„Klugsein und lieben kann kein Mensch auf dieser Welt“ – „Die Kluge“ im Gärtnerplatztheater (Kritik)

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Carl Orff’s einaktige Oper „Die Kluge“ begeisterte schon 1943 die Massen. Nun kehrt die Geschichte, welche auf dem Märchen Die kluge Bauerntochter der Gebrüder Grimm basiert als erste „post-Lockdown“-Opern-Inszenierung ans Gärtnerplatztheater zurück und feierte am 16. Juli erfolgreich ihre Wiederaufnahme.

© Christian POGO Zach

Nachdem der Bauer einen goldenen Mörser findet, bringt er ihn nach Hause und sagt seiner Tochter, der „Klugen“, dass er diesen in Erwartung einer Belohnung zum König bringen will. Seine Tochter warnt ihn davor, dass dem König das Fehlen des dazugehörigen Stößels auffallen wird und er den Bauern für dieses verantwortlich machen und bestrafen wird. So klug wie sie nun mal ist, passiert genau das und die Tochter wird vor den König geführt, um ihm ihre Klugheit zu beweisen. Sie muss drei Rätsel lösen, damit der König ihren Vater befreit. Kein Problem für „die Kluge“. Sie meistert die Rätsel des Königs mit Leichtigkeit, woraufhin ihr Vater befreit wird und der König sie zur Frau haben möchte. Nun lebt sie mit dem König zusammen und wird Zeuge eines Streits zwischen dem Eselbesitzer und dem Mauleselbesitzer. Der König entscheidet zugunsten des Mauleselbesitzers, wodurch er dem Eselbesitzer ein großes Unrecht tut, was seine kluge Frau natürlich längst weiß. Sie hilft dem Eselbesitzer und fällt dadurch in Ungnade beim König, welcher sie mit einer Kiste, in die sie das, was ihr am meisten am Herz hängt, hineintun darf, fortschickt. Sie verabreicht dem König einen Schlaftrunk und legt ihn in die Kiste, wodurch sie sich rettet und ihn am Ende gänzlich bezwingt.

Ästhetisch ist die Inszenierung modern und clean angelegt. Das Bühnenbild besteht aus einem schlichten Treppenaufbau, welcher nach oben hin immer schmaler wird und in der Spitze mit dem Thron des Königs endet. Dies unterstreicht wunderbar die hierarchischen Strukturen, welche im Laufe des Stückes deutlich werden. So wandert zum Beispiel „die Kluge“ die Treppen immer weiter nach oben, bis sie es schließlich am Ende des Stücks schafft, den Thron des Königs zu erklimmen.

© Christian POGO Zach

Auch die Kostüme sind eher ruhig und schlicht gehalten. Hier sticht ebenfalls besonders die Protagonistin deutlich hervor. Während alle ihre männlichen Mitstreiter in schwarz gekleidet sind, trägt „die Kluge“ weiß. Und nicht nur ihre Kleidung, sondern auch ihre Haare erstrahlen in dieser Farbe. Dies setzt sie gut ab von all den anderen, unwissenden Charakteren des Stücks und macht sie durchgehend zum Mittelpunkt des Bühnengeschehens.

Die Musik der Oper lebt von kurzen, eher abgehakten Satzfetzen, welche oft wiederholt werden im Wechsel mit ruhigeren, lyrischen Passagen. Die Sänger sind durchwegs überzeugend, jedoch stechen hier besonders Matija Meić als König und Jennifer O’Loughlin als „die Kluge“ hervor. Mehr als gekonnt schaffen sie es, die Musik mit den passenden Emotionen zu füllen und so die unterschiedlichen Beschaffenheiten der musikalischen Passagen hervorzuheben.

Das komödiantische Highlight des Abends bieten die drei Strolche, gespielt von Gyula Rab, Stefan Bischoff und Holger Ohlmann, welche immer wieder mit Taschenlampen in der Dunkelheit auftauchen, blöde Sprüche klopfen und sich betrinken. Sie nehmen der Geschichte die Ernsthaftigkeit und lockern die Stimmung der Oper immer wieder aufs Neue passend auf. Doch neben all der Comedy kommt auch bei ihnen die Musik nicht zu kurz. So überzeugen sie gemeinsam mit Daniel Gutmann in einem Quartett, welches sie a cappella zum Besten geben.

Abschließend kann man sagen, dass dieser Opernabend ein gelungenes Erlebnis für Jung und Alt ist. Die Geschichte ist nicht zu langwierig und kompliziert und die Charaktere sind stereotypisch und leicht zugänglich. Orff’s Musik, gespielt vom talentierten Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz, ist ein Genuss für die Ohren und rundet den Abend wunderbar passend ab. Da bleibt nur zu hoffen, dass wir durch dieses Opernerlebnis alle ein kleines bisschen klüger werden.

Kritik: Rebecca Raitz