Überraschend war es, als sich diese Kombination von zwei Schwergewichten des Alternative Rocks ankündigte und dabei auch noch gemeinsam auf Co-Headliner-Tour geht: Papa Roach und Hollywood Undead. Ein wilder Mix aus neueren Fans der aktuellen Alben als auch insbesondere der nostalgisch-gespannten Liebhaber der ersteren Werke Anfang der 2000er-Jahre findet sich also an diesem 24. Februar 2020 im restlos ausverkauften Zenith ein, um ihren Heroen ein wenig zu huldigen. Von Faschingsstimmung am Rosenmontag ist dabei zu Beginn sehr schnell etwas zu spüren.
Um 19 Uhr, erschreckend früh an einem Montag, starten Ice Nine Kills ihre Horrorshow, während sie zuvor bereits 15 Minuten ein Instrumental aus Horrorfilm-Melodien laufen lassen. Die Einstimmung stellt sich als absolut sinnvoll heraus, präsentieren sie nämlich sechs Lieder, die je an einen Grusel- oder Splatterstreifen angelehnt sind, der kurzerhand auch noch auf der Bühne theatralisch gespielt wird. Da übernimmt Frontmann Spencer Charnas einfach jeweils die Rolle des Freddy Krüger, dann des Jason und abschließend, passend zu „IT Is The End“, des, natürlich, Pennywise. Theatricore nennen die Amerikaner ihr Konzept dabei auch – und absolut, live entfaltet sich diese Bedeutung bestens. Zwar hilft die Show schon über die eine oder andere musikalische Belanglosigkeit hinweg, aber dennoch bleibt eine irrsinnig unterhaltsame Zeit, die kaum besser als Support-Act passen könnte.
Setlist: Stabbing In The Dark / Thank God It’s Friday / Savages / Your Number’s Up / The American Nightmare / IT Is The End
19:50 Uhr ist es dann also schon für die ersten der Co-Headliner soweit – und bereits da verwundert die zeitliche Aufteilung. Hollywood Undead spielen gerade einmal 55 Minuten, rasen fast schon durch ihr 12-Song-Set und verlängern auch nicht für Mitsing-Parts ihre Lieder. Teilweise wirkt es fast so, dass man ein wenig Dienst nach Vorschrift ableistet. Dafür spricht leider auch der in Backing Tracks ersaufende Daniel Murillo, der bei manchen Nummern nicht einmal vor Playback zurückschreckt. Dagegen wiederum sprechen die sympathischen Ansagen von Charlie Scene und die Rap-Leistung von Johnny 3 Tears. Im Endeffekt bleibt der Auftritt relativ durchwachsen, wenngleich auch mitreißend für die Nostalgie-Fans, die einige alte Nummern präsentiert bekommen, selbst wenn es exakt die gleichen Lieder sind, die auf den letzten Touren gespielt wurden. Natürlich verwundert die Abstinenz von Funny Man, der aus Nachwuchsgründen die Tour aussetzen muss, aber negativ fällt das bei so flotten und fleißigen Mikrofonwechseln nicht auf. Im Fazit will der Auftritt aber nicht so recht funktionieren, was auch an den neueren Werken wie „Heart Of A Champion“ liegt, das wie eine exakte Kopie von Five Finger Death Punchs „Jekyll & Hyde“ klingt. Ausbaufähig.
Setlist: Time Bomb / Undead / California Dreaming / Heart Of A Champion / Whatever It Takes / Comin‘ In Hot / War Child / Empire / Bullet / Day Of The Dead / Everywhere I Go / Here Me Now
Papa Roach haben es da gegen 21:25 Uhr etwas leichter, denn sie beginnen ihre musikalische Reise mit selten gespielten Werken aus ihrem Debüt „Infest“, das mittlerweile 20 Jahre alt ist. Die Zeit verfliegt, „mit allen Höhen und Tiefen“, wie Frontmann Jacoby Shaddix resümiert, aber er sei dankbar für jede Sekunde. Das mit knapp 6000 Menschen ausverkaufte Zenith sind dann eben die Früchte dieser harten Arbeit. „Dead Cell“, „Blood Brothers“ und „Between Angels And Insects“, mittendrin noch der flotte „I Suffer Well“, tun ihr Übriges und so ist die Stimmung schnell auf einem Höhepunkt. Zwar hält sich das Niveau nicht konstant, zu viele neue Lieder rutschen dafür in die Mitte der Setlist, die sich überraschen schlecht mit den alten Gassenhauern vertragen. Aber Shaddix ist das egal – er gilt als einer der stärksten Frontmänner im Rock-Bereich und macht auch in München seinem Ruf alle Ehre, trotz Erkrankung! Er rast von einer Stelle zur nächsten, performt mit vollem Körpereinsatz und trieft bereits nach wenigen Liedern wie ein Wasserfall. Everything for the show.
Leider kann Shaddix an diesem Abend noch so viel performen, wie er möchte, es stehen ihm zwei riesengroße Probleme für einen astreinen Konzertbesuch im Weg. Einerseits ist da der Sound. Natürlich ist das Zenith nicht für glänzende Akustik bekannt, hier wummert allerdings alles besonders stark, vor allem das Schlagzeug ist so matschig abgenommen, dass der überlaute Bass im ersten Wellenbrecher schon nach kurzem in den Ohren schmerzt. Andererseits, und das ist wohl einfach unglücklich gelaufen, ist da eben die Gitarre. Der eigentliche Mann am Saiteninstrument, Jerry Horton, hat sich an der Hand verletzt und fällt für die Tour aus. Wie essentiell aber eben auch Instrumentalmusiker sind, wird klar, wenn man dem Spiel von Ersatz-Gitarrist Anthony Esperance zuhört – leider mag weder Tightness noch Spielgenauigkeit so recht funktionieren, sodass die Lieder einiges an Wucht verlieren. Horton selbst, so Shaddix, sei heute extra angereist und irgendwo in der Halle – wie er wohl den Auftritt seiner Band auf der Bühne wahrgenommen hat? Sicherlich, da ist vieles unglücklich gelaufen, aber so recht einen Gefallen mit der Tour machen sich Papa Roach hier nicht, denn abgesehen von der immer fantastischen Performance von Frontmann Jacoby steht dieser Auftritt deutlich hinter den letzten Besuchen.
Setlist: Dead Cell / I Suffer Well / Blood Brothers / Between Angels And Insects / Renegade Music / Broken Home / Elevate / Feels Like Home / Falling Apart / The Ending / Help / Scars / Getting Away With Murder / Firestarter (The Prodigy cover) / … To Be Loved – Zugaben: Who Do You Trust? / Last Resort / Born For Greatness
Bericht: Ludwig Stadler