Ring of Fire: The Music of Johnny Cash im Deutschen Theater (Kritik)

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Auch wenn amerikanische Country-Musik sicher nicht zu den beliebtesten Genres in Deutschland gehört, von Johnny Cash hat jeder zumindest schon mal etwas gehört, und Lieder wie „Ring of Fire“ und „Walk the Line“ sind, spätestens nach der Verfilmung von 2005, sicherlich auch den meisten bekannt. Und so verwundert es auch nicht, dass das Musical „Ring of Fire“ von Richard Maltby Jr. nun auch in München wieder aufgeführt wird, und dass es am 15. Juli 2022 seine zweite Premiere seit 2019, nach 2,5 Jahren Coronapause, nun auch wieder im Deutschen Theater feiern kann. Wie so vieles, ist auch dies wieder eine sehr gute Idee gewesen.

© Susanne Bril

Gleich vorweg: Das Stück ist komplett in Englisch, auch noch in wunderbarem „american english“, und so ist es sicherlich nicht schlecht, wenn man sich davor schon etwas über das Leben des bekanntesten amerikanischen Countrysängers informiert, aber auch das ist nicht unbedingt nötig. Mit einer Laufzeit von etwas über zwei Stunden und insgesamt fast 30 Liedern muss man nicht lange überlegen, um darauf zu kommen, dass „Konzert mit Inszenierung“ eventuell besser passen würde als „Musical“, denn erzählt wird kaum, wenn dann im Hintergrund und meistens recht passend durch die Lieder selbst, welche zu großen Teilen sowieso autobiographisch angehaucht sind. So werden sie auch umgesetzt: Mit Liedern wie „Country Boy“ über seine Jugend, mit „I still miss someone“ über die ersten Tage in Memphis, mit „Ring of Fire“ über seine große Liebe June Carter, und mit „I walk the Line“ über sein letzten Tage. All diese sind sehr gut ausgewählt und umgesetzt, mit wechselnden Kostümen, wechselnden Rollen, mal mehr und mal weniger aufwendigen Lichteffekten. Die Anordnung ist dabei äußerst gelungen: Immer wieder wechseln sich langsame und nachdenkliche Songs mit echten Hits ab, zu denen auch im Publikum immer fleißig geklatscht wird, wodurch keine Durststrecken oder gar Langeweile aufkommt. Nur gegen Ende der Vorstellung tun sich kleine Längen auf, was aber kaum ins Gewicht fällt und natürlich auch mit dem wenig schönen Werdegang des Sängers zusammenhängt.

© Susanne Bril

Im Mittelpunkt von allem steht natürlich „The Company“, die Hauptbesetzung des Stücks. Gemischt aufgebaut aus Männern und Frauen, gibt es keine genaue Rollenverteilung: Alle sind sowohl Schauspieler*innen als auch Sänger*innen und Musiker*innen, und alle absolvieren ihre Aufgabe zur vollen Zufriedenheit. Grade wenn in Liedern wie „I’ve been everywhere“ alle zusammen singen, kommt das ganze Talent der Gruppe zum Ausdruck, denn auch wenn keiner so klingt wie Cash selbst, so kauft man es ihnen doch ohne Probleme ab; aber auch die Solo-Parts, wie „Sunday Mornin Comin Down“, genügen den Anforderungen, sofern man eben nicht erwartet, eine perfekte Coverband zu hören. Das möchte diese Gruppe aber auch gar nicht sein.

Der Musical-Part des Stücks spielt dabei quasi auf zwei Ebenen: Zum einen wird die Geschichte Cashs biographisch erzählt, zum anderen werden aber auch seine Lieder inszeniert, wie im Beispiel einer Westerngeschichte mit „A boy named Sue“. Das passt zwar, könnte aber Zuschauer mit weniger guten Englischkenntnissen womöglich verwirren, da hier Realität und Fiktion sehr stark gemischt werden. Trotzdem: „Ring of Fire“ ist ein tolles Stück und macht auch 2022 noch großen Spaß: Den Sänger*innen kann man den Spaß, den sie an der Sache haben, ansehen. Das steckt natürlich auch das Publikum an und sorgt damit für einen sehr gelungenen Abend im Deutschen Theater.

Kritik: Cedric Lipsdorf