Wasted Too Much Time – Steel Panther im Zenith (Bericht)

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Das einzige Event, bei dem es gesellschaftlich anerkannt ist, als Mann Leoparden-Spandex zu tragen: Steel Panther are back in town!
Es ist kein gewöhnlicher Dienstagabend, dieser 6. Februar 2018, die U-Bahnen sind gefüllt mit übertriebenen 80er-Jahre-Perücken und den farblich abgestimmten Bandanas, Glittershirts, Leopardenleggins und jeder Menge guter Laune. Etwas weniger gute Laune hatten all diejenigen, die mit dem Auto angereist sind, denn der Zenith-Parkplatz wird derzeit umgebaut und man darf trotz des beträchtlichen Parkpreises weiter gehen, als die, die mit der U-Bahn gekommen sind.

Nach einer unerwartet langen Warteschlange im Zenith angekommen, spielen auch schon die US-Rocker rund um Chris Jericho: Fozzy. Klar, im Fokus ist natürlich die Wrestling-Legende selbst, nicht nur aufgrund seiner erfolgreichen Karriere, sondern auch dank seiner durchaus fragwürdigen Garderobe. Ein Bizeps dieser Größe passt einfach nicht ganz in die hautengen Klamotten des Glam Rock.
Musikalisch haben die Jungs eigentlich recht wenig mit Glam zu tun, denn was sie verkörpern, ist der typische moderne Amerika-Rock. So sehr sie sich auf der Bühne auch verausgaben, die Probleme bleiben: ein maßlos überproduzierter Sound und viel im Chorus unterstützendes Playback rauben der Musik einiges an Dynamik und erschaffen ein zu künstliches Bild; das war bei ihren Headline-Shows in den vergangenen Jahren deutlich besser. Was bleibt, ist eine durchschnittliche Rockband, die wenig aus der Masse sticht und zumindest auf dieser Tour ihr Potential nicht ansatzweise ausschöpft. Glücklicherweise ist es dem Publikum herzlich egal, denn die Stimmung verbreitet Jericho allein mit seiner Präsenz. Alles in allem ein durchschnittlicher Start, allerdings viel zu unspektakulär für eine dermaßen ausgefallenen Band wie Steel Panther, die Lounge Kittens bei ihrem letzten Konzert in München waren eine deutlich spannendere Vorgruppe.

Setlist: Judas / Drinking With Jesus / Sin and Bones / Painless / SOS (ABBA Cover) / Spider In My Mouth / Bad Tattoo / Sandpaper

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Lichter aus, Mötley Crüe aus, Steel Panther an: Nach einer kurzen Umbaupause ist es endlich Zeit für die geballte Ladung Glam Metal! Gewohnt souverän starten Steel Panther mit ihrem Klassiker „Eyes Of A Panther“. Mit „Going In The Backdoor“ kommt direkt im Anschluss der erste Song vom neuen Album an den Start und das Publikum ist schon textsicher bei der Sache. Zu „Asian Hooker“ wird dann stiltreu auch ein leicht bekleidetes Mädchen aus dem Publikum auf die Bühne geholt und mit den üblichen Steel Panther-Sprüchen begrüßt. Was folgte, war der wohl größte Kritikpunkt des Abends: Jede Menge Gequatsche. Natürlich muss einem bewusst sein, dass Steel Panther mehr sind als nur eine solide Hommage an die 80er-Jahre. Sie sind eine Band, die Parodie, Comedy und eine musikalische Top-Leistung unter einem Dach vereinen, doch genau hierbei entsteht auch eine Gefahr. Das Mischverhältnis muss gerade bei einem Konzert mehr als stimmen und eben wenn man so auf eine Thematik fixiert ist wie Steel Panther, passiert es gerne, dass sich der ein oder andere Spaß mehrfach wiederholt. Das Mischverhältnis passt von Tour zu Tour immer weniger, und mittlerweile werden wichtige Songs aus dem Set gestrichen, auf Kosten von noch mehr unflätigen Witzen. Nach einem sehr langen Exkurs in die deutsche Sprache, bestehend aus „Titten, Muschi und Schwanz“, geht es dann auch endlich musikalisch weiter: Mit „Tomorrow Night“ erreicht die Publikumslautstärke an diesem Abend einen absoluten Höhepunkt. Danach gibt es wieder zwei neue im Programm: „Wasted Too Much Time“ und der erfolgreichste Song vom neuen Album, „Poontang Boomerang“.

Dass Steel Panther mehr sind als nur ein einziger schmutziger Witz, wurde oben schon erwähnt, doch gezeigt wurde es an diesem Abend auch des Öfteren. Satchel, seines Zeichens schon Gitarrist für Größen wie Rob Halford und Jeff Pilson, zeigt, dass ein Gitarrensolo nicht immer nur spannend für „Nerds“ sein muss. Sein Solo ist ein Mix aus klassischem Solo, seinem Fuß auf der Bassdrum und jeder Menge Rock und Metal-Klassiker. Doch immer wieder kommt das altbekannte Problem auf, denn ein trockener Schwanz-Witz jagt den anderen.

„That’s When You Came In“ ist dann der letzte Song vom neuen Album, und wir sind auch schon über der Hälfte des Sets. Zu „Weenie Ride“ wird es dann wieder pubertär. Eine junge Frau auf der Bühne und alle singen sie ihr verschiedene Ständchen, bestehend hauptsächlich aus den Worten Schwanz, Titten und, richtig geraten: Muschi. Natürlich basiert das Gimmick der Gruppe auf exakt dem und man darf beeindruckt sein, wie viele verschiedene Varianten an Scherzen sie im Petto haben, allerdings wirkt das ganze schnell ausgelutscht und mit jedem „Schwanz“ werden die Lacher weniger. „17 Girls In A Row“ ist wie immer der Aufruf an das weibliche Publikum, sich einen Weg auf die Bühne zu bahnen. Etwas mehr als 17 werden es schon, einige Altbekannte von den letzten Tourneen, tanzen über die Bühne, versuchen das Zentrum der Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, sind mit ihrem Smartphone am Selfies machen, schnappen sich jegliches Andenken, das nicht niet- und nagelfest ist, oder versuchen Bandmitglieder anzubaggern, wohl bemerkt während dem Song. Das hat schon einmal deutlich besser funktioniert. Nach „Gloryhole“ und ihrer absoluten Hymne „Death To All But Metal“ geht es auch schon in die Zugabe. Elf Songs in 90 Minuten, das ist schlicht zu wenig. Mit „Community Property“ und „Party All Day“ geht ihr Auftritt nach knapp zwei Stunden zu Ende.

Setlist: Eyes Of A Panther / Goin‘ In The Backdoor / Asian Hooker / Tomorrow Night / Wasted Too Much Time / Poontang Boomerang / That’s When You Came In / Weenie Ride / 17 Girls In A Row / Gloryhole / Death To All But MetalZugabe: Community Property / Party All Day (Fuck All Night)

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Alles in Allem sind Steel Panther herausragende Musiker und haben durchaus Humor, aber die Mischung hat an diesem Abend einfach nicht gepasst. Fozzy, die schon lange wieder aus dem Gedächtnis der meisten verschwunden sind, liefern insgesamt wahrscheinlich mehr Konzert ab als der Hauptact. Empfehlenswert war der Abend dennoch, denn Steel Panther sind und bleiben ein Act, der Laune macht und jeden Tropfen Ruhm verdient hat.

Bericht: Luka Schwarzlose
Fotos: Martin Schröter

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