Melancholischer Indie-Rock aus Großbritannien ist nicht erst seit The Smiths hoch im Kurs. Zwar haben The Libertines zu Beginn der 2000er-Jahre eher den schnellen, rotzigen Indie-Punk in die Welt geworfen, aber die Solowerke ihres Frontmanns Peter Doherty sind deutlich ruhiger und verträumter. Mit „Felt Better Alive“ erscheint in zwei Wochen das neueste Werk des seit einigen Jahren endlich drogenfrei lebenden Sängers, das er im Rahmen einer Vorab-Tour in Europa vorstellt. Am 5. Mai 2025 besucht er die sehr gut gefüllte Muffathalle.
Den Abend eröffnen darf Singer/Songwriter Thomas Urwin, der bereits bei den Libertines-Tourneen dabei war. Es folgt Jack Jones, der nicht nur in der Band von Doherty die Gitarre spielt, sondern auch selbst 30 Minuten seine eigenen Werke zum Besten geben darf. Mit Halbplayback und mit einer Mundharmonika im Gepäck zünden die Lieder allerdings gar nicht und auch seine endlosen, unstrukturierten Ansagen hinterlassen ausschließlich Fragezeichen. Immerhin betritt der Indie-Meister um 21:30 Uhr die Bühne.

Der Abend steht selbstredend im Zeichen der Solo-Werke, sei es mit eigenem Namen, den Puta Madres oder nun nicht mehr als „Pete“, sondern als Peter Doherty. Natürlich fliegen damit auch einige gänzlich unbekannte Nummern aus dem kommenden Album in den Abend, die mal mehr („Pot Of Gold“), mal weniger („Fingee“) funktionieren. Insgesamt wird aber klar: Doherty hat weiterhin Charme, Charisma und vor allem: die Stimme. Wer glasklare Intonationen erwartet, ist sowieso falsch, aber die Sehnsucht und der Sanftmut, wie es sonst höchstens noch Morrissey gelingt, ist unübertroffen. Songs wie „Felt Better Alive“ oder das wunderbare „Last Of The English Roses“ hinterlassen ein wohliges Gefühl, bei „Hell To Pay At The Gates Of Heaven“ darf die Band ordentlich aufspielen und lässt einen kräftigen E-Gitarrensound durch das Muffatwerk wummern.
Fans der Babyshambles kommen auf ihre Kosten: Mit „Killamangiro“ startet Doherty den Abend, mit „Fuck Forever“ und einem Smiths-Cover schließt er ihn nach rund 95 Minuten. Trotz seiner spielerisch starken Band, der astreinen Akustik und einer ausgedehnten Setlist täuscht es nicht über das Problem hinweg, dass Doherty etwas zu tief ins Glas geschaut zu haben scheint. Auch wenn der zeitweise skandalträchtige Drogenabhängige endlich weg von den Substanzen ist und auch die damit einhergehende Gewichtszunahme wieder in den Griff bekommen hat, ist er dem Alkohol weiterhin zugewandt. Soweit kein Problem, aber zum Tourabschluss in München ist wohl vor dem Konzert schon etwas zu viel geflossen. Vielleicht ist da aber schon eine gewisse Routine, selbst in solchen Zuständen immer noch ein passables Konzert abzuliefern. Ordentlich Luft nach oben bleibt trotzdem.
Bericht: Ludwig Stadler
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