Believer – Superbloom 2023 im Olympiapark (Bericht)

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Auf in Runde 2! Nach der sicherlich nicht perfekten, aber stimmigen Erstauflage des Superbloom Festivals im vergangenen Jahr kehrt das neue große Festival im Münchner Olympiapark ein weiteres Mal zurück, um das Standing als Pop- und Lifestyle-Festival zu sichern. Die Kapazitäten wurden vergrößert, vieles optimiert und auch das Line-Up ist etwas homogener. Was sicherlich auch ein Grund zur Kritik sein kann, scheint aber bestens zu funktionieren: das Gelände ist voll, das Wetter grandios und die Sterne (und Blumen) stehen bestens. Das Festival am 2. & 3. September 2023 kann also losgehen!

© Philipp Kratzer

Schnell fällt auf, dass sich die Kritik an vielen Stellen der Organisation vom Vorjahr zu Herzen genommen wurde – die dritte Bühne, die NeoNeo Stage, wurde woanders errichtet, um den Menschenfluss zu entzerren, viele Laufwege wurden optimiert und insgesamt herrscht dadurch eine ungemeine Ruhe und Friedfertigkeit, die bei einem Festival der Größenordnung wohl eher eine Ausnahme sein dürfte. Natürlich ist der Laufweg zur Super Stage, die am Tollwood Gelände angesiedelt ist, immer noch reichlich lang, aber dort angekommen, findet man fast noch einmal ein Festival im Festival vor – weitere kleine Stages, den Bloom Market, das District 4. Man merkt: das Superbloom sagt nicht nur, dass sie mehr als ein reines Musikfestivals sind – sie bieten auch mehr. Das fängt bei großen Blumen über das ganze Festivalgelände verteilt an und endet bei Podiumsdiskussionen über wichtige Themen wie Umweltschutz und Gender-Problematik. Hier wurden nicht nur Verbesserungsvorschläge umgesetzt, sondern perfektioniert. Wow! Das einzige, was man womöglich schmerzlich vermisst, sind Signing Sessions von Artists.

Nachdem Paula Hartmann bereits die Olympic Stage für die Frühaufsteher bespielte, legt Badmómzjay mit ihrem deutschsprachigen Rap los. Als „Queen of Rap“ bezeichnet sich die Brandenburgerin und wird dem mit ihren treibenden Beats und Texten im besten Stil von Nicki Minaj auch äußerst gerecht. Die Stimmung ist bestens, aber noch verhalten. Auf der Spectacular Stage wiederum starten am Nachmittag Heavysaurus. Die Heavy Metal-Band für Kinder darf auch zielgruppengerecht tatsächlich einige Familien bespielen, wohl aber nicht wenige Interessierte des weiteren Festival-Publikums wollen sich die verkleideten Musiker mit Songs wie „Kaugummi ist Mega“ nicht entgehen lassen. Etwas leiser als auf anderen Bühnen, aber mit nicht weniger Energie wissen die Dinos humorvoll zu überzeugen.

© Lukas Blömeke

Mit Ellie Goulding betritt ein recht großer britischer Popstar die Bühne, der über die vergangenen zehn Jahr auf allerlei Hits zurückgreifen kann. Das wird in ihrer 60-minütigen Performance mit grandioser Band wieder deutlich, der zwar manchmal doch etwas arg brav verläuft, aber durchgehend musikalisch sehr zu gefallen weiß. Nicht weniger überzeugen kann Years & Years, das Dancepop-Soloprojekt von Olly Alexander. Der sympathische Londoner hätte bereits vergangenes Jahr spielen sollen, doch das Unwetter hat es verhindert. Umso eindrucksvoller sein Auftritt auf der Super Stage, auf dem er insbesondere auch gesanglich glänzt. Eine Freude!

Geht es um große Hip-Hop-Acts in Deutschland, die auch live Relevanz haben, kommt man an Kontra K wahrlich nicht vorbei. Der Rapper hat in den vergangenen elf Jahren elf Alben veröffentlicht, eines erfolgreicher als das nächste. Schier unendlich wäre also seine Diskografie, die er in seiner Stunde unterkriegen könnte. Am Ende bleibt es ein angenehmer Querschnitt, den er überraschend rockig mit Live-Band instrumentiert und mit reichlich Feuer untermalt. Die Show weiß genauso wie die Performance mitzureißen und kommt trotz der verhältnismäßig harten Klänge gut an beim Superbloom-Publikum.

© Nadja Aumüller

Für den folgenden Act dürften sich nicht gerade wenige ein Tagesticket gekauft haben: Peter Fox. Der Berliner Musiker und Sänger von Seeed hat 2008 mit „Stadtaffe“ eines der erfolgreichsten deutschen Alben aller Zeiten auf den Markt gebracht, sich dann aber als Solo-Künstler verabschiedet. Nun kam unerwartet ein Nachfolge-Album, mit dem er eine Tour angesetzt hat. Dementsprechend auch einige neue Lieder finden den Weg in die Setlist, aber besonders die alten Nummern wissen die Menge zu begeistern und zum Mittanzen zu bewegen. Sogar einige fetzige Seeed-Nummern wie „Augenbling“ sind dabei, auf die das Publikum sofort reagiert. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten – am Ende wissen Peter Fox und seine grandiose Live-Band absolut zu überzeugen und die Menge bei „Alles Neu“ eskalieren zu lassen.

Den eigentlichen Headliner und Tagesabschluss bietet Martin Garrix. Der erfolgreiche DJ ist fraglos ein großer Name, aber zugleich auch nach allerlei organischen Musiker*innen auf der Bühne überraschend plastisch. Dementsprechend gut gefüllt, aber auch nicht mehr, präsentiert sich das Stadion. Geboten wird eine ansehnliche Lasershow und tanzbare Clubmusik – am Ende bleibt man aber doch etwas underwhelmed zurück. Liebhaber von Indie-Musik kommen auf der NeoNeo Stage mit Jeremias auf ihre Kosten. Die Durchstarter klingen wie ein glattgebügelter Mix von Provinz und glänzen mit sympathischen Ansagen, können aber musikalisch nicht ganz so wie ihre Genre-Kollegen überzeugen. Ein etwas musikalischerer Samstagsabschied als mit Garrix dürfte es dennoch sein.

© Philipp Kratzer

Der Sonntag, 3. September 2023, ist dann der doch etwas relevantere Tag des Festivals, das zeigt sich allein schon daran, dass die Tagestickets restlos ausverkauft sind. Schon der Blick auf die Olympic Stage verrät, dass hier ist ordentlich internationales Programm geboten ist: Image Dragons, Ava Max, Jason Derulo. Auch deutsche Partymusik wie Ski Aggu, Marteria oder Makko kommt nicht zu kurz, ebenso wie außergewöhnliche Acts wie Aurora oder Talk. Die Stimmung ist weiterhin friedlich, nur dass ein paar mehr Sonnenbrände auf den Gesichtern der Münchner*innen erscheinen.

Bereits um 11:30 Uhr ertönen die ersten Beats auf der Olympic Stage – von niemand geringerem als Ski Aggu. Der Party-Skibrillen-Stimmungsmacher mit dem Otto-Mashup-Hit „Friesenjung“ zieht die Massen früh ins Stadion und schafft es, trotz Uhrzeit und Müdigkeit, bereits reichlich Stimmung und Moshpits (!) zu erzeugen. Ein wenig verhaltener geht es da auf der Super Stage zu, auf der erst ENNIO seinen rockigeren Indie als Heimspiel präsentiert, bevor Mayberg sein Repertoire voller TikTok-Hits auf die Münchner*innen loslässt und diese lautstark „Endlos“ oder „Hilferuf“ mitsingen lässt. Mit entwaffnender Herzlichkeit und verschmitzter Zurückhaltung gewinnt er die Menge schnell für sich.

© Julius Hatt

Unerwarteterweise hält sich die folgende Sängerin gar nicht zurück, sondern flitzt und tanz über die Super Stage wie von der Tarantel gestochen: Aurora. Die künstlerisch definitiv wertvolle, aber auch spezielle norwegische Sängerin zählt zu den spannendsten Bookings des Festivals und wird von einer Liebhaber-Gruppe gespannt erwartet. Tatsächlich ist ihr Auftritt mit fantastischer Live-Band und einer bestens aufgelegten Frontfrau dann auch eines der Highlights des gesamten Festivals – nicht nur gelingt ihr beste Stimmung und reichlich Tanzbarkeit, auch ruhige Momente und wirkliche Gänsehaut-Arrangements stehen auf dem Programm. Ein absolutes Highlight!

Zeit für mehr Female Fronted Pop! Verlässt man etwas die artsy Schiene, gab es zwei weitere Popstars, denen man lauschen durfte. Einerseits hat Zara Larsson auf der Super Stage ihr Hit-Feuerwerk gezündet, andererseits feiert Ava Max nach der Corona-Zeit endlich ihre erste Tour und damit auch ihren ersten Auftritt in München. Während erstere sich immerhin noch bemüht, ihre Lieder zu singen, grenzt Ava Max Auftritt fast an Arbeitsverweigerung. Neben ihr ist niemand auf der Bühne, nur manchmal gesellen sich ein paar Tänzerinnen dazu, sie selbst nutzt das Mikrofon kaum und lässt zumeist einfach nur das Playback vor sich hinlaufen. Dass sie gelegentlich dann doch ein paar fraglos getroffene und gute Töne live singt, wenngleich an völlig unpassenden Stellen, beweist, dass sie prinzipiell ihr Set auch performen könnte – zugleich nur umso unverständlicher, wieso sie es nicht tut. Enttäuschend.

© Julius Hatt

Das absolute Gegenteil bietet Jason Derulo. Mit großer Produktion, fünfköpfiger Live-Band und allerlei Tänzer*innen ist dem mittlerweile brechend vollen Olympiastadion klar: hier wird ordentlich aufgefahren. Und tatsächlich geht der Amerikaner in seinen 65 Minuten aufs Ganze, bietet Feuer, Pyro, ein wahres Feuerwerk an Hits und eine astreine Gesangsperformance, die nochmal besser wird, als er sein störrisches Headset endlich ablegt und zum Handmikrofon wechselt. Bereits 2018 hat Derulo in der Olympiahalle geglänzt, was ihm fünf Jahre später immer noch gelingt. Marteria auf der Super Stage darf sich derweil auch zurecht über reichlich Zulauf freuen. Der Rostocker hat erst am Vortag seine große, eigene Stadionshow in der Heimat gespielt, nun gibt es eine kleine Zugabe in München – und die macht sowohl ihm als auch dem Publikum reichlich Spaß.

Abschluss des Tages und Festivals sind dann die amerikanischen Herren der ultimativen Pop-Soundgewalt: Imagine Dragons. Mit 90 Minuten gelingt es ihnen gar nicht, alle Hits unterzubringen, wenngleich ihr Set nur vor bekannten Melodien strotzt. Bereits „My Life“ als Opener erzeugt Gänseheut, aber spätestens beim zweiten Song „Believer“ wird nicht nur reichlich Konfetti, sondern auch musikalische Wucht gezündet. Während Frontmann Dan Reynolds stimmstark und mit einer riesigen Vielfalt die Menge zu begeistern weiß, präsentiert die restliche Band fetzige Rockversionen ihrer teils doch überproduzierten Popsongs. So bekommen Nummern wie „Thunder“ und „Natural“ einen wahnsinnig fetzigen Anstrich, die sich mit emotionaleren Momenten wie „Bad Liar“ oder „It’s Time“ abwechseln. „Radioactive“ läuten dann aber bereits den Ausklang ein und lassen ein extrem gelungenes Superbloom 2023 mit einem äußerst würdigen Headliner grandios enden.

Das Datum für den kommende Auflage steht bereits! Am 7. & 8. September 2024 kehrt das Superbloom in den Olympiapark zurück. Tickets gibt es ab jetzt!

© Lukas Blömeke

Bericht: Ludwig Stadler & Luka Schwarzlose

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