kenn ick. – Felix Lobrecht im Schlachthof (Bericht)

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Dass die Schlange vor dem Wirtshaus zum Schlachthof an diesem Montagabend, 26. März 2018, fast bis zur Straße reicht, scheint wenig verwunderlich: Felix Lobrecht, sympathischer Berliner Stand-Up-Comedian und ehemaliger Poetry-Slam-Meisterbarde, besucht zum dritten Mal in seinem Programm-Zyklus den Schlachthof, um nur knapp einen Monat nach seinem letzten Auftritt dort wieder sein Solo „kenn ick.“ zu präsentieren – was er zum dritten Mal ausverkauft in München tut. Der Run auf den Berliner könnte wohl aktuell kaum größer sein, was sich vor allen daran zeigt, dass größtenteils Gäste in den Schlachthof-Saal hinein strömen, die absolute Erstbesucher sind und noch nichts vom aktuellen Programm kennen. Dreimal mit fast komplett unterschiedlichem Publikum ausverkaufen – schon vor der ersten Minute ein garantiertes „Hut ab!“

© Daniel Seiffert

Es ist kurz vor 20 Uhr, als das Licht ausgeht und die irgendwie recht bekannte Stimme aus dem Off den Star des Abends ankündigt. Das liegt letztendlich daran, dass Felix Lobrecht sich kurzerhand selbst ankündigt und damit auch gleich für den ersten Lacher des Abends sorgt, mit der simpelsten Sache der Welt, an welche sich trotzdem die wenigsten Comedians herantrauen: Selbstironie. Im Laufe der Zeit sollte Lobrecht aber noch oft genug fleißig Witze über Andere machen, seien es die altbekannten Minderheiten, ach so schrecklichen Grenzüberschreitungen und die vielleicht tatsächlich fragwürdigste und konzeptloseste Firma der Welt, nämlich Tchibo.

Lobrecht ist derb und kennt kaum Grenzen, ohne Frage. Doch genau das ist es wohl, was die Leute immer wieder anzieht, denn die Witze sind weder plump und selten niveaulos, sondern fast immer auf den Punkt und gelegentlich einfach unfassbar clever. Natürlich spielt auch er sich mit den üblichen Hannover-Klischees und witzelt darüber, dass der Auftritt in Schwerin wohl doch nicht so ganz glorreich verkauft gewesen sei; selbst die bayerische Sprache wird natürlich ein wenig veräppelt, indem er laut über die Vielseitigkeit des Wortes „Fotze“ im Bairischen nachdenkt, da es neben dem Verb einer gewalttätigen Aktion und dem pejorativen Ausdruck für einen weiblichen Menschen auch einen Begriff für das Sprechorgan, den Mund, darstellt. Und dann beginnt man plötzlich selbst zu schmunzeln.

© Daniel Seiffert

Selbst schmunzeln, das muss man öfter an diesem Abend. Wieso machen die Leute eigentlich nach dem Trinken von Wasser immer ein „Ahh“-Geräusch? Gute Frage, denn so eine richtige Antwort gibt es darauf nicht und an so etwas wirklich Banales denken, so etwas bemerken, das ist kaum mehr der Fall. Doch genau solche kleinen Bemerkungen machen die Genialität und die absolute Rechtfertigung des Erfolgs aus, ebenso wie Anekdoten aus Berlin zum Alltagsrassismus als auch tatsächliche Kritik an der deutschen Comedy-Führungsriege, mit großem Blick zu einem 45-jährigen Kollegen, dessen Nachname die Bezeichnung dafür ist, was Lobrecht nicht im Gesicht trägt, nur mit einem H dahinter.

Besonderes Highlight im zweiten Block des Programms: die FAQs von Felix Lobrecht. Amüsant beantwortet er einige Fragen, die man sich vielleicht tatsächlich schon einmal gestellt, aber aufgrund der Belanglosigkeit noch nicht zum Künstler gerichtet hat. Er selbst nimmt das als Möglichkeit, neben einigen kleinen Pointen-Blöcken, die natürlich vom Thema abweichen, auch ein paar ernstere Worte zu finden und ehrlich und ernsthaft von seinem Leben zu erzählen. Abgesehen von der Frage, wie er denn München fände, da hat er dann doch keine klare Antwort gegeben, er verweigere die Aussage. Dem Publikum ist das egal, denn nach dem letzten Werbeblock und pechschwarzen Witz, zündet Lobrecht kurzerhand einfach selbst eine goldene Konfetti-Kanone über sich und verlässt die Bühne.

Doch, dieses 105-minütige Programm, es ist äußerst gelungen. Die Vorfreude auf den neuen, im September 2018 Premiere feiernden Zweitling „hype“ ist groß!

Bericht: Ludwig Stadler

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