Eine Premiere, nicht nur für die Sänger, auch für die Münchner: erstmals kommt eine der kleineren und intimen Tourneen von Sound Of Music Concerts in den oberbayerischen Raum. Ganz die Hauptstadt ist es dann zwar nicht geworden, aber immerhin das Umland: Ottobrunn. Das dortige Bürgerhaus, genannt Wolf Ferrari Haus, wird zum Konzertsaal – was sich dann doch als etwas schwierig herausstellt. Abendkasse gibt es nicht, selbst wenige Minuten vor Beginn suchen Spontankäufer nach irgendwelchen Personen, die deswegen helfen können. Der Saal wirkt etwas karg und lieblos, aber punktet immerhin mit guter Akustik. Zum Beginn um 19:30 Uhr ist die besuchende Menge daher durchaus skeptisch.
All diese Zweifel können allerdings bereits ab dem ersten Ton der fünf singenden Musiker und Pianistin Marina Komissartchik ausgelöscht werden – sie ist es auch, die als einzige instrumentale Musik den Abend hinweg begleitet. Eine bisher ungewohnte Art, zumeist ist Komissartchik zwar dabei, aber als Teil einer ganzen Band. Nun also die Melodien nur vom Klavier, nie im Fokus – dafür sind die fünf Solisten zuständig, in Form von Michaela Schober, Jan Rekeszus, Maya Hakvoort, Kevin Tarte und Jan Ammann. Sie alle schunkeln sich zu wirklich starkem Sound aus den verstärkenden Lautsprechern bei „Thank You For The Music“ ein – und dann geht es auch schon los in das Programm eines langen Abends.
Zwei Blöcke mit je 70 Minuten stehen an, zuzüglich obligatorischer Pause. Durch den Abend moderiert Michaela Schober selbst, neben ihren gesanglichen Einsätzen. Sie ist es daher auch, die die verschiedenen Blöcke einleitet, von Musical-Klassikern zu Filmmusik bis zu Musicals mit starken Frauenrollen. Der Rundumschlag gelingt, die Programmliste umfasst zumeist mindestens einen Titel der großen Dauerbrenner-Musicals, wie „Totale Finsternis“ von Tanz der Vampire oder „Gold von den Sternen“ aus Mozart. „Die Päpstin“ bekommt sogar fünf Stücke zu Beginn eingeräumt, ebenso das 4-Song-Finale aus dem Musical „Ludwig²“. Unbekanntere oder selten gespielte Werke wie Andrew Lloyd Webbers „As If We Never Say Goodye“ oder „Santa Fe“ aus dem Film „Newsies“ finden ebenso ihren Weg auf die Setlist – Langeweile oder gar fehlende Abwechslung kommt damit natürlich nicht auf.
Dem Bühnengeschehen, wenngleich recht statisch, keine Aufmerksamkeit zu widmen, ist zudem schlichtweg unmöglich, viel zu einnehmend und stark sind die Stimmen der Solistinnen und Solisten. Natürlich glänzen Jan Ammann mit „Kalte Sterne“ und Maya Hakvoort mit „Ich gehör nur mir“, fast scheint es so selbstverständlich, dass derartige Lieder automatisch zu Highlights werden müssen – doch die wahren Perlen sind dieses Mal nicht unbedingt die ganz großen Klassiker. „Einsames Gewand“ von Michaela Schober überwältigt gleich zu Beginn das Publikum – allgemein weiß die ehemalige Münchnerin absolut zu begeistern. Ihre alte Nachbarschaft sitzt außerdem zahlreich im Publikum – vielleicht eine unbewusste Motivation. Aber auch ohne Heimat-Bonus können Kevin Tarte mit u.a. „Stern“ aus Les Misérables und Jan Rekeszus mit dem bereits erwähnten „Santa Fe“ das Publikum verständlicherweise zu frenetischem Jubel anregen. Man merkt deutlich, dass in dieser ländlichen Location eben wahre Groß-Kaliber der Musicalszene auf der Bühne stehen, reduziert auf das, was sie auszeichnet: ihre großartigen Stimmen.
Kritik: Ludwig Stadler