„Ich werde morgen sowas von heiser sein!“ schwärmt es beglückt aus der Gruppe junger Frauen hinter mir. Kein Wunder: Seit 90 Minuten haben sie beinahe jedes Lied von vorne bis hinten mitgesungen… Aber fangen auch wir von vorne an.
Auf der Bühne der Muffathalle kann ein einzelner Mensch schon verloren wirken, Frank Powers lässt sich von bloßen Dimensionen aber keineswegs aus der Ruhe oder seinem schnodderigen, sehr sympathischen Konzept bringen: Mit einer „Ja, ich bin jetzt halt da, dann spiel ich euch was, oder?“-Attitüde drängt er sich sicher nicht auf, dennoch hört man gerne hin, wenn er sich seiner Handvoll kleiner Songs widmet, denen ab und zu anzuhören ist, mit wem er zurzeit auf Tour ist, bewaffnet mit Akustik- und E-Gitarre, sowie seinem, wie er sagt, „Entertainment Turm“, einem winzigen Pult mit einem Keyboard und seinem Handy drauf. Er singt auf Deutsch, Französisch, Englisch, verfugt seine Songs mit selbstvergessener Moderation.
Gerade kommt der Gedanke auf, dass es doch einfach eine Schau wäre, sich stundenlang von Frank Powers Geschichten erzählen zu lassen, da verabschiedet sich der Schweizer schon mit „Hochwasser“, das er mit einem ironischen Bumsbeat hinterlegt und – womit wir wieder beim Thema wären – es dem Publikum als Mitsing-Aufwärm-Übung anbietet.
Bis aber der Star des Abends (des 21. November) bzw. der Stunde in einer halben solchen unter den immergrünen Schein des Blumen-Backdrops treten wird, noch ein Blick in die Zuhörerschaft: Studentisch geprägt, tendenziell mit weiblichem Überhang – was nichts von einem Fangirl-Mob erzählen will. Schon seit Wochen war diese letzte und größte Show der Tour ausverkauft, für einen Zusatztermin am fünften Februar 2018 gibt es noch Karten – aber, hört, es geht los: Tillmann Ostendarp posaunt die „Ouvertüre“ in die Luft und, die Gitarre knapp unter der Schulter, tritt er hinters Mikro: Julian Pollina alias Faber.
„Widersteh‘ dem Widerstand“, fordert er singend: Doch hier trifft er mit seiner Band, die visuell konsequent den „Bob Dylan meets Tyler Durden meets Jogginghosen-Oulaw“-Stil umsetzt, auf keinerlei Hürden, im Gegenteil, schon ab dem ruhigen „Es könnte schöner sein“ muss es fürs Publikum Einsen in Mitarbeit regnen.
Zunächst aber: Nicht für die Musiker. Zwar hat das alles Hand und Fuß, Faber ist in bester Reibeisen-Verfassung, der Frodo-Wuschel auf dem Kopf sitzt auch. Recht zahm aber wirkt es, wie ein Song nach dem anderen abgespult wird, mit Kraft und Pathos, ja, aber ohne nennenswerte Abweichungen von den bekannten Studio-Versionen. Aber zu lang muss sich niemand grämen, denn mit dem Pflichttermin „Wem du’s heute kannst besorgen“ geht man über in die spannendere zweite Halbzeit, in der es starke Instrumental-Einlagen zu hören gibt, die die zugrunde liegenden Songs um die Kraft der Bühne erweitern.
Die Kraft der Bühne – was machen die fünf Schweizer da eigentlich? Sichtlich dasselbe wie die paar hundert Münchner vor ihnen: Spaß haben. Und das vor allem untereinander. Frivole Küsschen, betontes Weintrinken und Rauchen, extensives Grimassieren, Umarmungen und Geflüster, das man auch ohne es zu hören als „Alter, schau dir das an!“ wahrnimmt. Einmal bittet Faber, den Zuschauerraum anzustrahlen. „Nur, falls mir das nie wieder passiert“, bekennt er. Ja, die Band feiert auch sich selbst – und gerade das macht den Charme ihres Auftretens aus: Von einer routinierten Entertainment-Dienstleistung ist das weit, weit entfernt.
Mit „Alles Gute“ ist die Zugabe eingeleitet, selbige endet mit Zwischenhalten bei „Sei ein Faber im Wind“ und „So soll es sein“ mit dem – Verzeihung – Bierzelt-tauglichen (wenn auch nicht textlich!) „Tausendfrankenlang“. In der Tat weiß Faber bestens Bescheid über die Macht von „Na na na“ und „Oh oh oh“. Dass er aber alles andere als darauf angewiesen ist, beweist er am Ende des Abends, bei dem sichtlich nicht nur die Besucher sich mit dem Aufhören schwer tun: Allein mit Akustikklampfe beschließt Faber das Konzert. Aus dem Fundus seiner bisher unveröffentlichten Songs gibt er u.a. eine italienischsprachige Nummer zum besten, sowie zu aller-allerletzt: „Wer nicht schwimmen kann, der taucht“.
Setlist (u.a.): Ouvertüre / Widerstand / Es könnte schöner sein / Nichts / Bratislava / Bleib dir nicht treu / In Paris brennen Autos / Wem du’s heute kannst besorgen / Brüstebeinearschgesicht / Es wird ganz groß / Die Tram ist leer / Alles Gute – Zugaben (u.a.): Sei ein Faber im Wind / So soll es sein / Tausendfrankenlang / Wer nicht schwimmen kann, der taucht
Am 5. Februar 2018 kehrt Faber zurück in die Muffathalle – TICKETS gibt es HIER.
Bericht: Tobias Jehle
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