Operette für Neulinge – „Friederike“ im Gärtnerplatztheater (Kritik)

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Ein fröhlicher, unbeschwerter Operettenabend im Sommer ist seit der Premiere von „Friederike“ am 8. Juni 2022 im Gärtnerplatztheater möglich. Komponist Franz Lehár, von dem auch „Die lustige Witwe“ stammt, widmet sich in Friederike den frühen Schaffensjahren des später so berühmt werdenden Johann Wolfgang von Goethes.

© Marie-Laure Briane

Als junger Student macht dieser, gespielt von Lucian Krasznec, im Stück das erste Mal die Erfahrung großer und inniger Liebe, muss sich dann aber zwischen Friederike (Andreja Zidaric) und seiner Karriere am Weimarer Hof entscheiden. Im Kontrast zur tiefen und inneren Liebe zwischen Goethe und Friederike steht die Beziehung von Friederikes Schwester Salomea (Julia Sturzlbaum) zu den Männern. Wo Friederike nachdenklich und sittsam auftritt, zeigt sich Salomea extrovertiert und leicht. Sturzbaum geht in der Figur der lebhaften unbeschwerten Schwester vollkommen auf. Sie wird von Goethes Studienfreund Lenz (Caspar Krieger) umschwärmt. Krieger hat mit dem Lenz leichtes Spiel: Die Rolle wird vom szenischen Leiter Florian Hackspiel als schaumschlägerischer Charmeur inszeniert, was beim Publikum für einige Lacher sorgt. Dass die Handlung in dieser Inszenierung vor allem Spaß machen soll, wird besonders im Stück „Lämmchen brav“ deutlich, in dem Krieger mit einem winzigen Spielzeuglamm auf Rollen auftritt. Keine tief-tragischen Liebesschwüre, keine langen dramatischen Sterbeszenen.

Das einfache und unbeschwerte Landleben, in dem diese Handlung spielt, wird durch minimalistische ästhetische Mittel dargestellt. Friederike tritt zunächst von einer Gruppe Mädchen umgeben auf. Das ist sehr passend, wird sie doch von Goethe immer wieder als Rikchen angesprochen. Als die etwas ältere Pfarrerstochter unter den tanzenden und kichernden Mädchen in den hochgeschlossen Kleidern bekommt Friederike starke Ähnlichkeit mit Mary Poppins. Dieser Eindruck wird durch das Kostüm noch verstärkt. Eine wirkliche Entwicklung macht sie als Figur erst durch, als sie sich ihren Schwärmereien nicht länger hingibt, sondern auf Goethe verzichtet, ihm Desinteresse vorspielt, damit er sich von ihr abwendet und seine große Change in Weimar wahrnimmt.

© Marie-Laure Briane

Ein Grund, warum diese Inszenierung so locker, gut verständlich und unterhaltsam ist: Man ist bei der Besetzung nach dem Prinzip ‚weniger ist mehr‘ vorgegangen: Es wurden nur jene Figuren übernommen, nur jene Szenen ausgespielt, die für das Gesamtkunstwerk die wichtigsten Punkte markieren: Der Mädchenchor, auch der Männerchor von Goethes Studienfreunden kommen vor. Viele kleinere Textrollen werden aber durch einen Erzähler, Christoph Wagner-Trenkwitz, ersetzt. Der Dramaturg fasst nicht nur Szenen zusammen, sodass der Abend im Summe auf zwei Stunden Spieldauer inklusive Pause kommt, er kommentiert auch mal spitz, mal ironisch die Handlung. Dadurch wird der Abend zur perfekten Veranstaltung für jene, die zwar dem Musiktheater gegenüber aufgeschlossen sind, allerdings keine Erfahrung mit langatmigen Inszenierungen mitbringen. Dass dennoch die Musik im Zentrum steht, wird durch Klassiker wie das „Heidenröslein“ oder „Mädchen mein Mädchen“ dennoch klar und dieser Musik ist schlussendlich die Inszenierung auch gewidmet. Die musikalische Leitung hat Michael Brandstätter inne, der mit dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz für eine wunderbare Umsetzung von Lehárs sorgt.

Kritik: Jana Taendler




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