Shot In The Dark – AC/DC im Olympiastadion (Bericht)

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Es ist der Sommer der Legenden in München, die für Konzerte hierherkommen. 2015 war es so zuletzt, dass AC/DC in der bayerischen Landeshauptstadt aufgespielt und ihren ellenlangen Katalog an Rock-Klassikern präsentiert haben. Dann der Schock: Frontmann Brian Johnson hat fast sein Gehör verloren, Touren ist unmöglich. Zur Vollendung der laufenden Tour ist Guns N’Roses-Sänger Axl Rose eingesprungen, doch eine Weiterführung der Band war fraglich. Eine neue Art der Technologie hat es nun aber geschafft, dass Johnson mit In-Ear-Monitoring weiter auf der Bühne singen kann und dennoch das Gehör nicht weiter zu schädigen. Was für eine Nachricht! So war es nach dem neuen Album „Power Up“ im Jahr2020 nur noch eine Frage der Zeit, bis sie auf neue Tour durch Europa kommen. Am 9. Juni 2024 ist es soweit, das erste von zwei Konzerten im Olympiastadion München startet – natürlich restlos ausverkauft.

© Indira Cesarine

Begleitet werden die britischen Rock-Legenden von der amerikanischen Rockband The Pretty Reckless. Die Gruppe weiß schon seit knapp 15 Jahren die Massen weltweit zu begeistern und schafft mit ihrem Mix aus Hard Rock, Grunge und reichlich Rifflastigkeit das perfekte Vorprogramm für den Abend. Dreh- und Angelpunkt ist Sängerin Taylor Momsen, die mit ihrer verraucht-rockigen Stimme perfekt auf die groovigen Melodien passt und die Mentalität vergangener Rock-Tage mit ihren 30 Jahren inhaliert hat. Satte 55 Minuten Spielzeit wird den New Yorkern zugestanden, damit schaffen sie einen wunderbaren Querschnitt ihrer vier Alben und sogar ein Soundgarden-Cover; eine Band, mit der Momsen & Kollegen zu Lebzeiten noch fleißig getourt sind. Das Publikum ist zwar etwas zögerlich bei den Interaktionen und lässt sich nur sehr langsam erwärmen, doch am Ende gibt es doch noch großen Jubel. Zurecht!

Setlist: Death By Rock And Roll / Since You’re Gone / Follow Me Down / Loud Love (Soundgarden cover) / Sweet Things / Witches Burn / Make Me Wanna Die / Going To Hell / Heaven Knows / Take Me Down

Auch wenn der Regen unablässig von oben auf das mit 66.000 Personen rappelvolle Stadion prasst, stoppt das nicht die Euphorie über die Tatsache, gleich waschechte Rockstars ihre ganz großen Songs performen zu sehen. Kurz nach 20:30 Uhr ist es dann soweit und die fünfköpfige Gruppe startet wortwörtlich lautstark mit „If You Want Blood (You’ve Got It)“ und „Back In Black“. Angeführt werden sie, sofort sichtbar, von den beiden wohl bekannteste Musiker der Gruppe: Sänger Brian Johnson und Gitarrist Angus Young, stilecht in blauer Uniform und kurzer Hose. Das Soundsystem wird ordentlich belastet, wenn die prägnant-abgehakten Riffs in die Saiten geprescht werden, was vom immer nasser werdenden Publikum jubelnd gefeiert wird. Johnson, durchaus auch in den früheren Jahren stimmlich immer mal wieder etwas abgefallen, präsentiert sich in Bestform an diesem Abend und schreit sich bis zum letzten Song astrein durch die über zweistündige Show.

© Christie Goodwin

Wer allerdings ein Großspektakel im Stil von Rammstein erwartet, dürfte enttäuscht werden: AC/DC geht’s um die Musik. Nach jedem Lied wird erst einmal zurück zum Schlagzeug getingelt, sich abgestimmt und weiter geht’s. Natürlich gibt es eine schöne Lichtshow, etwas Feuer bei „Highway To Hell“ und zum Schluss bei „For Those About To Tock (We Salute You)“ ein wenig Pyro, aber darauf liegt nicht der Fokus. Und das ist völlig ausreichend, denn der Groove, die mitreißenden Songs, diese Melodien, die man seit Jahrzehnten kennt, entfesseln live eine Wucht, wie man sie nicht unbedingt erwarten würde. Die zwei Stunden vergehen wie im Flug, nur beim endlos langen, aber auch beachtlich virtuosen Gitarren-Solo von Angus Young bei „Let There Be Rock“ bemerkt man, dass wohl doch schon etwas Zeit vergangen sein muss. Schließt man die Augen, kann man sowieso nicht genau sagen, ob das jetzt AC/DC aus den 90er-Jahren oder aus dem Jahr 2024 sind, die da gerade ihre Stücke zum Besten geben – und gerade das ist doch das vielleicht wertvollste, was dieser so lange im Geschäft steckenden Band passieren kann. Am Ende verlässt man zwar durchnässt, aber vor allem restlos begeistert das Olympiastadion, in der Hoffnung, es möge vielleicht nicht die letzte Tour der Briten sein.

Setlist: If You Want Blood (You’ve Got It) / Back In Black / Demon Fire / Shot Down In Flames / Thunderstruck / Have A Drink On Me / Hells Bells / Shot In The Dark / Stiff Upper Lip / Shoot To Thrill / Sin City / Rock’n’Roll Train / Dirty Deeds Done Dirt Cheap / High Voltage / Riff Raff / You Shook Me All Night Long / Highway To Hell / Whole Lotta Rosie / Let There Be RockZugaben: T.N.T. / For Those About To Rock (We Salute You)

Bericht: Ludwig Stadler

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