Bunt. Obwohl der Titel der neuen Revieoperette „Drei Männer im Schnee“ an verschneite Landschaften, kahle Bäume und ästhetische Einsamkeit in den Bergen denken lässt, ist die Produktion des Gärtnerplatztheaters hauptsächlich bunt, farbenfroh, fantastisch. Der von Thomas Pigor für die Bühne adaptierte Stoff des gleichnamigen Romans von Erich Kästner glänzt durch seine mehr als gelungene Motivwahl, herausragende Kostüme und Kulissen und traumhafte Musik und Darsteller. Wir waren am 12. Januar 2020 dabei und sind begeistert.
Der arbeitslose Dr. Hagedorn gewinnt beim Preisausschreiben des Haushaltsgerätehersteller Tobler eine Woche Luxusurlaub im Grand Hotel Bruckbeuren. Eigentlich hätte er den Preis lieber ausgezahlt, doch der Urlaub ist gebucht und so reist er gen Süden. Der Zweitplatzierte des Preisausschreibens, ein gewisser Herr Schulze, entpuppt sich als der Firmenchef Tobler persönlich, der inkognito ebenfalls ein paar Tage im Grand Hotel verbringen möchte, anstatt sich mit den von seiner Tochter eingefädelten Geschäftsverträgen zu beschäftigen. Um dennoch nicht ganz auf seinen Komfort verzichten zu müssen, reist Toblers Kammerdiener Johann ebenfalls nach Bruckbeuren, jedoch als wohlhabender Geschäftsmann verkleidet. Die fürsorgliche Hausdame Toblers ruft vorsichtshalber im Hotel an, um die Angestellten für einen Millionär, der nicht erkannt werden will, vorzubereiten. Im Hotel angekommen wird fälschlicherweise Dr. Hagedorn für den Millionär gehalten, während Herr Schulze als unbedeutender Gast in die Dachbodenkammer abgeschoben wird. Hagedorn solidarisiert sich mit Schulze im Glauben, es handle sich bei ihm um einen weiteren Wettbewerbsteilnehmer, welcher in den Urlaub geschickt wurde anstatt bezahlt zu werden und die beiden freunden sich an. Die im Hotel logierende Frau Calabré versucht währenddessen, den nichtsahnenden Hagedorn zu verführen, der aber von seinen neuen Freunden Johann und Schulze gerettet wird. In einer Nacht- und Nebelaktion in der Silvesternacht bauen die drei einen Schneemann. Gleichzeitig kommen Toblers Tochter Hilde und Toblers Hausdame Claudia nach einem beunruhigenden Anruf im Hotel an und werden fälschlicherweise in Hagedorns Zimmer untergebracht. Der Silvesterball lässt alle Beteiligten mit Kopfschmerzen und Verwirrung in den falschen Betten aufwachen und sorgt im Morgengrauen für Streit zwischen Hilde und Hagedorn aufgrund des unabsichtlich geteilten Zimmers und zwischen Hilde und ihrem Vater, der die wichtigen Geschäftsverträge mit dem Nahen Osten noch nicht einmal lesen will. Entnervt fährt Hilde mit der Seilbahn auf die Aussichtsplattform des Wolkenstein, wohin ihr Hagedorn und Frau Calabré kurz darauf folgen. Während der Rückfahrt ins Tal kommen sich Hilde und Hagedorn näher und verlieben sich. Zurück im Hotel wird die Scharade Toblers aufgedeckt, Hagedorn fest angestellt und das offensichtlich inkompetente Hotelpersonal entlassen.
Die vielen herrlich komischen Figuren lassen die Zuschauer gemeinsam mit der abwechslungsreichen Musik aus der Feder von Konrad Koselleck, Christoph Israel, Benedikt Eichhorn und Thomas Pigor für den Abend in eine andere Welt eintauchen. Nostalgie wird hierbei besonders groß geschrieben, ist der unverkennbare Look eines UFA-Films doch durchgehend präsent. Die Handlung, welche um die Jahreswende von 1932/33 spielt, zeichnet ein Bild der opulent feiernden Gesellschaft vor dem Hintergrund der bereits anwesenden Nazis. Dabei bekommen diese gerade einmal in einem Nebensatz Beachtung und dienen ansonsten als stille Erinnerung für die Zuschauer. Die restlichen Gäste des Grand Hotel lassen sich nicht stören.
Das beeindruckende Bühnenbild, welches abwechselnd Außen- und Innenansicht des Grand Hotel zeigt, erstaunt das Publikum genauso wie die aufwändige Figurenentwicklung aller Beteiligten auf der Bühne. So kann man, wenn man den Blick überhaupt vom Hauptgeschehen abwenden kann oder möchte, zahlreiche kleine Details und versteckte Charakterzüge im Hintergrund entdecken. Diese feinjustierte Bühneninszenierung unter der Regie von Josef E. Köpplinger harmoniert dabei wunderbar mit der Musik des Orchesters des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter der Leitung von Andreas Kowalewitz, welche überraschenderweise größtenteils moderne Musikrichtungen wie Jazz, Tango oder auch eine Oriental-Parodie enthalten. So erinnert Sigrid Hauser (Frau Calabré) mit ihrer Stimme an einen der berühmten James-Bond-Songs und Julia Klotz (Hilde Tobler) und Armin Kahl (Dr. Hagedorn) können mit ihrem Liebesduett umgeben von Blitz und Donner sich in die Herzen des Publikums schmelzen. Auch Erwin Windegger (Eduard Tobler) und Alexander Franzen (Johann) begeistern durch ihren souveränen Auftritt und fabelhaften Gesang. Stets passende Situationskomik zwischen den musikalischen Einlagen, oder auch währenddessen, verhelfen der Produktion zusätzlich zu mehr Elan und Ausgelassenheit.
Insgesamt eine fantastische neue Produktion, bei der die Zuschauer auf jeden Fall Spaß haben werden und fröhlich mit einem oder mehreren Ohrwürmern nach Hause gehen können.
Kritik: Anna Matthiesen