Hurra, Hurra – „Pumuckl – Das Musical“ im Gärtnerplatztheater (Theaterkritik)

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Ganz München ist im Pumuckl-Fieber! Schon als der Vorverkauf begonnen hat, haben sich die Münchnerinnen und Münchner wie wild auf die Karten von „Pumuckl – Das Musical“ gestürzt und so alles in Windeseile ausverkauft – ohne auch nur einen einzigen Ton zu kennen! Denn das am 19. April 2018 Premiere feiernde Stück ist sogleich auch eine Uraufführung und ein Auftragswerk des Gärtnerplatztheaters, in welchem die kunterbunte Kult-Geschichte um den rothaarigen Kobold auch sein Zuhause gefunden hat. Dementsprechend gemischt ist auch das Publikum: vom jungen Vorschulkind bis zur älteren Dame ist jede Altersgruppe vorhanden, um sich bestens von den Geschichten des chaotischen Nervenbündels unterhalten zu lassen.

© Christian POGO Zach

Nicht nur imposant, sondern auch einfach fantastisch gestaltet, springt da sofort das Bühnenbild von Karl Fehringer und Judith Leikauf ins Auge. In der Mitte der Drehbühne das etwas verzerrt gestaltete Panorama von München in Form von der Frauenkirche, finden sich an jeder Seite der Drehbühne noch einmal weitere Kulissen: die Wirtschaft, die von einer Schulklasse überfallen wird, die darauf aus ist, ein Bier zu bekommen; das Wohnzimmer der Gräfin, in dem ein 200 Jahre alter Vorfahre spucken soll (letztendlich ist es natürlich nur Pumuckl); das Essenszimmer eines streitenden Ehepaares und eben einfach: die Werkstatt von Meister Eder. Ähnlich dreigeteilt gestaltet sich auch die Handlung des neuen Stückes von Anne X. Weber, nach einer Vorlage von Ellis Kaut: erst einmal kommt der Pumuckl natürlich zu Meister Eder und man lernt alle Leute rund um das Geschehen kennen, anschließend gelangt der Kobold aus Versehen in das Haus der Gräfin und spukt dort ein wenig herum. Zum Abschluss streiten sich die beiden Akteure und der rothaarige Klabautermann-Nachfahre zieht kurzzeitig zum Schlosser Schmitt um (die Ehestreit-Szene von Stefan Bischoff und Ulrike Dostal im 2. Akt: köstlich und ein Highlight des Abends!). So bleibt die gesamte Spielzeit von doch knapp zwei Stunden durchgehend interessant, wenngleich man die Zeit doch merkt, was überhaupt nicht negativ auffällt. Im Gegenteil: vor allem im zweiten Akt möchte man gar nicht, dass es dann doch irgendwann zu Ende gehen muss.

© Christian POGO Zach

Man könnte meinen, eine Thematik wie Pumuckl hätte nun wirklich schon alles ausgeschöpft, was man auch nur irgendwie ausschöpfen könnte. Die Dialoge und selten ulkigen Sätze beweisen zum Glück das Gegenteil. Wenn Meister Eder also Schuberts erwähnten „Paradox“ mit der Gegenfrage „A Ochs?“ erwidert, muss der ganze Saal unfreiwillig lachen. Auch nach einem kleinen Zwetschgen-Debakel in der Schreinerstube wirken Sätze wie folgender einfach nur genial und frisch: „In meiner Werkstatt will ich schreinern und nicht Zwetschgenslalom laufen.“
Allgemein lebt „Pumuckl – Das Musical“ so stark von der mit vollem Herzblut ausgelebten Detailtreue. Ob die schwäbische Kundin Frau Steinhauser gleich zu Beginn mit „I <3 Karlsruhe“-Jutebeutel in den Raum kommt oder die beiden Dienstmädchen Vroni und Vreni bei der Gräfin in einer kleinen Nebenhandlung ihre Angst besingen, einen Blutfleck abzuwischen, während sie doch einerseits viel lieber mit dem „hübschen Toni“ und weniger lieber mit dem „dicken Franz“ tanzen würden. Solche kleinen Nebengeschichten halten selbst die kleinsten Zuschauer mit voller Konzentration am Ball – Langweile flammt zu keiner einzigen Sekunde auf.

© Christian POGO Zach

Ganz besonders positiv hervorzuheben: die Musik von Franz Wittenbrink. Ihm gelingt es, neuartige Melodien zu kreieren, die dennoch vollkommen nach Musical klingen und zu jeder Sekunde familienfreundlich bleiben. Diese überraschend tolle Musik kommt aber natürlich nur mit nicht minder großartigen Darstellern aus. Benjamin Oeser, bis vor zwei Jahren noch an der Theaterakademie August Everding am Prinzregententheater, schlüpft hier in die Hauptrolle, den Pumuckl, und spielt und singt die rothaarige Nervensäge mit vollem Körpereinsatz und vollem Elan. Dabei kommt er sowohl optisch als auch stimmlich seiner Figur ganz nahe – fast schon schade, dass man Oeser dieses Mal gar nicht mit seiner üblichen Singstimme singen hören kann, die wohl zu den vielversprechendsten Musicalstimmen des Landes gehören. Genauso eine Traumbesetzung ist Ferdinand Dörfler als wunderbar in Bairisch grantelnder Meister Eder, der überraschenderweise auch gesanglich sehr tonsicher unterwegs ist. Ebenfalls hervorzuheben sind Dagmar Hellberg als Frau Steinhauser und Angelika Sedlmeier als ihre Tochter Monika – beide spielen angenehm kauzig und „krachert“, dass man vermehrt auch lautstarkes Gelächter im Theater vernehmen kann.

„Pumuckl – Das Musical“ macht also alles richtig, was richtig gemacht werden kann: ein detailreiches Bühnenbild, fantastische Musik, eine liebevolle Inszenierung, großartige Schauspieler und einfach überall spürbar – wahnsinnig viel Herzblut.

Kritik: Ludwig Stadler

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