40 Jahre sind eine lange Zeit – vier Jahrzehnte, fast ein halbes Jahrhundert. So lange ist es mittlerweile aber her, dass Europe ihr erstes Studio-Album veröffentlicht haben. Die schwedische Rock-Band ist seitdem nicht nur von den Bühnen der Welt wegzudenken, im Gepäck unzählige Rock-Hits und ganz besonders einen unsterblichen Klassiker, der wohl zu den bekanntesten Liedern der Musikgeschichte zählen dürfte: „The Final Countdown“. Erst vergangenes Jahr waren sie als Special Guest von Whitesnake im Zenith zu Gast, wie wir berichteten, nun sind sie am 5. Oktober 2023 im Circus Krone.
„The Time Capsule 40th Anniversary Tour“ nennt sich die Tournee-Reise durch die vielleicht beachtlichsten Konzertlocations in Europa – darunter der Berliner Admiralspalast, das Opernhaus Oslo oder zwei Abende im Londoner Palladium. In München geht es in den historischen Circus Krone, den sie bereits zweimal zuvor bespielt haben. Seit langem sind die Tickets vergriffen, allein das Konzept dürfte gezogen haben: keine Vorband, dafür ein „An Evening with“, also etliche Hits, viele Deepcuts und das alles in außerordentlich viel Spielzeit. Ungewöhnlich für Europe, die sich in ihren 90 Minuten-Sets recht wohl fühlen, aber wohl auch genau deshalb eine Chance auf viele interessante Nummern. Bevor es damit losgeht, startet um 20 Uhr erst einmal ein kleiner, 8-minütiger Film über die Anfangs- und Gründungszeit der Band, wie sich die Mitglieder kennenlernten und schlussendlich ihr erstes Album aufnahmen. Dann aber: der Vorhang fällt und Europe starten mit „On Broken Wings“, den man zuletzt in den 80ern auf der Bühne hören konnte.
Natürlich wird das nicht die einzige Rarität von früher bleiben, mit dem folgenden „Seven Doors Hotel“ und dem späteren „Memories“ sind sogar zwei Stücke aus dem allerersten Album dabei, was das besagte Jubiläum feiert, ebenso rutscht auch die brandneue Single „Hold Your Head Up“ in die Setlist. Allgemein bemüht man sich um ein recht ausgewogenes Programm mit Blick auf die 80er – logisch, denn das ist auch immer noch die erfolgreichste Zeit der Schweden. Nichtsdestotrotz ist auch von jedem der neueren Alben seit der Reunion 2003 mindestens ein Song vertreten – und rein musikalisch bringen gerade diese Lieder einen ungemeinen Mehrwert, denn selbst wenn der große kommerzielle Erfolg ausblieb, sind die neueren Alben von einer Reife und ausgereiften Musikalität geprägt, die einen irren Hörgenuss mit sich bringt. Und: Härte. Denn Lieder wie „War Of Kings“ und „Last Look At Eden“ sind die Nummern mit den eingängigen und definierten Riffs.
Richtig viel zu tun hat Frontmann Joey Tempest aber immer dann, wenn die 80er ausgepackt werden – die Glam Rock-Phase war gesanglich doch recht anspruchsvoll. Doch auch mit 60 Jahren und ausführlicher Spielzeit gelingt ihm das bestens und er klingt stimmstark wie eh und je. Allgemein präsentiert sich die gesamte Band extrem tight und spielerisch auf hohem Level, sodass die Zeit in rasender Geschwindigkeit verfliegt, weil man diesen Männern ihre Spielfreude jederzeit ansieht. Auch hat jeder einen längeren solistischen Moment und seine Möglichkeit, eine Ansage an die Münchner*innen zu richten. Die jubeln laut, stehen seit dem ersten Song im eigentlich vollbestuhlten Krone und stürmen zur Zugabe auch noch den Platz zwischen Reihe 1 und der Bühne, um bei „Cherokee“ und – natürlich – „The Final Countdown“ absolutes Rock-Konzert-Feeling zu erzeugen.
Unterbrochen von einer 20-minütigen Pause, beenden Europe erst um 22:50 Uhr ihre ausführliche Live-Werkschau. Für diesen mitreißenden und schlichtweg beachtlichen Auftritt gibt es zurecht lange euphorischen Applaus. Was für ein mächtiges Gastspiel!
Setlist: On Broken Wings / Seven Doors Hotel / Rock The Night / Start From The Dark / Walk The Earth / Hold Your Head Up / Dreamer / War Of Kings / Vasastan / Girl From Lebanon / Carrie / Stormwind / Always The Pretenders / Ninja / Prisoners In Paradise / Sign Of The Times / Space Oddity (David Bowie cover) / Last Look At Eden / Open Your Heart / Memories / More Than Meets The Eye / Ready Or Not / Superstitious – Zugaben: Cherokee / The Final Countdown
Bericht: Ludwig Stadler
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