I’m Outta Love – Night Of The Proms 2023 in der Olympiahalle (Bericht)

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Alljährlich zieht die Night Of The Proms durch die deutschen Arenen und bezeugt seit über 30 Jahren mit einem genauso einfachen wie effizienten Konzept: Klassik meets Pop. Crossover ist ein essenzieller Teil der Musik seit jeher, eröffnet er doch neue Genres und Perspektiven einem Publikum, die vielleicht sonst damit gar nicht in Berührung gekommen wären. Dementsprechend stehen neben einigen Auszügen aus Opern und Orchesterwerken auch jedes Jahr Gaststars auf der Bühne, die der geneigten Radio-Hörer*in immer ein Begriff sind. In den vergangenen Jahren waren von Alan Parsons zu Tim Bendzko bis zu The Beach Boys eine beachtliche Liste zu Gast – auch dieses Jahr kann sich das Line-Up definitiv sehen lassen: Toto, Anastacia, James Morrison, Camouflage und Aura Dione. Die drei Vorstellungen am 15., 16. & 17. Dezember 2023 in der Olympiahalle München sind daher wenig überraschend ausverkauft.

© Marc Metzler | mTwo Media

Die Night Of The Proms gestalten sich mehr wie eine durchgetaktete Show als ein übliches Arena-Konzert. Durch den Abend führt Moderator Marcus Fahn, der mit Informationen zu den klassischen Werken, manchen Anekdoten und ein paar Auflockerungen kreativ das Programm präsentiert. Und der gestaltet sich doch recht lange: Einschließlich einer Pause musizieren die Beteiligten über drei Stunden und halten das klatschfreudige fleißig auf Trab. Der schönste Moment des Abends findet gleich in der ersten Hälfte statt. Das Antwerp Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Alexandra Arrieche spielt ein Medley aus Strauss-Walzern – und das Publikum tanzt. Hunderte Besucher erheben sich und nutzen jedes freie Plätzchen in der Olympiahalle, um sich einige Minuten zu den legendären Stücken zu bewegen. Ein bei so einem Konzertshow-Format ungewöhnlicher und genau dadurch wundervoller Moment.

Neben den Pop- und Rock-Stars gibt es alljährlich einen Klassik-Solisten – dieses Jahr fällt dieser Posten auf Cellist Nathan Chan. Ein komplettes Cello-Konzert spielt er natürlich nicht, aber immer wieder darf er in solistischen Momenten glänzen und sammelt auch reichlich Sympathie-Punkte beim Publikum, indem er in euphorischen Ansagen seine Mitmusiker*innen lobt. Für Kollaborationen ist er mehr als offen – das zeigt sich im „Gangsta’s Paradise“-Cover mit James Morrison oder sein Solo bei Anastacias Version von Udo Lindenbergs „Cello“. Gemeinsam mit dem – vor allem in einer Arena! – nuanciert spielenden Orchester, dem starken Chor und der tighten Hausband glänzt Chan aber dann doch am meisten – und die Gaststars sowieso.

© Marc Metzler | mTwo Media

Attraktiv für die Musiker*innen dürfte, neben der Gage selbstverständlich, wohl vor allem die Idee sein, die eigenen Werke mit Orchester performen zu können. Aura Dione, die im ersten Teil drei ihrer Hits performt, scheint genau diese Klangkulisse gleich zu genießen, hüpft über die Bühne und bringt das Publikum zu Laola-Wellen. Songs und Stimme der Dänin sind wohl immer schon Geschmackssache, einen objektiv gelungenen Auftritt kann der Sängerin aber niemand absprechen. Dennoch ist es Anastacia, die Dione stimmlich und performativ schnell in den Schatten stellt. Ihre etwas quirlige, äußerst sympathische Art und das Vorstellen allerlei Musiker*innen weiß sofort zu gefallen und zeigt, dass sie wirklich mit Herzblut dabei ist – die gesanglich grandiose Leistung bei ihren Hits unterstreicht das nur noch einmal. Ein Highlight kreieren übrigens Anastacia und James Morrison im zweiten Block, als sie „Broken Strings“ gemeinsam anstimmen und sich in ihren Stimmen fast besser ergänzen als im Original mit Nelly Furtado. Stark!

© Marc Metzler | mTwo Media

Dabei gelingt schon der Einstieg von James Morrison mit seinem großen Hit „You Give Me Something“ bestens, seine raue Stimme zeigt sich in bester Verfassung und sorgt für großen Jubel. Aufstehen und Mittanzen ist aber erst angesagt, als Camouflage den ersten Akt abschließen und ihre zwei großen 80er-Jahre-Hits „Love Is A Shield“ und „The Great Commandment“ darbieten – das erreicht die Zielgruppe komplett. Wenig überraschend dürfte dennoch sein, dass das größte musikalische Highlight zum Schluss in Form von Steve Lukather und Joseph Williams erscheint. Die beiden Kern-Mitglieder von Toto haben ganze fünf ihrer unzähligen Hits im Gepäck und erlangen schon zu Beginn mit „Stop Loving You“ die Herzen der Münchner*innen. Williams Stimme ist dermaßen stark und zielsicher, dass man hier nur den Hut ziehen kann und abermals versteht, wieso Toto in der allerobersten Liga hochwertiger Rockmusik spielen. Grund dafür sind nicht zuletzt die einzigartigen Kompositionen von Lukather, die unlängst zu Welthits geworden sind. Nur konsequent also, dass „Hold The Line“, gemeinsam gesungen von allen Musiker*innen, den Abend abschließt und das Publikum glücklich in den vorweihnachtlichen Winter entlässt. Was für eine fantastische Show!

Bericht: Ludwig Stadler

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