Ähnlich wie die meisten anderen bekannteren Black Metal-Bands sind Watain über die letzten Jahre immer wieder auch durch negative Schlagzeilen aufgefallen, hauptsächlich wurden sie wegen einem Hitlergruß-Zwischenfall, den wir nicht kleinreden möchten, in die rechtsradikale Ecke gestellt. Wir distanzieren uns selbstredend von einer solchen Ideologie, dennoch wollen wir, da die Band sich ebenso distanziert hat, die Musiker nicht boykottieren. Nachdem lyrisch und optisch zudem keine Merkmale rechtsradikalen Gedankenguts zu erkennen sind, berichten wir im Folgenden über das Konzert.
Watain gelten jetzt schon als eine der größten Black Metal-Bands, die es je gegeben hat. Mit zunehmender Zugkraft fällt es den meisten Black Metal-Bands schwer, ihre Authentizität zu erhalten, ganz anders bei den Schweden, denn sie sind sich über die Jahre immer treu geblieben und haben nichts an ihrer rohen Durchschlagskraft verloren. Mit ihrem neuen Album „Trident Wolf Eclipse“ sind sie nun nach Jahren der Abstinenz wieder in der Landeshauptstadt zu Gast und als wäre das noch nicht genug, gibt es noch Profanatica und Rotting Christ oben drauf, ein eindrucksvolles Package!
Den Anfang im bis jetzt spärlich gefüllten Backstage Werk machen Profanatica. Dieses Booking ist interessant genug, denn vor geraumer Zeit bezeichnete der Watain-Frontmann Erik Profanatica noch als ein Beispiel für die leidenschaftslose und mittelmäßige Szene im Gegensatz zum wahren Black Metal. Leider werden sie auch dem, was sie auf dem Album abliefern, nicht im Ansatz gerecht, denn das, was hier auf der Bühne passiert, könnte nicht eintöniger sein. Das Trio in schwarz-roter mittelalterlicher Kluft kann sich definitiv nicht vom breiten Einheitsbrei der Szene absetzen, auch nicht durch einen singenden Schlagzeuger. Das, was man hier allerdings als Singen bezeichnet, besteht zu etwa 80% aus den üblichen Aaaarghs und anderen Schreien, lyrische Vielfalt sieht anders aus.
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Ganz anders gehen Rotting Christ an die Sache ran, denn sie sind nach kurzer Umbaupause als nächstes an der Reihe. Sie verzichten quasi komplett auf den üblichen Black Meta- Look, denn Black Metal ist nur eines der Genres, die diese Band abdeckt, und lassen lieber ihre Musik für sich sprechen. Wer die Band in den letzten Jahren einmal live erlebt hat weiß, dass sie nicht immer ein Garant für eine gute Show sind, doch glücklicherweise ist heute wohl ein guter Tag für die Griechen. Die Athener liefern hier eine Walze nach der Anderen ab und gehen, im Gegensatz zum zuvor draußen wiederholten Champions League-Spiel der Bayern gegen AEK Athen, heute als klare Sieger vom Platz. Auch wenn es musikalisch nicht 100% ins Billing passt, ist ihr Auftritt für die meisten doch eine gelungene Abwechslung. Bis zum Ende ihres Sets ist das Backstage Werk schon ziemlich gut gefüllt und lässt die Band wohl verdient hochleben.
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Für Watain gilt es nun, den Standard des Abends zu halten beziehungsweise noch zu steigern, was angesichts der starken Rotting Christ definitiv keine leichte Aufgabe ist. Auf der Bühne wird fleißig umgebaut, es gibt eine ungewöhnlich große Produktion für eine mittelgroße Hallenshow. Tierschädel, Insignien, umgedrehte Kreuze, ein Altar – hier ist wirklich alles, was zu einer schwarzen Messe gehört, geboten. Objektiv ist es ein wahnsinnig gutes Bühnenbild, dem nur noch eines fehlt: Feuer. Nachdem man bei Club- und Hallen-Shows in der Regel auf Flammenwerfer und sonstige gasbetriebene Utensilien verzichtet oder verzichten muss, gibt es hier Ölkerzen und ölbefüllte Gefäße, die kurz vor Showbeginn nach und nach entzündet werden.
Watain liefern das ab, was sie am besten können: puren Black Metal mit einer unglaublichen Energie, ein audiovisueller Sturmpanzer, der unerbitterlich voranrollt. Oftmals grenzen Black Metal-Aufmachungen ans Lächerliche, manchmal auch gewollt, aber das hier ist eine ganz andere Geschichte. Authentische Bühnenshow trifft auf eine Best-Of Setlist der Schweden, ein Feuerwerk, das seinesgleichen sucht. Sänger E vollzieht auf der Bühne standesgemäß ein satanisches Ritual, inklusive einem leicht entflammbaren Staubgemisch, das regelmäßig in die Ölflammen geworfen wird. Als wäre diese visuelle Darstellung noch nicht genug, wird auch noch auf einem der umgedrehten Metallkreuze ein Tierschädel aufgespießt, der dank der darunter brennenden Flamme einen gewöhnungsbedürftigen Duft in der Halle verteilt, kombiniert mit den Räucherstäbchen mischt sich hier ein wirklich stechender Geruch zusammen. Nun… was fehlt noch? Na klar, gestocktes Blut! Aus einem Kelch spritzt der Frontmann die ersten Reihen voll, ob diese wollen oder nicht, inklusive geronnener Klumpen. Dem Geruch und der Konsistenz zu urteilen handelt es sich hier ziemlich sicher um echtes Blut, wahrscheinlich von einem Schwein, und sollte es doch Kunstblut sein, wurde hier sehr viel Liebe zum Detail an den Tag gelegt. Für schwache Nerven und Zartbesaitete ist hier kein Platz, ohne Gnade zerlegen Watain das Werk in seine Einzelteile. Nach einer guten Stunde ist überraschend und ohne Zugabe dann Schluss, allerdings in Anbetracht der aufgefahrenen Geschütze mehr als verständlich. Das Publikum verlässt erschöpft und zufrieden die Räumlichkeiten und zu Hause wird dann erstmal restlos die gesamte Kleidung der Waschmaschine überlassen.
Setlist: Storm Of The Antichrist / Nuclear Alchemy / The Child Must Die / Puzzles Ov Flesh / Furor Diabolicus / Sacred Damnation / The Golden Horns Of Darash / Malfeitor / Towards The Sanctuary / Beyond (Tormentor Cover) / The Serpent’s Chalice
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Wer nur im Entferntesten etwas mit Black Metal oder anderen Genres der härteren Gangart anfangen kann, der sollte Watain, sofern noch nicht geschehen, ganz oben auf der Live-Liste ankreiden, denn das war ganz großes Kino.
Bericht: Luka Schwarzlose
Fotos: Martin Schröter