Eiskalt und ein wenig verregnet – das sind wahrscheinlich nicht gerade die besten Bedingungen für Freibad und Englischer Garten, aber allemal für ein Konzert in einer wohlig warmen, überdachten Halle. An diesem Dienstagabend, 07. November 2017, gab es so ein Wetter und dementsprechend wanderten Menschenscharen ins Zenith zu Royal Blood, den Überflieger-Briten der Rockmusik. In dem gerade mal vierjährigen Bestehen der Band haben es die beiden Jungs inzwischen international auf ein massiv hohes Niveau gebracht, sodass sie bei ihrem zweiten Besuch in der bayerischen Landeshauptstadt bereits in der ehemaligen Fabrikhalle spielen dürfen, seines Zeichens Münchens zweitgrößte, überdachte Konzert-Lokalität.
Zugegeben, die Herren haben eigentlich noch nicht ganz Zenith-Größe erreicht. Aber definitiv größer als die TonHalle sind sie auch schon. Dementsprechend war das verkleinerte Zenith nicht übermäßig voll, die Zuschauerzahlen haben sich zum letzten Konzert 2015 in der Theaterfabrik aber definitiv verdreifacht – eine ordentliche Leistung in zwei Jahren.
Den Anfang machten erst einmal Black Honey, die schnurstracks auf die Bühne kamen und direkt loslegten mit ihrem ersten Song „All My Pride“. Das Auftreten der Vierer-Combo war von Anfang an ein wenig schrill. Während Gitarrist und Bassist, trotz direkter Präsenz vorne, etwas untergingen, stach Frontfrau und Gitarristin Izzy sofort ins Auge und blieb dort auch bis zum Schluss. Den Schlagzeuger hat man, Zeit seines Auftritts, von der rechten Seite der Bühne nicht einmal gesehen, aber immerhin gehört. Die Songs selbst erinnern ein etwas an Marilyn Monroe-Klassiker, mit E-Gitarren vertont, ordentlich viel Blues und noch mehr Rock – eine gute Mischung, die den knapp dreißigminütigen Auftritt definitiv hörenswert machte; sehenswert allerdings leider nur bedingt, da die Musiker einen Bewegungsradius von wenigen Zentimetern hatten und dementsprechend recht angewurzelt dastanden. Ein insgesamt gelungener Auftritt, der aber ehrlicherweise nicht länger im Gedächtnis hängen bleibt.
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Was allerdings länger im Gedächtnis hängen bleiben wird, sollte der folgende Auftritt sein. Kurz nach 21 Uhr betraten Royal Blood die Bühne, mit ihnen zwei Background-Sängerinnen, und starteten direkt mit „How Did We Get So Dark?“, dem Opener und Titeltrack des aktuellen und neuen Albums. Die vielleicht interessanteste Frage des Abends beantwortete sich da auch endlich von selbst – wie zur Hölle klingt dieser Bass, der zeitgleich in Gitarren- und Bass-Verstärker steckt und auf Platte so gut rüberkommt, denn live? Die Antwort ist simpel: wuchtig und schlichtweg genauso. Wären da nicht die gelegentlichen kleinen Improvisationen – man könnte meinen, der Sound käme direkt vom Band der CD. Vom Band kamen zwar tatsächlich selten einige ergänzende Spuren, alles andere war aber komplett live; auf die gelegentlich benötigte, zweite Gitarre wurde live wohl deshalb verzichtet, damit der Effekt, dass zwei Leute wie eine ganze Band klingen können, erhalten blieb. Mit Erfolg.
Brecher wie „Where Are You Now?“ und „Lights Out“ in den Anfang der Set zu packen, hatte fraglos den Vorteil, das doch recht bewegungsfaule Publikum ein wenig zum Tanzen, Schreien und Mitklatschen zu bewegen. Außerdem konnte das bereits vor dem Konzert zu bestaunende und recht eindrucksvolle Bühnen-Setting mit riesigen Lichtaufbauten erstmals zum Einsatz gebracht werden. Ohne Frage, da wurde schon ordentlich damit gearbeitet, vor allem gegen Ende des Sets gab es tolle Licht-Programmierungen, aber in der Mitte des Konzerts fragte man sich stellenweise, ob man denn die Lichtanlage auch mal nutzen wolle oder nur das andauernde Blink-Lichtlein am untersten Rand – da wäre etwas mehr drin gewesen, wenn man schon so ein großartiges Setting mitbringt. Interessant hier vor allem auch der Einsatz eines Keyboards bei „Hole In Your Heart“ und eines großen Gongs direkt hinter dem Schlagzeug. Wieso jetzt genau dieser große Gong dort stand, nachdem genau zweimal im gesamten Konzert darauf geschlagen wurde, bleibt unklar, ein Blickfang ist die Installation aber ohne Frage.
Schon in den Vortagen des Konzertes stellte sich immer wieder auch eine zweite berechtigte Frage: Was spielen die Jungs eigentlich und wie lange? Mit gerade einmal zwei Alben, wovon jedes nur zehn Lieder fasst, können sie auf ein Repertoire von maximal 20 Liedern zurückgreifen. Die Konzerte der Sommer-Tour: maximal 13 Lieder. Die Zweifel über ein arg kurzes Konzert sollten allerdings unbegründet bleiben, denn Royal Blood spielten in München tatsächlich ihr bis dato längstes Konzert mit satten 18 Songs und dem kompletten neuen Album. Das wiederum bedeutete, dass die Briten ihre letzte ausstehende Live-Premiere im Zenith feierten, nämlich vom Song „Look Like You Know“, der wohl, in der Ansage von Frontmann Michael Kerr, recht kompliziert zu spielen sein soll; gemeistert wurde er allerdings grandios. Allgemein wurden alle Lieder on point und sauber dargeboten, auch schwierigere Riffs zeitgleich zum Gesang, wie bei „Sleep“, gingen scheinbar locker von der Hand, während Drummer Ben Thatcher bei nicht nur einem Solo zeigen konnte, dass er definitiv zu den begabtesten Schlagwerk-Instrumentalisten dieser Erde gehört – ohne Übertreibung!
Mit „Figure It Out“ verabschiedeten sie sich vorerst von der Bühne, bevor es im Zugabenblock mit „Ten Tonne Skeleton“ weiterging. Die Stimmung im Publikum, sicht- und hörbar beim lautstarken Applaus, ist besser geworden je bekannter das Lied, nichtsdestotrotz bleiben die Bewegungslegastheniker in der Überzahl und nicht einmal beim abschließenden „Out Of The Black“, dem einzigen so richtigen Über-Hit des Duos, sollte es wirkliche Eskalationen geben. Es scheint, zumindest ein wenig, dass die Besucher tatsächlich gekommen sind, um der Musik zu lauschen, ein wenig mit dem Kopf zu nicken und ein ziemlich makelloses Konzert anzusehen. Jeder mit diesen Erwartungen wurde absolut überzeugt, denn nach rund 95 Minuten und sogar einem abschließenden Crowdsurfing von Thatcher in den ersten Reihen verließen Band und Besucher überaus zufrieden das Zenith.
Setlist: How Did We Get So Dark? / Where Are You Now? / Lights Out / Come On Over / You Can Be So Cruel / I Only Lie When I Love You / She’s Creeping / Look Like You Know / Little Monster / Hook, Line & Sinker / Blood Hands / Don’t Tell / Sleep / Hole In Your Heart / Loose Change / Figure It Out – Zugaben: Ten Tonne Skeleton / Out Of The Black
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Fazit: War womöglich die Vorband Black Honey zwar musikalisch gut, aber in Sachen Show recht einfallslos, änderte sich dieses bei Royal Blood und einem eindrucksvollen Bühnen-Setting schnell. Die Setlist fetzte, die Performance saß und die Motivation war sichtbar übergroß. Die Twenty One Pilots der Rockmusik wussten, wie man eine Besuchermeute glücklich nach Hause schickt – genau das ist ihnen erfolgreich gelungen. Ein wunderbarer Konzertabend.
Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Thomas Steinbrunner
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