Wenn ein weltbekannter Designer, der bereits in seiner Fashion-Karriere für Skandale sorgte, sich vornimmt, eine abendfüllende Show zu kuratieren, dann kommt dabei auf jeden Fall ein Abend heraus, der für Gesprächsstoff sorgt! Jean Paul Gaultiers Fashion Freak Show in der Isarphilharmonie zeigt vom 20. bis 27. Juli 2023 genau das, was der Name verspricht! Sie ist eine Reise in das Innere des extravaganten und doch so charismatischen Designers Gaultier. Man sieht jede Menge ausgefallene Kostüme und Looks! Immer wieder wird mit hintereinander an den Bühnenrand kommenden Models in neuen Outfits das Format der Fashion Show zitiert. Doch was macht das Ganze zu einer Freakshow?
In seinem Kampf um Anerkennung und Selbstbestimmtheit wurden Jean Paul Gaultier und die Kreativen in seinem Umfeld nur zu oft als Außenseiter und Freaks angesehen; Freakshow wird an diesem Abend jedoch ironisch verwendet. Der Cast setzt sich sehr divers zusammen: Man sieht Darsteller*innen, verschiedene Ethnien und Körperformen. Anders als in der Welt der Haute Couture, geht es hier nicht darum, mindestens 1,80m groß und gertenschlank zu sein. Frauen, Männer, diverse und queere Menschen: Alle können tragen, was sie wollen – oder auch einfach die Kleidung weglassen. Diese Show lebt unheimlich eindrucksvoll davon, was sich viele Menschen auch für den Alltag in Europa wünschen: Alle können sein, wie sie möchten. Alle können lieben, wen sie möchten, und wer Spaß an Mode, an Party, an Sex hat, der soll genau das ausleben.
Bereits im Foyer vor der Show kann man sich auf ein buntes Treiben freuen. Denn dieser Abend lädt auch das Publikum ein, einmal etwas zu wagen, ein modisches Risiko einzugehen. Man kommt nicht im klassischen Schick, sondern viele Zuschauer*innen sind extravagant gekleidet und man sieht ihnen an, dass sie Spaß haben, einmal ein bisschen aus der Reihe zu tanzen und ein besonderes Outfit zu tragen. Wer jetzt allerdings denkt, es ginge an diesem Abend nur um Spaß, der irrt. Der inhaltliche rote Faden der Jean Paul Gaultier Fashion Freak Show ist das Leben des Designers. Es beginnt damit, dass der extravagante Charakter bereits in der Schule immer wieder durch seine ausgefallenen Gewohnheiten auffiel. Als er seine erste Fashion Show gab, wurde er vom Establishment der Modebranche, in der Show als Fashion Police dargestellt, mit Herablassung betrachtet.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wird ihm dann einer seiner wichtigsten Bezugspersonen, sein Lebenspartner Francis, durch eine AIDS-Infektion genommen. Wie herzzerreißend und dramatisch diese Erfahrung für Gaultier war, wird selbst in dieser bunten und feierlichen Show sehr gut deutlich. Doch statt zu verzagen, setzt er seine kreative Reise fort, entwirft neue Designs, gründet eine AIDS-Hilfe-Stiftung und stürzt sich wieder zurück in den Trubel! Dieser Durst nach Leben, nach neuen Erfahrungen, nach vielen internationalen und vielfältigen Menschen wird von der Show ausgestrahlt. Der Abend schafft es, eine Energie zu übertragen, die viel mehr ist als Entertainment. Er ist empowernd, steht für Vielfalt ein, macht Mut und ist inspirierend, nicht nur für queere Menschen und das Publikum, sondern auch für die Theaterszene, denn so geht Diversität auf der Bühne! Hingehen!
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Bericht: Jana Taendler
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