Nie mehr gehen – Apache 207 in der Olympiahalle (Bericht)

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Bevor man die ausverkaufte Olympiahalle an diesem Sonntag, 15. Januar 2023, betritt, bekommt man ein weißes Bändchen in die Hand gedrückt – dieses leuchtet in verschiedenen Farben und wird vom Technik-Pult aus bedient. Wie genau das zum Einsatz kommt, sieht man aber gleich zu Beginn, wenn der Besuchsgrund des Abends die Bühne stürmt: Apache 207. Der derzeit unbestritten erfolgreichste Deutschrapper hat, nach seiner restlos ausverkauften Herbst-Tour, eine kleine Rutsche an Zusatzkonzerten im Januar angekündigt, die, wenig überraschend, innerhalb weniger Minuten völlig ausverkauften. Das zweite auf dieser kleinen Zugabe-Tour: München. Begrüßt wird man aber erst einmal von einem DJ, der bis kurz nach 20 Uhr ein Potpourri aus Hits der letzten Jahrzehnte auflegt – konsequent zu laut und auch ausbaufähig, aber immerhin die Animationen gelingen.

Zu „What Is Love“ verdunkelt sich dann gegen 20:20 Uhr die Halle, der Vorhang öffnet sich und gibt das Blickfeld frei auf eine beachtliche Bühnenkonstruktion im Wohnblockhaus-Stil, davor zwei mystisch angezogene Perkussionisten, die „Goldener Käfig“ begleiten, welcher noch verborgen im Hintergrund gesungen wird. Daraufhin folgt ein amüsantes Video auf der Leinwand, relativ lang, über das Leben und den Startschuss des Überfliegers, humorvoll aufgearbeitet und natürlich genauso getaktet, dass Apache 207 auf die Bühne springt, wenn er das auch im Video macht. Es legt den Startschuss für eine lange, ausführliche Fahrt durch die mittlerweile doch schon knapp fünfjährige Release-Historie – passend beginnend mit „Brot nach Hause“ und einem Querschnitt der anfänglichen Single-Sammlungen, bevor seine Debüt-EP „Platte“ gewürdigt wird und damit überraschend früh am Abend bereits der endgültige Durchbruch des Mannheimers erklingt: „Roller“.

Apache bleibt gleich und so gestaltet sich die Show relativ ähnlich zu seiner 2022er-Konzertreise: es gibt reichlich Feuer, gelegentliche Pyro-Effekte, Luftsäulen, eine riesige Lichtshow, Apaches Publikumsfahrt auf einem Boot (passend zu „Boot“ und in bester Manier von Deichkinds rollendem Fass) und natürlich einen Abstecher auf die B-Stage inmitten der Steharena. Dort wird die Präsenz sogar ausgebaut, die Einlage mit Akustik-Gitarre und Drummer kommt bestens an und überzeugt auch mit Titeln wie „Wieso tust du dir das an?“ oder dem mächtigen „Fühlst du das auch?“, wo glatt eine E-Gitarre inklusive beachtlichem Solo ins Programm rutscht, während die Bühne nach oben steigt und herumschwebt. Klingt etwas over the top? Ist es manchmal auch, aber die sympathische Art von Volkan Yaman, wie der Rapper bürgerlich heißt, holt die Menge sofort ab. Ihm geht es nicht um das Ausnutzen des Moments, um das schnelle Geld, ihm geht es um die Musik, um seine Fans und eine gelungene Show. Das beweist auch, dass er trotz sichtlich nachwirkender Erkältung, die sich hie und da stimmlich zeigt, die gesamte zweistündige Show durchzieht. Der Jubel dankt es ihm.

Vielleicht ist es auch dem nicht tadellosen Gesundheitszustand geschuldet, dass sein Post Malone-Cover von „Rockstar“ nicht ganz so rund läuft und einige Töne daneben gehen. Doch was stört es, die restlichen 23 Lieder klingen bestens, und spätestens bei seiner Bootsfahrt zurück auf die Hauptbühne, während „My Heart Will Go On“ aus den Boxen wummert, kann man den Klischeebrecher des Deutschraps doch einfach nur mögen. Und die Bändchen vom Beginn? Die blinken fröhlich in allerlei Farben, manchmal schimmern sie bläulich, völlig ohne dauerhafte Handy-Belichtung, und sorgen für eine Lichtshow, die sonst so nicht umzusetzen wäre. Da ist es wahrlich bedauerlich, wenn im Zugabenblock nach der zweiten Runde von „Roller“ schon der letzte Song erklingt: „Nie mehr gehen“. Und sein aktuellster Song könnte kaum passender sein, denn musikalisch und textlich zeigt es, auf welchem Niveau Apache 207 angekommen ist. Der Status der Eintagsfliege ist längst überwunden, die Etablierung als starker Live-Künstler geschafft, nun darf man gespannt sein, was der nächste Schritt ist. So viel ist klar: sicherlich keiner, den man erwartet.

Setlist: Goldener Käfig / Brot nach Hause / Kein Problem / 200 km/h / Ferrari Testarossa / Nicht wie du / Roller / Doch in der Nacht / Fame / Bläulich / Boot / 2 Minuten / Weißes Kleid / Wieso tust du dir das an? / Fühlst du das auch? / Rockstar (Post Malone cover) / Thunfisch & Weinbrand / 2sad2disco / Lamborghini Doors / Sport / AngstZugaben: Vodka / Roller / Nie mehr gehen

Bericht: Ludwig Stadler