Ein Hörbuch auf der Bühne – „Die Verwandlung“ in der Schauburg (Kritik)

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Von Anfang an habe ich ihn verachtet“, so beginnt die Inszenierung der Schauburg über die weltbekannte Erzählung von Franz Kafvka, die wahrscheinlich jeder schon mal in der Schule lesen musste oder durfte, je nach eigenem Ermessen. Von Jan Friedrich inszeniert, macht es sich das Stück zur Aufgabe, die Originalgeschichte zu erzählen und gleichzeitig zu interpretieren, was letztendlich leider nur teilweise gelingt.

© Cordula Treml

Dabei wird die bekannte Geschichte von der Schauspielern 1:1 (mit Auslassungen) vorgelesen, aber gleichzeitig auch etwas gespielt. Die Betonung liegt auf etwas, denn von schauspielerischer Leistung kann vielfach keine Rede sein, aber nicht etwa, weil die Schauspieler ihr Handwerk nicht verstehen, sondern ihnen keine Möglichkeit gegeben wird, es zu zeigen. Dabei wäre die Geschichte eigentlich schnell erzählt: An einem frühen Morgen bemerkt Gregor Samsa (Janosch Fries, Simone Oswald, Michael Schröder), dass er sich in einen Käfer verwandelt hat. Seine Familie ist davon, verständlicherweise, recht erschrocken, und nachdem ihm vom Prokuristen (Lucia Schierenbeck, die auch die Rolle der Magd, des Arztes und des Mieters spielt) gekündigt wurde, beginnen sich in der Familie, für die Gregor bis dahin gesorgt hatte, neue Rollen und Einstellungen zu etablieren. Der Vater (David Benito Garcia), der ihn schon seit seiner Geburt gehasst hat, mag ihn jetzt nicht nur nicht mehr, sondern steht ihm offen feindlich gegenüber; seine Schwester (Helene Schmitt) macht es sich zur Aufgabe, für ihren Bruder zu sorgen, und seine Mutter (Anne Bontemps) steht zwischen den Fronten, da sie ihren Sohn natürlich liebt, aber Abscheu vor dem Insekt empfindet. Nun trödelt die Geschichte bis zu Gregors Tod etwas herum, was auf der Bühne dazu genutzt wird, innerhalb des Stücks Interpretionsansätze einfließen zu lassen, diese aber in die Geschichte einzubauen, was für einige Verwirrung sorgt. So befindet sich Gregor Samsa plötzlich in einer Arbeitsunfähigkeit wieder, bringt sich um, oder verwandelt sich kurzzeitig tatsächlich zurück in einen Menschen, nur um mit seiner neuen alten Form nichts mehr anfangen zu können. Das alles geschieht fließend mit dem Hauptstück, was natürlich für die Wenigen, welche die Originalgeschichte nicht kennen, für einiges Chaos sorgen könnte.

© Cordula Treml

Die Bühne besteht dabei aus einem Haus, welches von den Schauspielern geöffnet und verschoben wird, um das Bühnenbild zu verändern. Außerdem läuft in den meisten Fällen eine Kamera mit, die das Geschehen noch einmal in Groß auf eine Leinwand überträgt. Die Kostüme sind relativ unansehnlich, sollen das aber auch sein. Alle Rollen (außer Gregor) tragen Glubschaugen, sind im Gesicht gelb angemalt und so bearbeitet, dass ein maskenartiges Aussehen entsteht. Etwas überzogen kommt die Kostümierung dabei dennoch daher, so trägt seine Schwester zum Beispiel eine riesige Zahnspange im Gesicht. Aufgelockert wird das Stück mit Gesangseinlagen, wobei „Bohemian Rhapsody“ als Leitmotiv fungiert, aber es finden auch Songs wie „Here Comes The Sun“ von den Beatles oder „Seasons In The Sun“ von Terry Jacks ihren Platz. Tatsächlich sind diese Musikeinlagen ein Highlight des sonst eher drögen Stückes – hier hätte man vielleicht noch mehr davon einbauen können, da sich die Musik geschickt platziert bestens in der Inszenierung einfindet.

Das Stück selbst geht dabei, ohne Pause, 2,5 Stunden. Und das ist tatsächlich ein Problem. Die komplette Zeit sich durch die wenige Abwechslung ins schier Endlose und es kommen kaum neue Ideen dazu, außer oftmaliges, lautes Schreien. Vielleicht kann man es einen Versuch nennen, der zwar nicht total schief geht, aber eine Verwandlung gebraucht hätte, um länger als eine halbe Stunde interessant zu bleiben. So ist es lediglich ein Hörbuch auf der Bühne.

Kritik: Cedric Lipsdorf