Urlaub fürs Gehirn – K.I.Z im Zenith (Bericht)

Veröffentlicht in: Indie/Alternative, Konzerte, Sonstiges | 0

Doppelter Einsatz für das Rap-Trio aus Berlin: K.I.Z gastieren gleich zwei Abende hintereinander im Münchner Zenith, einmal die ausverkaufte Ursprungsshow und die ebenfalls äußerst gut gefüllte Zusatzshow am Tag zuvor. Dementsprechend wandert eine ordentliche Menge eines gar nicht so durchmischten Publikums von der U-Bahn gen der Industriehalle, in denen die ersten schon reinströmen. Mit 17:30 Uhr ist bereits überraschend früh Einlass, doch die Vorfreudigen an diesem 20. September 2022 stört das wenig. Der erste Wellenbrecher ist schnell wegen Überfüllung geschlossen.

Pünktlich 19 Uhr starten Mehnersmoos mit kleiner Live-Band aus Drummer und DJ. Der Name des ersten Songs ist Programm: „Schnaps Kippen Dosenbier“. Die beiden Frankfurter MCs treiben den Nonsens auf die Spitze, schaffen das aber mit genial-humorvollen Texten und mächtigen Beats. Wer das vielbesprochene Debütalbum „Pennergang“ vergangenes Jahr nicht mitbekommen hat, hört nun immerhin, was darauf so zu finden ist. Durch das treibende und starke Live-Drumming und den wirklich tighten Rap darüber entsteht eine wirklich gute Zeit, die man in den 30 Minuten mit den Jungs auf der Bühne hat. Da ist es fast schon schade, dass es mit dem extrem ohrwurmlastigen „3 Uhr nachts“ um 19:30 Uhr bereits wieder vorbei ist. Was für ein starker Einstieg in den Abend!

© Philipp Gladsome / Gerngross Glowinski

Als um 20 Uhr das Licht erlischt, sich der Vorhang mit dem großen Logo des Headliners senkt und K.I.Z durch die im Bühnenbild eingebaute Tür herausgetreten kommen, um „VIP in der Psychiatrie“ zum Besten zu geben, ist die Freude groß, aber die Stimmung überraschend gedrosselt. Sind es nicht K.I.Z-Konzerte, die unlängst als absoluter Abriss gelten? Die bekannt sind für Eskalation, Wumms und pure Freude? Über die gesamte Zeit hinweg gibt es vereinzelte Kreise, die sich der Freude über die Musik hingeben, doch der Großteil, auch im „Moshpit-Bereich“, bleibt regungslos stehen, versucht zuzuhören, hebt maximal die Hand zum Mitklatschen und wirkt reichlich verloren. Spätestens seit dem „Hurra die Welt geht unter“-Album durchmischt sich das Publikum stark mit dem üblichen Indie-Publikum, welches erst vor kurzem noch bei Faber oder Kummer zugegen war und schon mit den Hufen zum nächsten AnnenMayKantereit-Gastspiel kratzt. Da scheint der Crash mit dem Berliner-Rap-Trio doch zu groß, denn die sind vor allem eines: politisch inkorrekt.

Das ist alles ironisch überspitzt und clever ausgeführt, weshalb die maßlose Übertreibung schon immer ein Kunst- und Alleinstellungsmerkmal von K.I.Z ist, dennoch muss man sich auf diese Art von Musik einlassen – vielen gelingt das leicht, vielen nicht. Die Konzerte machen das auch nicht viel besser: der Fokus liegt auf viele Songs in kurzer Zeit, in den Ansagen wird sich -klassisch- reichlich über München lustig gemacht, wie es für eine bis in die Zehenspitze ironische Band auch nur sinnvoll ist (aber vom Publikum nicht behauptet werden kann, die teils buhen). Am schwierigsten ist allerdings der Sound, denn K.I.Z fehlt ganz deutlich das, was Mehnersmoos noch hatte: eine Live-Band. So wummert der Bass zwar übertrieben laut, doch der Beat an sich verhältnismäßig leise in den Boxen, entfaltet nie so recht Wirkung und bleibt zurückhaltend, obwohl er so viel Potenzial zur Tanzbarkeit hätte.

Das alles ändert nichts daran, dass Tarek, Maxim und Nico wissen, was sie seit etlichen Jahren tun, und noch weniger ändert es was an den großartigen Songs, die in zwei Stunden Länge in ordentlicher Fülle präsentiert werden. Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack – da wäre mit wenigen Mitteln massiv mehr herauszuholen gewesen.

Bericht: Ludwig Stadler