Wenn eine Band bei einem Major-Festival wie Rock am Ring direkt nach den drei Haupt-Headlinern kommt, dann kann man davon ausgehen, dass sie ganz oben mitspielt. Dass Rise Against eben genau das tun, haben sie schon eindrucksvoll gezeigt, als das Konzert am 14. November 2017 im Zenith in kürzester Zeit ausverkauft war. Der letzte Headliner-Besuch in München liegt immerhin schon vier Jahre zurück und das aktuelle Album „Wolves“ dürfte nicht nur die Oldschool-Fans wieder zu ihrer Liebe zu den Punkrockern erinnert haben. Mit an Bord sind Sleeping With Sirens und Pears, was einen langen, lauten Abend versprach.
Bereits um fünf Minuten vor 20 Uhr betraten Pears die Bühne, ohne großes Intro, sondern direkt mit ihren Songs. Und die haben es in sich: dreckiger, lauter Hardcore-Punk. Wer ernsthaft den Text verstehen wollte, hatte selbstredend nicht die geringste Chance, viel zu schnell und laut war die Stimme, wenngleich auch laut genug abgemischt. Der Sound an sich war allerdings, wie leider oft zu erwarten bei den Opener-Bands im Zenith, schrecklich: viel zu lautes Schlagzeug, die Gitarren zu dumpf. Da machte es das ganze wenig besser, dass der Drummer sicherlich schnell und kreativ, aber dermaßen am Takt vorbei spielte, sodass man sicherlich des Öfteren schmunzeln, sehr unwahrscheinlich aber ernsthaft davon begeistern sein konnte. Nichtsdestotrotz spielte die Band ihre Songs hochmotiviert (allen voran der oberkörpefreie Sänger sprang wie ein Gummibär durch die Gegend) und verließ nach 30 Minuten wieder die Bühne.
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Die kommende Support-Band war hier schon ein ganz anderes Kaliber: Sleeping With Sirens. Pünktlich um 20:45 Uhr gingen die Lichter aus und das Intro ertönte. Bereits mit ihrem ersten Song „Tally It Up, Settle The Score“ setzten sie ein klares musikalisches Statement und zeigten, worauf man sich die nächste Dreiviertelstunde einstellen kann: treibender Alternative Rock mit ausgefeilten Gitarrenspuren und einem außergewöhnlichen Sänger. Zugegeben, man hat einige Songs gebraucht, um sich endgültig auf die unfassbar hohe und gewöhnungsbedürftige Stimme einzulassen. Spätestens beim Kracher „Congratulations“ musste man sich aber, selbst als Gegner der Stimmlage, eingestehen, dass der Gesang nicht nur perfekt on point war, sondern vor allem unglaublich stark im Spektrum – hohe Töne wurden problemlos getroffen und eindrucksvoll dargeboten. Auch Songs des neuen Albums, wie der Titeltrack „Gossip“, wurden gespielt, die zwar etwas poppiger geraten sind, sich aber trotzdem gut in die Setlist einfügten. Um halb zehn endete die Show und damit auch der wirklich starke Auftritt der Band. Congratulations!
Setlist: Tally It Up, Settle The Score / Empire To Ashes / Legends / We Like It Loud / Congratulations / Gossip / Do It Now, Remember It Later / Here We Go / If You Can’t Hang / Kick Me
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Um 22:05 Uhr war es dann auch endlich soweit und nach schier endloser Wartezeit kommen Rise Against auf die Zenith-Bühne. „Chamber The Cartridge“ sollte ihre Show eröffnen, ein mitreißender Punkrock-Song aus dem Jahr 2006. Was aber folgen sollte, war so gar nicht mitreißend, sondern eher verwirrend. Der Sound verschluckte das Schlagzeug komplett, die Gitarren klangen etwas matschig und Frontmann Tim McIlrath sang sowohl kraftlos als auch total abgehakt. Leider sollte sich dieser Eindruck beim folgenden Klassiker „Give It All“ nicht ändern, erst bei „The Violence“ aus ihrem aktuellem Album sollte eine gefühlte 180°-Wendung erfolgen. Plötzlich ist die Stimme im Gesang wesentlich besser, die Gitarren kräftiger und das Schlagzeug präsenter (richtig gut hörbar war es aber bis zum Schluss nicht). Fast hat es ein wenig so gewirkt, als bräuchten die Jungs die ersten beiden Lieder, um sich einzuspielen und etwas einzupegeln. Zwar ist das sicherlich komisch, ab diesem Zeitpunkt sollte das Konzert sich aber konstant steigern.
Der Bühnenaufbau war sichtlich nicht für eine so kleine Bühne wie die des Zeniths konzipiert – fairerweise muss man auch sagen, dass die Herren ansonsten in wesentlich größeren Hallen spielen und das Zenith sogar eines ihrer kleineren Stopps gewesen war. So hingen die Leinwände mit Video-Übertragungen jeweils an den seitlichen Gängen, wo sie ein wenig untergingen, aber immerhin waren sie da. Auf der Bühne selbst wurde mit Lichttechnik ordentlich aufgefahren, auch hier waren zwei Video-Screens jeweils links und rechts angebracht. Nichtsdestotrotz wurden die Show-Elemente nicht aufdringlich, sie waren letztendlich nur begleitend und überließen den kompletten Fokus lieber der Band und ihren mitreißenden Songs.
Besonders hervorheben sollte man die wirklich schöne Setlist, die ziemlich jede Zeit der Band abdeckte und ein stimmiges, mitreißendes Konzert generierte. Ein besonderes Highlight waren sicherlich „The Good Left Undone“ und „Prayer Of The Refugee“, welche mit lautstarken Chören aus dem Publikum mitgesungen wurden. Als die Band nach gerade einmal 45 Minuten die Bühne verließen, wurde mancher Besuche bereits unruhig. Allerdings ein Fehlalarm, denn kurze Zeit später stand Sänger Tim mit seiner Akustik-Gitarre auf einer B-Stage beim Technikerpult und spielte die bekanntesten Akustik-Songs der Gruppe, u.a. „Hero Of War“, bei dem auch die Band selbst gegen Ende einstimmte. Top!
Sollte man bei diesem mitreißenden Konzert, abgesehen von der anfänglichen Flaute, irgendwo einen Kritikpunkt sehen, wäre es wohl die etwas magere Länge von 80 Minuten und das Fehlen eines ihrer größten Hits, nämlich „Satellite“. 1-2 Songs mehr hätten ihnen wahrscheinlich nicht wehgetan, die Fans hätte es noch glücklicher nach Hause geschickt. So gingen die Musiker um 23:25 Uhr nach „Savior“ von der Bühne und kamen auch, trotz Zugabe-Rufen, nicht mehr zurück.
Setlist: Chamber The Cartridge / Give It All / The Violence / Re-Education (Through Labor) / Dancing For Rain / The Good Left Undone / Collapse (Post-Amerika) / House On Fire / Prayer Of The Refugee / Swing Life Away (acoustic) / People Live Here (acoustic) / Hero Of War (acoustic) / Help Is On The Way / Bricks / Survive / Wolves / Savior
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Fazit: Der lange, laute Abend sollte auch wirklich so kommen. Während Pears es etwas mit der Lautstärke übertrieben und weniger überzeugten, boten Sleeping With Sirens einen handwerklich sehr starken Auftritt. Rise Against selbst sollten, nach kurzen Anfangsschwierigkeiten, eine mächtige Punkrock-Show abliefern, die jeden Fan überzeugen haben dürfte und mit einer sehr gut ausgewählten Setlist glänzte, wenngleich auch der Auftritt gerne etwas länger hätte sein können. Die Tatsache, dass sich unser Redakteur Ludwig ein Tour-Shirt geholt hat (und das macht er wirklich selten!), sollte wohl zeigen, dass die Band es geschafft hat, eine neutrale Instanz zu überzeugen – und das ist wohl die größte Kunst.
Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Thomas Steinbrunner
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