Nach Jahren der Straßenmusik hat der Sänger Fil Bo Riva seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und geht gerade mit seinem Debütalbum „beautiful sadness“ auf Tour. Am 9. Mai 2019 hat er bereits vor einer ausverkauften Muffathalle gespielt, wovon wir schon berichteten. Davor haben wir uns noch mit ihm im Backstage-Bereich zwischen Gitarrencases und Taschen getroffen und mit ihm über das Leben auf Tour und Inspiration gesprochen.
Kultur in München:Schön, dass es geklappt hat! Wie geht’s dir, schon ein bisschen aufgeregt?
Ja, tatsächlich. Wir waren die letzten zwei Wochen auf Tour und hatten dann fünf Tage Pause. Jetzt fangen wir wieder an, das heißt heute ist die zweite Show in diesem Durchlauf. Es ist auch die zweitgrößte Show der Tour. Das ist schon ziemlich schön.
Kultur in München: Eigentlich lebst du gerade in Berlin. Wie ist es denn dann für dich in München zu sein, die Städte sind ja in vielen Dingen sehr gegensätzlich.
Ich mag München sehr. Ich habe hier sogar mal ein Jahr lang gewohnt. Meine Mutter kommt eigentlich auch aus Bayern, deswegen ist München schon fast mein zweites Zuhause. Teilweise sogar mehr als Berlin, weil ich hier Familie und viele Freunde habe und mich gut auskenne.
Kultur in München:Dann ist das Konzert heute Abend ja fast ein Heimspiel für dich.
Ja, fast (lacht).
Kultur in München:Du bist ja allgemein schon sehr viel herum gekommen in deinem Leben – Rom, Madrid, Irland – liebst du das Leben auf Tour und würdest du am liebsten in den Nightliner ziehen oder findest du es dann schöner nach Hause zu kommen und wieder in bisschen mehr Ruhe zu haben?
Ich liebe es tatsächlich mehr, zuhause zu sein. Ich mag auch das Touren im Nightliner, das haben wir dieses Mal auch das erste Mal ausprobiert, aber es ist Geschmacksache. Es ist nicht schlecht, aber es ist kein Ort, wo man für sich sein kann. Man genießt die Tour, klar, es ist aber mehr wie eine Klassenfahrt. Die ganze Zeit Sachen machen, mit Leuten zusammen sein, das ist schon spannend, ich brauche dann aber auch immer mal wieder Zeit für mich. Deswegen würde ich auf gar keinen Fall dauerhaft mit dem Nightliner unterwegs sein wollen.
Kultur in München:Das kann ich mir vorstellen. Du hast ja deinen sehr eigenen Stil, wie kommst du denn so auf deine ganzen Ideen? Was inspiriert dich denn so?
Insgesamt musikalisch und auch von den Lyrics her, bekomme ich Inspiration aus dem Alltag. Viel auch von den Songs und den Musikern, die ich aktuell höre oder die mich in der Kindheit geprägt haben.
Kultur in München:Welche sind das?
Besonders sind das die Beatles. Vom Songwriting her und von der Art Harmonien zu benutzen. Ich lerne noch viel und probiere viel aus und versuche aber auf jeden Fall nicht zu kopieren. Die Songs klingen meiner Meinung nach auch nicht sonderlich nach den Beatles. Und trotzdem sind sie die größte Referenz, wenn es um Harmonien und den Sound geht.
Kultur in München:Du hast mal in einem anderen Interview erzählt, dass du auf einem Konzert von Paul McCartney warst und dass das eines deiner Lieblingskonzerte war, stimmt das?
Ja, das war das erste richtige Konzert in meinem Leben. 2001 in Rom war das. Danach hab ich ihn nochmal vor ein paar Jahren in Berlin gesehen. Würde ich auch jederzeit wieder tun!
Kultur in München:Jetzt wieder zurück zu deiner Musik, was ist denn dein Lieblingssong von deinem aktuellen Album „beautiful sadness“?
Für mich ist es momentan „l´impossibile“, einfach nur so vom Gefühl her. Es geht mir da auch nicht um die Produktion, sondern wie der Song entstanden ist und um die Geschichte. Es ist einfach ein Lied, was mich ganz besonders stolz macht, weil es etwas Neues verkörpert.
Kultur in München:Körper als Stichwort: Warum hast du dich für das Albumcover entschieden, was hat dich da besonders angesprochen?
Ich hatte von Anfang an die Idee eine Art Gemälde zu haben. Und ich habe dann mit meiner Freundin angefangen Sachen auszuprobieren, Skizzen anzufertigen und so weiter. Ich bin da eher so der Zeichner mit dem schwarzen Stift und da habe ich dann rumprobiert und skizziert. Sie hatte dann die Hauptarbeit und hat alles so realisiert, wie ich mir das vorgestellt habe. Und so kam das Albumcover heraus, was für mich jetzt wirklich perfekt ist. Es hat sich eigentlich alles aus dieser Hand entwickelt, die eine Skizze von mir war und ich fand die Idee schön, diese Hand weiterzuentwickeln. Ich hatte wirklich tausend Skizzen angefertigt und die mit der Hand und den Frauen erschien mir da als die Beste.
Kultur in München:Viele lassen ihr Cover von Designagenturen anfertigen, du hast aber also bei dir die meiste Arbeit selbst gemacht?
Die Hauptidee stammt von mir, ja.
Kultur in München:Wenn du deinem früheren Teenager-Ich etwas sagen könntest, was wäre das?
Tatsächlich würde ich dem jüngeren Filippo raten, die Musik früher ernst zu nehmen. Das heißt einfach nur als Test. Ich würde gerne wissen, was passiert wäre, wenn ich früher angefangen hätte Musik als Beruf wahrzunehmen, so mit 16, 17, 18. Ich bin neugierig, wo ich jetzt wäre, wenn ich nicht erst mit 22 wirklich angefangen hätte. Ob ich jetzt schon drei Alben hätte oder die Producer gesagt hätten, ne danke das war´s.
Kultur in München:Du hast ja gerade auch selbst gesagt, dass du dich relativ früh in deiner Karriere befindest. Die Muffathalle ist heute Abend komplett ausverkauft, das ist schon eine große Nummer. Was ist es dann für ein Gefühl für dich, vor so vielen Leuten zu spielen?
Wenn man das dann überdenkt und sich bewusst macht, wie viele es sind, ist es schon krass. Wenn man im Alltag vom Booking die Nachricht bekommt, dann ist das noch nicht so. Aber wenn man am Konzerttag selbst reingeht und Soundcheck macht, dann wird man langsam etwas aufgeregt.Vor zwei Jahren waren wir hier ja mit Ego fm und die Vorstellung, dass heute alle nur für uns kommen, ist schon schön.
Kultur in München:Deine Anfänge liegen ja auch eigentlich in der Straßenmusik, das hast du lange Zeit gemacht. Könntest du dir jetzt, obwohl du schon berühmter geworden bist, trotzdem noch vorstellen Straßenmusik zu machen?
Ich glaube schon. Obwohl der Hauptgrund für die Straßenmusik eigentlich der war, dass ich nach Berlin gezogen bin um zu studieren und Musik zu machen. Und da war dann der Hauptgedanke: Wie und wo kann ich anfangen zu spielen? Meine größte Angst war immer, die Musik Fremden zu präsentieren und vor ihnen zu spielen. Ich dachte, wenn ich in einer Bar spiele, dann sitzen die Leute da und gucken einen an. Bei der Straßenmusik ist das viel unpersönlicher, sie schauen einem schon zu, gehen dann aber an dir vorbei. Und ich dachte, wenn ich mich vor der U-Bahn hinstelle, stoppen von 100 Leuten maximal 2. Und das fand ich mega gut, weil ich dadurch die Möglichkeit hatte, frei zu spielen und mich daran zu gewöhnen vor Menschen zu singen. Hat auch ganz gut geklappt.
Kultur in München:Gab es da eine Situation, die dir besonders im Kopf geblieben ist?
Tatsächlich nicht wirklich, nee. Es war immer sehr sehr unpersönlich und es war auch nie so, dass die Leute unglaublich begeistert gewesen wären. Wir haben uns bewusst auch Orte rausgesucht, an denen man nicht ankommen will. Wir waren nie auf der Straße, wenn dann eher in U-Bahn-Durchgängen. Also da wo die Leute am schnellsten durchlaufen, weil sie irgendwohin müssen. Ich weiß nicht, ob wir jemals dort hätten spielen können, wo Menschen dann wirklich anhalten und stehen bleiben. Das wäre uns noch zu groß gewesen.
Kultur in München:Zum Glück hat sich das ja geändert. Wie geht es denn jetzt nach der Tour für euch weiter? Was sind so eure Pläne?
Wir haben Sommerfestivals geplant, in Deutschland und im Ausland. Dann werden wir sehr wahrscheinlich ein bisschen Pause machen, aber parallel trotzdem weitere Sachen aufnehmen. Also was einfach am meisten Spaß macht neben den Konzerten, ist wirklich Songs zu produzieren und aufzunehmen. Das ist etwas, das aus dem Nichts kommt und was man gestalten kann. Einfach für Freunde und mich Sachen aufnehmen und sehen, was draus wird. Das ist sehr spannend.
Kultur in München: Dann freuen wir uns schon auf dein nächstes Album, das ja vielleicht bald kommt. Vielen Dank dir für das Interview und viel Spaß beim Konzert!
Interview (Planung, Durchführung & Nachbearbeitung): Kim Fischer