Das tanzende Wildschwein – Die Zauberflöte im Gärtnerplatztheater

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Verhältnismäßig viele Familien stürmen an diesem Karsamstag, 31. März 2018, in das Gärtnerplatztheater am, nunja, Gärtnerplatz. Auf dem Plan steht eines der kultigsten und prägendsten Musikwerke im deutschsprachigen Raum: „Die Zauberflöte“ von Wolfang Amadeus Mozart und Emanuel Schikaneder. Als „Große deutsche Oper“ wird sie betitelt und ist irgendein Mix aus Singspiel, Oper und Theater. Letztendlich hat jeder schon einmal mindestens von Papageno, dem Vogelfänger, gehört, wahrscheinlich das Machwerk auch schon gesehen – ein mehr als guter Grund, sich die inzwischen knapp acht Jahre alte Inszenierung von Rosamund Gilmore anzusehen, zudem es auch die bereits 50. Aufführung ebendieser ist. Das ausverkaufte Theater füllt sich, der Vorhang öffnet sich um kurz nach 19 Uhr.

© Marie-Laure Briane

Der Handlung selbst müssen wohl kaum Worte gewidmet werden. Im Prinzip der Vorläufer zu jedem Super Mario-Plot, nur, dass Browser eben die Königin der Nacht ist. Tamino, der Prinz, muss Pamina, die Prinzessin, retten. Als Komplizen hat er, durch Zufall, Papageno im Schlepptau, der sehnsüchtig seine Papagena sucht. Nach einigen Prüfungen bei Weisheitslehrer Sarastro liegen sich alle glücklich in den Armen – Ende gut, alles gut. Die Guten bleiben recht eindimensional, die Bösen ebenso. Allgemein wäre die Geschichte unfassbar ermüdend und eine arg mäßige Standard-Oper, wäre da nicht der wesentliche Punkt: Papageno. Der amüsante Vogelfänger bringt weiterhin aktuellen und lustigen Humor mit sich und wirkt teilweise wie eine Parodie auf die standardisierten Opern-Handlungen. Als Tamino und Papageno also befohlen wird, zu schweigen, tut Erster genau das, aber Zweiter hinterfragt das – natürlich nicht schweigend. Dieser Faden zieht sich durch und lässt die angenehme Laufzeit doch recht kurzweilig erscheinen.

© Marie-Laure Briane

Die Inszenierung ist ein Auf und Ab, obwohl sie mit den einfachsten Mitteln arbeitet. Das Bühnenbild ist simpel, aber vollkommen ausreichend, es verlässt sich auf seine Darsteller und verzichtet auf große Effekte oder wuchtige Bilder. Ziemlich konstant bleibt Sarastros Palast als Bild bestehen. Auf der linken Seite: karg, leer, über der Tür das Wort „Natur“ prangernd. Auf der rechten Seite: hell, vollmundig, über der Tür das Wort „Weisheit“. Mittendrin, die Tür „Vernunft“. Und dort inmitten: die Figuren der doch sehr komödiantisch gewordenen Märchen-Oper.
Doch die interessantere Frage: Wie wirkt die Inszenierung nach acht Jahren? Sie wirkt mit Abstrichen, so könnte man es in jedem Fall zusammenfassen. Sie betont die schwachen Charakterzeichnungen, indem die Bösen schwarze und die Guten weiße Kostüme bekommen, aber ebenso die gesanglichen Stärken der Darsteller in den allseits bekannten Liedern. Das Bühnenbild glänzt in den Zeichnungen, brökelt aber schon teilweise in der Konstruktion. Die als Begleiter mitschleichenden Ballett-Ensemble-Mitglieder mit Tiermasken und ihren unfreiwillig-ulkigen Bewegungen sind vor allem am Ende das wichtigste Merkmal von Gilmores Inszenierung, wirken teilweise aber auch etwas fehl am Platz.

© Marie-Laure Briane

Das Ensemble ist gemischt. Liviu Holender als Papageno dürfte fraglos der Star des Abends sein, denn sein Bariton ist kräftig und überzeugend, sein Spiel angenehm wenig klamaukig, sondern pointiert und charmant. Seinen daneben gestellten Begleiter, Tamino, mimt Dean Power zwar passend, seine Stimme scheint aber nicht in Topform zu sein, denn manche Töne kratzen ab und es mangelt an stimmlichen Ausdruck. Das Gegenteil wiederum stellt Sofia Mchedlishvili als Königin der Nacht dar: problemlos und eindrucksvoll meistert sie die bekannten und komplexen Gesangsspuren in „Der Hölle Rache kocht in meinem Herz“, wofür sie verdient tosenden Szenen-Applaus bekommt, ihr Schauspiel wiederum wirkt arg hölzern. Besonders positiv hervorgehoben werden sollten in jedem Fall Stefan Cerny als stimmgewaltiger Sarastro als auch die wirklich großartigen Auftritte der drei Kindersänger als Weisheitsknaben – tonsicher und schön gespielt.

Dementsprechend großen Applaus gibt es um 22 Uhr, als das Stück zu Ende geht. Ja, an einigen Stellen ist manches in die Jahre gekommen und Diskussionspunkte, ob der Sklave, der sich sexuell an Pamina vergehen will, nun wirklich dunkelhäutig sein muss, bleiben aus historischen Gründen komplett unangetastet, aber insgesamt ist „Die Zauberflöte“ ein kurzweiliger Abendgenuss, den man gerne einmal mitnehmen kann.

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