ES 2 – Filmkritik

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© Warner Bros. Pictures

Regisseur: Andrés Muschietti

Genre: Fantasy/Horror

Produktionsland: USA

Kinostart: 5. September 2019

Laufzeit: 2h 45min

 

 

„Schon wieder ein zweiter Teil?“, könnten Unwissende sagen. Doch dieses Mal ist es zum Glück eine Fortsetzung, die von Anfang an verpflichtend ist. Stephen Kings „ES“, seines Zeichens absoluter Klassiker der Horror-Literatur, umfasst 1536 Seiten und ist aufgeteilt in zwei Teile – die Kinderzeit und das Zusammenkommen, 27 Jahre später. Nach der erfolgreichen Verfilmung des ersten Teils im Jahr 2017 folgt nun am 5. September 2019 das zweite und zugleich letzte Kapitel des lebendigen Albtraums in Derry.

Die Ausgangslage: der Club der Loser, 27 Jahre nach den Geschehnissen. Fast alle sind umgezogen, teilweise nun als erfolgreicher Risikoberater, teilweise als Comedian. Als sie der in Derry zurückgebliebene Mike anruft, dass der Clown Pennywise zurück sei, kommen sie aufgrund ihres Schwurs wieder zusammen und stellen sich, mehr oder minder freiwillig, ein endgültiges Mal dem Kinderfresser. Dabei müssen sie tief in ihren Erinnerungen und Seelen graben…

© Warner Bros. Pictures

165 Minuten Spielzeit setzt Regisseur Andrés Muschietti als finale Laufzeit an – ein ordentlicher Brocken Film. Dennoch wirkt der Film zu keiner Zeit ermüdend, zu keiner Zeit gar langweilig, im Gegenteil: es scheint, dass man die Geschichten der einzelnen Mitglieder des Loser-Clubs nur anreißen, nicht vollumfänglich erzählen kann. Dabei sind die Traumata oft die gleichen wie noch im Vorgänger, was ein eigenartiges Gefühl der Wiederholung bestehen lässt, im Kontext mit Kapitel Eins als Gesamt-Buchverfilmung allerdings stimmig, wenngleich man den ersten Teil nicht zwangsläufig gesehen haben muss, um dem Zweitling folgen zu können. Muschietti schafft es clever, eine gewisse Eigenständigkeit zu kreieren, wenngleich die Geschichte natürlich übergreifend verstanden werden muss.

© Warner Bros. Pictures

Wer unzählige Jumpscares oder gar den recht harten Horror des ersten Teils erwartet, wird allerdings enttäuscht – zu viel Zeit räumt der Film dafür dem Storytelling ein, zu viel CGI gibt es in den etwas reduzierten Scare-Szenen. Freunde des kreativen Figuren-zum-Leben-Erweckens werden trotzdem ihre Freude haben, denn einige Momente können wahrlich glänzen und funktionieren in Einklang mit der starken Filmmusik von Benjamin Wallfisch prächtig. Das Ende gerät dann zwar doch etwas zu pathetisch, aber im Vergleich mit der Erstverfilmung in den 90er-Jahren endlich würdig und spannend genug, um der Buchverfilmung selbst gerecht zu werden. Im Gesamtbild leidet „ES 2“ allerdings etwas zu sehr unter den unzähligen Genre-Einflüssen – es bleibt letztendlich ein unterhaltsamer Fantasy-Film mit Horror-Elementen.

Die Zwischenmenschlichkeit, die bereits die Kinder-Darsteller im ersten Teil fantastisch verkörperten, können die Erwachsenen übernehmen, wenngleich nicht ausbauen – die großen Charakter-Momente übernehmen auch dieses Mal wieder die Kinderdarsteller von Finn Wolfhard bis Sophia Lillis in den Rückblenden. Den aber vielleicht im ersten Kapitel noch etwas zu blassen Figuren verleiht der Film genug Tiefe, um als eigenständiger Charakter auf mehreren Ebenen zu funktionieren – wenngleich meist nur, um ein Mittel zum Zweck im Pennywise-Kampf zu erreichen. Die Rückkehr von Rüpel Henry Bowers gestaltet sich allerdings etwas fragwürdig und läuft letztendlich dramaturgisch ins Leere.

Fazit: „ES 2“ mag zwar nicht and die Genialität des ersten Teils heranreichen, bringt aber die Reihe würdig zu Ende und schafft es, das Buch deutlich stärker als die 90er-Jahre-Erstverfilmung zu beleuchten. Starke Darsteller und eine handwerklich großartige Machart lassen manche Schwächen vergessen und den Film als unterhaltsamen Fantasy-Streifen mit Horror-Elementen funktionieren.

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