Kunst lebt von Kreativität, Theater von Wandel und in der Krise nun auch von Schnelligkeit. Innerhalb kürzester Zeit präsentiert das Gärtnerplatztheater ein Programm, das coronakonform für ein kleines Publikum dennoch große Töne darbietet. Das beginnt mit „Einmal König sein!“, in dem nur die sonst unbesetzten Logen verkauft werden, findet aber vor allem auf der Bühne selbst statt, denn dort starten drei Highlight-Programme aus Oper, Operette und Musical. Den Anfang macht am Mittwoch, 17. Juni, das Franz Lehár-Tribute „Freunde, das Leben ist lebenswert“ und dementsprechend ist auch der Startschuss in den Abend ebendessen Werk aus „Giuditta“.
15 Musiker sitzen auf der Bühne verteilt im Mindestabstand, auf der anderen Seite der Bühne dementsprechend das 50-köpfige Publikum, das gen eigentlichen Publikumssaal sitzt. Die Kulisse, zwangsläufig wunderschön, aber auch traurig, denn eigentlich sollte es andersrum sein. Dennoch: der Perspektivenwechsel ist einzigartig und muss nun wohl irgendwie als Einzigartigkeit verstanden werden. Die Solist*innen sind in jedem Fall in Höchstform und singen sich durch das Lehár-reiche Repertoire, wagen aber auch einen Ausflug zu Taubers „Du bist die Welt für mich“ oder „Leise, ganz leise“ von Oscar Straus. Mit verringerter Orchesterbesetzung klingt es trotzdem packend und mitreißend, auch die Instrumentalwerke, wie der „Gold und Sibler“-Walzer oder der „Nechledil-Marsch“, entfalten ihre Wirkung. Mit dem Abstrich des Pompösen.
Eingebunden ist das alles, für den theatralen Charakter, in Gedanken Lehárs, die Erwin Windegger zwischen den Programmpunkten aus der Mittelloge vorträgt. Das schafft einen guten Rahmen, erklärt die kompositionsfremden Ausflüge und steigert die Vorfreude auf Dauerbrenner wie „Dein ist mein ganzes Herz“ (großartig: Lucian Krasznec) oder das vielleicht romantischste Duett der Operettengeschichte, „Lippen schweigen“, dem sich Maximilian Mayer und Original-Witwe Camille Schnoor erfolgreich annehmen. Die ewige Diskussion ob der höheren Wertigkeit von Oper zur Operette wird zwar in den Zitaten angeführt, aber es wird nichtig, denn die Melodien sind so groß, so kräftig, so fein, dass sich Theorie-Diskussionen erübrigen. Die Intimität, die direkte Verbindung zur Musik, findet man so intensiv wie vielleicht nie zuvor. Und allein die Tatsache, trotz aller Widrigkeiten in der Pandemie, so ein Programm zu verwirklichen, zeigt: das Leben ist schön. So schön.
Kritik: Ludwig Stadler