Warten auf Morgen – eine Reise durch den Kopf der Autorin (Bericht)

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Warten setzt Geduld voraus. Warten kann den Wartenden in Rage versetzen oder zur Verzweiflung bringen. Eine intensive thematische Auseinandersetzung verspricht das Programmheft des Wortschau Festivals, wenn es „Warten auf Morgen“ ankündigt. Ayana Steigerwald nimmt den Zuschauer mit auf einen philosophischen Gedanken-Spaziergang.

Zum Thema passend, beginnt das Stück unheimlich zurückhaltend. Die drei Spielerinnen – Annette Hildebrand, Anna März, und Nadja Schwienbacber – sitzen auf dem Boden und sprechen. Langsam verändern sich Körperhaltung und Sprachduktus. Diese Bewegungsminimierung wirkt entschleunigend, die Körper der drei Frauen lassen, sich stetig verändernde, Kompositionen entstehen. Es gibt kein Bühnenbild, keine erkennbaren Kostüme, keine Lichtentwicklung, nach dem ersten gesprochenen Wort keine Musik mehr. Die drei Sprecherinnen könnten als „die Impulsive“, „die Zweifelnde“ und „die Freche, Provokante“ beschrieben werden. Charakteristische Rollen oder eine erzählte Geschichte sind allerdings nicht zu erkennen. Man fühlt sich eher durch eine assoziative Annäherung an das Thema herangeführt.

Nach 30 Minuten schläft der Herr zwei Sitze weiter ein, im halbvoll besetzten Pepper Theater. Die Darstellerinnen haben sich inzwischen um drei Meter bewegt. Vom Schneidersitz in die Hocke, auf den Rücken, es ist kein Stück der großen Gesten. Da kommt ein neuer Gedanke, eine Reaktion, ein Kommentar, ein weiterer Gedanke. Allmählich hat man das Gefühl, die Autorin hat ihre Tagebucheinträge an drei Freundinnen verteilt, die ihr wiederum einen Gefallen getan haben, indem sie all die Sätze auswendig lernten. Gedanken über die Welt im Allgemeinen und Alpensalamander im Speziellen.  Viele Wortspiele, viel Poesie steckt in diesen Worten.
Schöne Ideen und Gedankenbilder! Für einen ergreifenden, fesselnden, unterhaltenden Theaterabend bedarf es allerdings mehr.
Kurz und gut, die Inszenierung hat gefehlt, die tiefer gehende Beschäftigung mit dem Thema Warten ebenso.

„Wann ist das alles zu Ende?“ fragt eine der jungen Frauen. Ich frage mich das nach einer Stunde auch. Denn leider langweile ich mich, hoffe, dass noch eine Überraschung kommt, ein Ausbruch, eine frische Idee, ein Wendepunkt. Immer wieder frage ich mich, ob das jetzt der letzte Satz war, jedes Mal fällt wieder irgendeiner irgendwas ein, was jetzt scheinbar noch gesagt werden muss.

Als plötzlich keine mehr fortzufahren scheint, beginnt der Applaus. Kein Schlusswort, kein Finale, lediglich das Nicht-Weitersprechen beendete das Stück, das ohnehin nicht aus viel mehr bestanden hatte als Weitersprechen.
Ich applaudiere, weil es vorbei ist, weil ich das Ende erwartet hatte.

War dieses Gefühl von Steigerwald beabsichtigt, hat sie ein absolut zuverlässiges Konzept entwickelt und eine außergewöhnliche Theatererfahrung geschaffen. Sie hat es geschafft den Zuschauer das Ende herbeisehnen zu lassen und ihn damit selbst zum Warten zu bringen.
Wollte das Stück nicht genau das erreichen, so ist die konsequente Monotonie ein Beweis des vollkommenen dramaturgischen Unverständnisses.

Ich hoffe auf Ersteres.

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