Parasite Eve – Bring Me The Horizon im Zenith (Bericht)

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Seit einigen Jahren schließen sich immer mehr etablierte und große Bands für beachtliche Tour-Packages zusammen, die dann gemeinsam durch die europäischen Länder ziehen. Die Aufmerksamkeit der Hörer*innen ist damit sicher und in manchen Fällen ist die Kombination so spannend, dass die Tickets rasend schnell weg sind – so war es definitiv bei Bring Me The Horizon mit A Day To Remember. Obwohl die Tour einmal verschoben werden musste und damit die deutlich zur Attraktivität beitragenden Lorna Shore weichen mussten, findet die Konzertfeierlichkeit im restlos ausverkauften Zenith am 10. Februar 2023 endlich die langersehnte Aufführung. Wie groß die Vorfreude ist, zeigt sich gleich an der Schlange – diese reicht bereits rund eine Stunde vor Beginn der ersten Band über den gesamten Zenith-Parkplatz.

Foto: Jule Haer

Dass das Konzert bereits um 18:30 Uhr beginnt, hängt auch damit zusammen, dass insgesamt vier Bands an diesem Abend die Bühne betreten – angefangen mit Static Dress. Mit viel Bewegung und Engagement in der Performance spielen sie ihren energischen, allerdings etwas chaotischen Metalcore, der immer wieder in Ansätzen irrsinniges Potenzial birgt, bevor man wieder in ein anderes Level an Geschwindigkeit oder Genre abdriftet. Das passt zum wilden Genre-Mix an diesem Abend zwar recht gut, weshalb die Menge die Briten auch bestens aufnimmt, dennoch bleibt kein allzu bleibender Eindruck nach dem 25-minütigen Set.

Foto: Jule Haer

Als Poorstacy gegen 19:20 Uhr mit „Knife Party“ sehr lautstark weitermachen, ist das Zenith in der mittlerweile zur vollen Auslastung angewachsen. Beste Konditionen also, die der junge amerikanische Musiker hätte – aber nicht zu nutzen weiß. Der Sound ist bescheiden, die Performance antrieblos und die Bewegungen des Frontmanns minimal. Was bei Static Dress noch klappte, ist hier eher ein Problem: der Genre-Mix. Vom fröhlichen Pop-Song zum knüppelharten Metal-Song weiter bis zur ruhigen Ballade; all das wirkt unausgegoren und nicht so recht zusammenpassend. Selbst in den Ansagen wirkt Poorstacy nicht so recht auf der Höhe und lässt das Publikum eher verdutzt als angefixt zurück.

Foto Jule Haer

Doch wer sich durch das zähe Vorprogramm kämpft, wird schlussendlich belohnt: A Day To Remember fackeln nicht lange und stürmen um kurz nach 20 Uhr die Bühne für ihre knappe Stunde Spielzeit, die sie in vollen Zügen ausnutzen. Dass hier nicht nur eine beliebige Vorband steht, sondern eine wahre Institution, die wohl auch solo das Zenith bespielt hätte, zeigt sich schnell an der Textsicherheit des Publikums – bereits beim Opener „The Downfall Of Us All“ wird mitgesungen. Mit einer bestechenden Bühnenpräsenz, ordentlichen Spielgeschwindigkeit und reichlich Luftsäulen-Einsatz rasen die Amerikaner durch ein Best-Of aus Alt und Neu, das sich – passend zum Abend – vorrangig den lauten Brechern ihrer Diskografie widmet. Besonders mächtig: ihre neue Single „Miracle“ und der hymnenhafte Klassiker „If It Means A Lot To You“. Da ist es bedauerlich, dass die Herren sich bereits um 21 Uhr wieder verabschieden müssen. Starker Auftritt!

Setlist: The Downfall Of Us All / All I Want / Paranoia / 2nd Sucks / Right Back At It Again / Rescue Me / Have Faith In Me / Bloodsucker / I’m Made Of Way, Larry, What Are You Made Of? / Miracle / Resentment / If It Means A Lot To You / All Signs Point To Lauderdale

Foto: Jule Haer

Die folgende Umbaupause wird irritierenderweise mit Werbung für Kinofilme und einem Zombie-Egoshooter-Game auf der später genutzten LED-Leinwand untermalt, aber zumindest vergeht so die Zeit rasend schnell, bis um 21:30 Uhr das Licht ein finales Mal ausgeht und ein projiziertes Computersystem mit allerlei Sätzen Stimmung aufbaut. Bring Me The Horizon selbst folgen wenige Minuten später und starten mit „Can You Feel My Heart“ und einer ekstatischen Bewegungsorgie auf der Bühne alsbald ihr Set. Wenngleich der Song, auch durch diverse TikTok-Trends, mittlerweile zu einer kleinen Bandhymne geworden ist, steigert sich die Stimmung erst so richtig bei den Folgensongs „Happy Song“ und „Teardrops“. Allgemein sind BMTH, wie die Band sich abkürzt, offensichtlich auf musikalischen Krawall gebürstet – ihre 15-Songs-starke Setlist besteht zwar nur aus Werken ab 2013 und vorrangig neuem Material, davon aber dem schnellsten und härtesten, was zu bieten ist. So fegt „Dear Diary“ und das anschließende „Parasite Eve“ wie ein Sturm über das Zenith und motiviert zu einigen Circle und Moshpits. All das fügt sich in ein Gesamtkonzept, bei dem zwischen den Songs immer wieder das Computersystem vom Beginn sich auf der Leinwand zu Wort meldet. Schnell wird dadurch auch klar, dass es sich um eine perfekt durchgetaktete Show handelt, in der wenig bis nichts dem Zufall überlassen wird.

Foto: Jule Haer

Damit einher geht auch die musikalische Komponente: BMTH sind immer noch durchsetzt mit Backing-Tracks, Samples und Tausenden von Hintergrundspuren, die allesamt mitlaufen. Natürlich sorgt das für mächtigen und beachtlichen Arena-Sound, verfälscht aber doch das Live-Erlebnis an sich. Immerhin Frontmann Oli Sykes hat, vor allem im Vergleich zu 2015, massiv an Live-Qualität zugelegt und verzichtet mittlerweile auf unterstützenden Playback-Gesang. Die Feature-Gäste bei „Obey“ (Yungblud) und „Kingslayer“ (Babymetal) werden aber lediglich vom Band abgespielt anstatt selbst gesungen – etwas schade. Besonders schwierig gestaltet es sich dann, wenn die Babymetal-Gesangsspur mitten im Song abschmiert und das gesamte Lied so mehr und minder zum kruden Metal-Instrumental-Song wird. Auch wenn BMTH in diesem Fall Opfer der eigenen Technik geworden sind, unterstützt diese dann aber mittlerweile doch mehr, als dass sie stört – ihre Show ist auf Arena-Niveau, der Gesamteindruck astrein und insgesamt die Performance ihrer mittlerweile erreichten Größenordnung würdig. Der nächste Schritt dürfte wohl unaufhaltbar sein: die Olympiahalle. Wer hätte das 2011 noch gedacht, als sie als aufsteigende Deathcore-Truppe im Backstage gespielt haben. „It Never Ends“ läuft zum Glück auch in die Richtung bergauf…

Setlist: Can You Feel My Heart / Happy Song / Teardrops / Mantra / Dear Diary / Parasite Eve / Strangers / Shadow Moses / Kingslayer / Die4u / Follow You / DrownZugaben: Obey / Sleepwalking / Throne

Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Jule Haer

Foto: Jule Haer

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