Still Of The Night – Whitesnake & Europe im Zenith (Bericht)

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Erst am 12. Juni luden Foreigner und Saga zur Munich Rock Night in die Olympiahalle, nun, nur knapp eine Woche später, findet das nächste Highlight der 80s Rock-Musik in der bayerischen Landeshauptstadt statt: Whitesnake mit very special Guest Europe! Die legendäre britische Rock-Band begibt sich auf eine letzte „Farewell Tour“, spielt noch einmal die Hits der vergangenen 44 Jahre und holt sich dabei mit Europe so namhafte Unterstützung, dass sie dringend überall Erwähnung finden müssen. Das Zenith an diesem Sonntag, 19. Juni 2022, füllt sich gemächlich, aber doch bemerkenswert. Auch wenn die Preise nicht allzu günstig für das Gastspiel sind, haben die Münchner offensichtlich reichlich Lust auf Gitarrenmusik der vergangenen Jahrzehnte.

Pünktlich um 19:30 Uhr starten dann auch Europe ihr 60-minütiges Set – und wie! „Walk The Earth“ vom jüngsten gleichnamigen Album sorgt für einen klanggewaltigen Startschuss, die kommenden Songs untermauern all das noch einmal – hier geht es rund, hier wird’s rifflastig, hier wird’s sogar symphonisch. Sänger Joey Tempest und seine musikalischen Kollegen sind mit purer Spielfreude am Werk und rattern mit ordentlichem Tempo durch satte 12 Songs. Wer Balladenlastigkeit erwartet, wird enttäuscht – die Schweden packen mit „Last Look At Eden“ und „Hole In My Pocket“ sogar die schweren Geschütze aus und bringen das sowieso schon brühwarme Zenith noch mehr zum Kochen. 18 Jahre sind seit der Wiedervereinigung vergangen, vor 43 Jahren hat die Reise der Band begonnen, damals noch unter „Force“. Ein langer, ein weiter Weg, der in einem epochal starken Auftritt in München mündet. Und wie könnte man besser abschließen, als mit dem ultimativen Hit: „The Final Countdown“.

Setlist: Walk The Earth / Rock The Night / Scream Of Anger / Carrie / Last Look At Eden / Sign Of The Times / Hole In My Pocket / Open Your Heart / Ready Or Not / Superstitious / Cherokee / The Final Countdown

© Kat Benzova

Dass hier ordentlich vorgelegt wurde, lässt die Erwartung auf den Headliner noch einmal ordentlich steigen. Der lässt glücklicherweise nicht allzu lange auf sich warten, um 20:55 Uhr betreten Whitesnake die Bühne. Dass sie in puncto Geschwindigkeit und Gitarrenwucht ihren Vorgängern in nichts nachstehen, beweisen sie sofort mit „Bad Boys“ und „Slide It In“. Besonders Schlagzeuger Tommy Aldridge zieht gleich zu Beginn alle Blicke auf sich, sein enthusiastisches und zugleich extrem starkes Spiel fällt sofort in den Fokus. Mit knapp 72 Jahren ist er zwar der älteste Musiker auf der Bühne, zugleich aber auch der körperlich aktivste – das stellt er nicht zuletzt in einem furiosen Drum-Solo unter Beweis, dass er, nach pausenlosem Bespielen aller Bestandteile des Drumsets, sogar ohne Drumsticks fortsetzt und auch in dieser Disziplin glänzt. Doch auch Gitarrist Reb Beach und Keyboarder Dino Jelusić wissen fraglos in Soli zu überzeugen und fügen einer starken Instrumental-Fraktion reichlich Strahlkraft hinzu.

Im Fokus aber vor allem: David Coverdale. Der Frontmann von Whitesnake ist zugleich ihr Gründer, das Gesicht, die Seele. Während sich die Musiker*innen um ihn herum über die Jahrzehnte unzählige Male gedreht haben, bleibt er konstant das Aushängeschild. Dennoch, mit 70 Jahren, neigt sich diese Zeit der Band langsam dem Ende zu, das hört man mittlerweile auch stimmlich. Coverdale nimmt in München trotz allem die gesamte Kraft zusammen und gibt eine Performance ab, die sich sehen lassen kann: er spart nur manchmal hohe Töne aus und liefert vor allem gegen Ende hin, im Gegensatz zu anderen Konzerten der Tour, beachtlich mit ordentlich Stimmvolumen ab. Seine Performance, die Rockstar-Posen, die hat er sowieso drauf wie keiner – und das Charisma. „Ich bin ein Bayer“, sagt er einmal verschmitzt, als er von der Zeit erzählt, als er am Ammersee gelebt hat. Auch einige Whitesnake-Alben seien hier entstanden, in den legendären Musicland Studios im Arabellahaus – dem Studio, in dem auch die Rolling Stones, Led Zeppelin, ELO, Elton John und vor allem Queen Alben aufgenommen haben. Die Band ist also tief verwurzelt in München – wohl auch ein Grund, wieso sie hier eine so außerordentliche Leistung abliefert.

Zwar besteht die Setlist nur aus 13 Songs, am Ende wird aber nichts langgezogen oder wirkt zäh und die Spielzeit ist mit 85 Minuten doch absolut solide – in Anbetracht der Geschwindigkeit, der Hitze und dem Abklappern aller Hits ist wirklich nicht mehr nötig. Whitesnake verabschieden sich mit „Burn“, dem Klassiker aus Coverdales Zeit bei Deep Purple. Ein mächtiger Abschied, ein würdiger. Und ein rundes und äußerst gelungenes Konzert. One last time: Here I Go Again!

Setlist: Bad Boys / Slide It In / Love Ain’t No Stranger / Hey You (You Make Me Rock) / Slow An‘ Easy / Ain’t No Love In The Heart Of The City (Bobby Blue Band cover) / Fool For Loving You / Crying In The Rain / Is This Love / Give Me All Your Love / Here I G0 Again / Still Of The Night / Burn (Deep Purple song)

Bericht: Ludwig Stadler