Skandalös gut! – „A Spider Murphy Story“ im Prinzregententheater (Kritik)

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Wenn etwas zum Münchner Kulturgut gehört, dann ist das neben Weißwurst und Bier definitiv die Spider Murphy Gang. Vom Jubiläumskonzert zum 40-Jährigen in der Olympiahalle haben wir ja bereits berichtet, aber die Musik der Band ist so zeitlos, so mitreißend und letztendlich auch so bekannt – da geht doch noch mehr! Das hat sich wohl auch das Landestheater Coburg gedacht und kurzerhand aus den Hits von Günther Sigl und co. ein waschechtes Jukebox-Musical gemacht. Nach einer wahnsinnig erfolgreichen Spielzeit in Coburg geht „Skandal! – A Spider Murphy Story“ für eine Woche nun exakt dahin, wo die Musik auch ihren Ursprung hat: mitten nach München, ins Prinzregententheater vom 31. Juli bis 5. August!

Den ersten Kontrast bieten das historische und stuckverzierte Prinzregententheater und dazu das Bühnenbild einer Kneipe in den 60er-Jahren. Das ist man schon ein wenig aus dem Cuvilliéstheater gewohnt, dennoch immer wieder eine spannende Symbiose. Spannend ist dann vor allem, wenn die Darsteller das erste Mal auf die Bühne kommen und im perfekten 60er-Look mit aufgepimpten Haaren und der damals typischen Kleidung singen, tanzen oder einfach nur schauspielern. Die Charaktere sind simpel, aber clever gelöst: Schorschi (oder manchmal auch Georg) ist der Protagonist, arbeitend in einer Autowerkstatt, von seinem Onkel angeblich zu Höherem bestimmt und meistens irgendwo zwischen Selbstzweifel und großer Aufreißer – um ihn herum versammelt sich die Freundesschar, die aus einem Bilderbuch entsprungen hätte sein können: Wurschti, der Kumpane; Bohne, der Kneipen-Mitarbeiter; Klaus-Dieter, der Sonderling. Im Zusammenspiel mit der Mädels-Gruppe, die sich ähnlich um die Anführerin Veronika aufgliedert, eine gelungene, oft sogar explosive Mischung.

Die Handlung selbst ist recht einfach, aber wirksam: die Dorfjugend bandelt miteinander umher, ist vollkommen überwältigt vom Großstadt-Jungen Johnny Silver, kommt dem Macho aber schnell auf die Schliche. Schorschi träumt dabei ein wenig vom Leben in der großen Stadt, nämlich in München. Es geht jedes Mal ein kleiner Lacher durch das Publikum, wenn wieder einmal von München als das große Unbekannte gesprochen wird, als ein unglaublicher Schritt – vielleicht sogar hier noch ein wenig witziger als in Coburg selbst. Das Rad dreht sich weiter, Benjamin Hübner als Schorschi und seine Kolleginnen und Kollegen singen sich stimmstark durch die Diskografie der Spiders und irgendwann ist plötzlich Pause, trotz des knapp 70-minütigen ersten Akts. So kurzweilig, so schmissig, aber auch so ehrlich witzig – das ist lange kein Musical mehr gewesen.

© Petra Schönberger

Die Musik dabei dürfte für sich sprechen. Natürlich gibt es die großen Hits von „Skandal im Sperrbezirk“ bis „Schickeria“, alle clever und stimmig in das Gesamtkonzept eingebaut. Die Namen vieler Charaktere basieren dabei amüsanterweise auf „Pfüati Gott Elisabeth“, wobei der Song so wirkt, als wäre er nur für diesen Anlass geschrieben worden. Neben einigen unbekannten Werken wie „Rock’n’Roll Maschin‘“, die Sigl selbst, wie er auf der Pressekonferenz vorab verriet, fast schon wieder vergessen hatte, rutschen auch 1-2 eigens komponierte Lieder in das Stück, die interessanterweise sofort auffallen, da sie sich stilistisch wesentlich von den Spider-Nummern unterscheiden. Dennoch: musical-tauglich sind die Songs allemal, mitreißend sowieso und wenn bei der Zugabe dann plötzlich fast alle aufstehen und noch einmal lautstark „Sommer in der Stadt“ singen, dann darf sich das Kreativ-Team sicher sein, dass sie einen fantastischen Job geleistet haben. Schön, dass „Skandal! – A Spider Murphy Story“ als Gastspiel nach München gekommen ist – die beiden Seniorinnen in der ersten Reihe, die durchgehend mitgefeiert haben, sind den Besuch allein schon wert gewesen und stehen sinnbildlich für dieses wahnsinnig gelungene Jukebox-Musical!

Kritik: Ludwig Stadler