen Teil der Anwesenden einen Nerv. Aura Noir treffen auf ein motivierteres, vom Abendessen gestärktes Publikum; doch so cool und kurzweilig der ruppige Sound der ›ugliest band in the world‹ auch sein mag, so verwandelt sich doch ein Gutteil der darin eingespeicherten Energie im allzu routinierten Herunterspielen der Songs in laue Abwärme.
Setlist Witchery: Witching Hour / Popecrusher / Nosferatu / True North / Witchkrieg / A Paler Shade of Death / Netherworld Emperor / Awaiting the Exorcist / Restless and Dead / The Storm / Witchburner / Oath Breaker / Chief Rebel Angel / The Reaper
Setlist Aura Noir: Black Thrash Attack / Sulphur Void / Gaping Grave Awaits / Trenches / Belligerent ‚til Death / The Obscuration / Black Deluge Night / Conqueror / Shadows of Death / Hell’s Fire / Unleash the Demon / Condor
Ein Kontrast-Act ist heute definitiv Attic. Mit überschwänglicher Theatralik im Kirchengewand und eher im Heavy Metal angesiedelter Musik sind sie nach eineinhalb Tagen Black Metal-Gerumpel für viele eine willkommene Abwechslung. Die erstaunlich volle Halle wird von Beginn an regelrecht im Weihrauch-Nebel ertränkt, was zeitweise zu viel des Guten ist und den ein oder anderen zu einer zwischenzeitlichen Frischluftpause bewegt. Fans von King Diamond kommen bei Attic natürlich vollends auf ihre Kosten, während die Corpsepaint-Fraktion wahrscheinlich eher auf das Alternativprogramm im Club (Infestus) zurückgreift. Alles in Allem bietet die Band exakt das, was man im Vorfeld erwartet hat, mit einem Touch Death Metal in den sonst schrillen Vocals auch kein völliges Guerilla-Booking. Hoffentlich setzt sich dieser Kontrast-Trend in den nächsten Jahren fort.
Setlist Attic: Darkest Rites / Sinless / Hailstorm and Tempest / Join the Coven / A Quest for Blood / The Hound of Heaven / Return of the Witchfinder / The Hidden Grave / Funeral in the Woods / Black Magic / The Headless Horseman
Von Aura Noir kommend gilt es auf dem Weg in die Halle erst einmal innerlich zwei Gänge herunter zu schalten, um sich auf die Musik von Austere einzulassen. Die DBM-Kapelle aus Australien erweist sich wie Thy Light am Vortag als Publikumsmagnet; die langen, atmosphärischen, von Drummer Timothy Yatras auch (klar-)gesanglich überzeugend vorgebrachten Songs (insbesondere »Faded Ghost«) können durch hohe emotionale Besetzung punkten. Man mag sich nicht recht losreißen, auch wenn das Verlangen, gleich den Urvätern des norwegischen Black Metals zu huldigen, groß ist…
Setlist Austere: Thrall / Time Awry / Faded Ghost / Sullen / This Dreadful Emptiness / Just for a Moment
…Die Rede ist natürlich vom Auftritt von Gorgoroth, der einer der meist antizipierten Auftritte des Festivals sein dürfte. Ein Wunder, dass die Band bis dato ihren Weg noch nicht auf das Dark Easter gefunden hatte. Selbstredend ist es der vollste Auftritt im Werk heute, wobei die Band scheinbar, ähnlich wie Belphegor am Vortag, ihre Schwierigkeiten beim Lesen der Uhrzeit hat. So verpassen einige den Startschuss, haben aber danach reichlich Zeit für den Bierstand. Das Bühnenbild ist minimalistisch und unspektakulär, wo früher Kreuze mit unbekleideten Damen und aufgespießte Tierköpfe thronten, stehen jetzt ein paar Amps und sonst…nichts als Nebel. Wer hätte gedacht, wie sinnbildlich dies für den folgenden Auftritt ist: Unspektakulär poltert die Band durch ihre übliche Setlist, der Gesang vom alten neuen Sänger Atterigner dumpf und uninspiriert. Ein Schatten ihrer selbst, die nurmehr von alten Errungenschaften leben. Nach nur 50 Minuten ist es vorbei mit dem Headline Act, das Werk zu diesem Zeitpunkt in der Publikumsmenge schon deutlich dezimiert. Auf dem Papier eines der spannendsten Bookings für das Werk enttäuscht, vielleicht auch aufgrund der hohen Erwartungshaltung, auf ganzer Linie. Der Legendenstatus von Gorgoroth ist lange Geschichte.
Setlist Gorgoroth: Bergtrollets Hevn / Aneuthanasia / Prayer / Katharinas Bortgang / Revelation of Doom / Forces of Satan Storms / Ødeleggelse og undergang / Blood Stains the Circle / Cleansing Fire / Destroyer / Incipit Satan / Krig / Kala Brahman / Unchain My Heart
Sicherlich mit einer insgesamt geringeren Erwartungshaltung verknüpft, dafür aber umso angenehmer ist der anschließende Auftritt von Saturnus in der Halle. Melodisch-melancholischer Doom/Death aus den 90ern/2000ern altert oft schnell und nicht immer in Würde. Doch Saturnus bewiesen über die Jahre hinweg ein hervorragendes Gespür für stilsicheres Songwriting auf hohem Niveau. Die Band präsentiert sich bodenständig und sympathisch, neben Klassikern wie »I long« gibt es auch Nummern vom vor zwei Jahre erschienenen Album »The Storm Within«; mit dem nächsten, verspricht Sänger Thomas Jensen augenzwinkernd, werde man sich nicht wieder sieben Jahre Zeit lassen. Aber was sind schon sieben Jahre in Doom-Zeitrechnung…
Setlist Saturnus: The Storm Within / Empty Handed / Embraced by Darkness / Breathe New Life / I Long / Christ Goodbye
Es ist inzwischen Mitternacht und die Zeit ist gekommen für den letzten Act des diesjährigen DEMM, Absu. Im Vorfeld wurde um den Auftritt der Band sehr viel diskutiert. Nach dem Ausschluss von Melissa Moore als Folge ihres Trans-Coming-Out ist die Band um mittlerweile Frontmann Russ Givens stark in die Kritik geraten, auch auf der Bühne gab es am selben Tag von DOOL ziemlich eindeutige Kritik in seine Richtung. Noch vor vier Jahren gab Givens die definitive, endgültige Auflösung der Band bekannt, wie gewohnt überschwänglich theatralisch, was aber nach einem Blick auf das Programmheft nicht lange gehalten hat. Nachdem die Band als solches nicht mehr wirklich existiert, wurde zur Live-Unterstützung die Besetzung der Band Zemial rekrutiert, die auch von Minute eins einen absoluten musikalischen Mehrwert liefern. Die vorhergegangenen transphoben/frauenfeindlichen Aussagen ihres Frontmanns wirken beim ersten Blick auf seine Bühnenkluft fast schon mutig, mit einem Dancing on Ice-ähnlichen Hemd und Umhang liefert der selbsternannte Sir Proscriptor McGovern aber zugegebenermaßen einen starken Auftritt. Wirklich viel los ist im Backstage Werk zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Auch wenn die Black Metal-Community nicht unbedingt bekannt ist für Inklusion oder politische Korrektheit, dürften seine Aussagen wie „There is no place for a woman in this band“ trotzdem einigen aufgestoßen sein. Das in Kombination mit der späten Uhrzeit und dem ein oder anderen Kater sorgt für einen etwas sang- und klanglosen Abschluss des Festivals.
Setlist Absu: Apzu / Feis Mor Tir Na N’og / Cyntefyn’s Fountain / A Quest Into the 77th Novel / Our Lust for Lunar Plains / The Coming of War / The Sun of Tiphareth / …and Shineth Unto the Cold Cometh / Never Blow Out the Eastern Candle
Man kann insgesamt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die zwei Tage zurückblicken: Wo die alteingesessenen Headliner etwas enttäuscht haben, konnte gerade der „Nachwuchs“ auf ganzer Linie überzeugen. Der Extreme Metal ist intakt und präsenter denn je, die Headlinepositionen von morgen ebenfalls gesichert.
Bericht von Tobias Jehle und Luka Schwarzlose
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