Gesang & Trubel am Wolfgangsweiher – „Im weißen Rössl“ bei den Weiherspielen Markt Schwaben (Kritik)

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Wenn die Sonne etwas kontinuierlicher herauskrabbelt, am Abend wärmende Temperaturen den Kirchweiher umgeben und wir uns allgemein stetig mehr im Sommer befinden, ist es wieder Zeit für eine liebgewonnene Tradition: die Weiherspiele! Der Theaterverein in Markt Schwaben veranstaltet das Freilichttheater bereits seit 39 Jahren (mit sehr wenigen Unterbrechungen) – und so verwandelt sich auch dieses Jahr der Weiher neben der St. Margaret-Kirche in eine beachtliche Kulisse. Dieses Jahr: zum Rössl-Wirt, das Gewässer zum Wolfgangsee. Die Zeichen sind klar: „Im weißen Rössl – Singen verboten!“ widmet sich vom 1. Juli bis zum 29. Juli 2023 der legendären Operette von Ralph Benatzky. Lohnt sich dafür ein Ausflug in den Münchner Vorort? Muss es was Wunderbares sein? Ja!

© Walter Daschner

Gleich zu Beginn gibt es Fähnchen mit der österreichischen Flagge – zur Begrüßung des Kaisers, wenn er denn womöglich später einen Ausflug zum Rössl-Wirt wagt. Bevor es zum majestätischen Besuch kommt, müssen erst einmal die Fronten zwischen den Agierenden geklärt werden. Da gibt es Zahlkneller Leopold (Ferdinand Maurer), verliebt in die ruppige Rössl-Wirtin Josepha (Sabine Bogenrieder). Die wiederum hat nur Augen für den Rechtsanwalt Dr. Siedler (Michael Siegert), der wiederum mehr Interesse an Ottilie (Sabrina McAboy) zeigt, der Tochter von Fabrikant Giesecke (Franz Stetter), mit dem Siedler aber im Arbeitsstreit steht. Zwischen und inmitten alledem: der schöne Sigismund (Christian Jäger), der mit Klärchen (Julia Geitner) anbandelt, der Tochter der versierten Privatgelehrten Dr. Hinzelmann (Christa Hermannsgabner), die deutliches Interesse an Ihrer Majestät Kaiser Franz Joseph (Franz Hermannsgabner) zeigt. Reichlich Verknüpfungen und Material für zwei Stunden. Doch die Geschichte ist altbekannt und nur einer der zwei ganz großen Grundpfeiler, der zweite: die Musik!

Und hier lässt sich der Theaterverein nicht lumpen, spielt alle Lieder aufwendig und instrumentenstark ein, was man ab der ersten Minute hört, wenn die Klänge in den Boxen ertönen – frisch und so gar nicht staubig klingt das Arrangement, die Lieder reißen mit wie eh und je und werden gesanglich astrein dargeboten. Da sind die schnell entfachenden Schunkelstürme kein Wunder. Steigern hätte man das wohl nur noch können, wenn man auf Live-Gesang gesetzt hätte. Doch auch so ist das Publikum gespannt dabei, wenn die Irrungen und Wirrungen auf der Bühne sich verschärfen, lachen herzlich bei den zahlreichen Gags und haben sichtlich einen guten Abend. Dafür sorgt natürlich auch das an diesem Abend wirklich astreine Ensemble – vom jüngsten Mitglied, Leopolds Sidekick Piccolo, gespielt vom 14-jährigen Dominik Wegler, bis zur längst etablierten Weiher-Schauspielfraktion, u.a. auch Franz Stetter, der für die Rolle des Giesecke gelungen zum Berliner Dialekt wechselt. Eine große Freude!

© Walter Daschner

Und doch ist es nicht „wie immer“. Was dieses Mal fast vollständig fehlt, sind Anspielungen auf den Landkreis oder die Gemeinde Markt Schwaben, das Setting ist nicht in die Nähe verlegt, sondern bleibt am Wolfgangsee – man bleibt dem Stück „Im weißen Rössl“ sehr treu, kürzt ein paar Kleinigkeiten beim Original, um die zweistündige Laufzeit gut hinzubekommen, und streut ein paar nette Anspielungen in Richtung der Kult-Verfilmung mit Peter Alexander ein. Am Ende ist das die beste Entscheidung, die Regisseur Ferdinand Maurer treffen konnte – sonst wäre es wohl auch zu überladen gewesen, denn auch jetzt schon verfliegt die Zeit wie im Flug und die Zeit mit den zahlreichen Nebencharakteren fällt doch kürzer aus als anfänglich erwartet. Ein wunderbarer sommerlicher Theaterabend mit unlängst unsterblicher Musik, einer grandiosen Kulisse zum Nicht-Sattsehen-Können und hochwertigem Laientheater erwarten das Publikum also dieses Jahr am Markt Schwabener Weiher, eingebettet in einen Klassiker, der zeitlos bleibt. Spätestens, wenn der Kaiser mit dem Boot ankommt und das zuschauende Volk euphorisch die Fähnchen wedelt, fühlt man sich auch selbst zu Gast bei der Wirtin Josepha – nur, dass man nicht die alte Paprika-Brust serviert bekommt, sondern einen ofenfrischen, reschen Schweinebraten!

Die Weiherspiele 2023 laufen noch bis zum 29. Juli 2023. KARTEN gibt es HIER!

Kritik: Ludwig Stadler

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