Prominent besetzter Nonsens – „Der Watzmann ruft“ im Deutschen Theater (Kritik)

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Ralph Siegel, Bernhard Prinz, Barney Murphy und Günther Sigl von der Spider Murphy Gang und viele mehr – sie alle kamen am Mittwoch, 18. April 2018, ins Deutsche Theater, um sich die Neuinszenierung des Ambros-Kultmusical „Der Watzmann ruft“ anzusehen. Eine gute Basis dafür ist alleine schon die Besetzungsliste: Joesi Prokopetz und Christoph Fälbl als Urgesteine der österreichischen Comedyszene, Klaus Eberhartinger, bekannt als Sänger der EAV, und als „Wolfgang-Ambros-Ersatz“ der bayerische Liedermacher Mathias Kellner. Die Zeichen stehen also äußerst gut, selbst die fünfzehnminütige Verspätung, da ein Ensemble-Mitglied im legendären Münchner Stau hängengeblieben ist, kümmert da eher wenig – bis dann letztendlich um 19:45 Uhr das Licht erlischt und die Alpengesänge beginnen.

© Lukas Beck

Selbst das obligatorische „mal eine Nacht drüber schlafen“ hat nicht so recht geholfen, um das einzuordnen, was die kommenden 130 Minuten folgen soll. Fraglos, es ist ein Kult-Musical und seit Jahrzehnten etabliert, wahrscheinlich genau aufgrund der kauzigen Belanglosigkeit und dem übertriebenen Slapstick-Humor. Nichtsdestotrotz sollte man sich in der Beschreibung „Alpen-Rock-Musical“ weniger auf letzteres als besser auf ersteres konzentrieren, denn in erster Linie ist das Werk genau das: ein musikalisch hinterlegtes Sketch- und Gaudistück. Wer einen Sinn darin sucht, der sucht lange. Wer eine Handlung erwartet, wartet vergebens, erst in der zweiten Hälfte ergibt sich immerhin so etwas Ähnliches wie ein roter Faden (Bua darf mit der Gailtalerin rummachen, wenn er den Berg hinaufsteigt -> er steigt den Berg hinauf). Stattdessen folgt eher eine Aneinanderreihung von Sketchen, jeweils von den beiden Knechten, dem Bua mit seinem Vater, dem Bauer, und jammernden (drei) Müttern oder eben der Gailtalerin, sozusagen dem verruchten Dorfmädel, das mit jedem (und jeder) rumbandelt und nun wieder zurück im Bergdorf ist.

Das größte Problem des Stückes ist dabei aber nicht einmal der absolute Nonsens, sondern die Tatsache, dass der Humor nur teilweise funktioniert. Vor allem im ersten Akt ist der Slapstick manchmal einfach zu viel, der Humor selbst für das Werk zu platt, es zünden weniger als die Hälfte der Gags. Wenn also Mathias Kellner über einen Zwerg singt und plötzlich ein Elektro-Auto mit darauf angeklebten Gartenzwerg hineinfährt, hadert man kurzzeitig, ob das jetzt irgendwie ulkig sei oder doch nur noch Fremdscham durchkommt. Dass die Charaktere dermaßen überspitzt dargestellt sind? Geschenkt, ansonsten würde das Gag-Feuerwerk nicht funktionieren. Dass aber eben einige Feuerwerkskörper dabei ordentlich ins Nichts schießen? Das ist bedauerlich.

Dabei ist das ganze Spektakel stark besetzt! Prokopetz und Fälbl als Ur-Watzmann-Schauspieler funktionieren sowieso bestens und bringen die kleinen, aber feinen Modernisierungen in den Dialogen der Neuinszenierung gekonnt rüber. Ein bisschen mehr Abwechslung hätten die eindimensionalen Charaktere aber doch verdient, das liegt wohl letztendlich am Libretto. Wer es aber wieder zurechtrückt und ein wesentlicher Grund dafür ist, dass vor allem der zweite Akt glänzt: Klaus Eberhartinger. Seine Gailtalerin ist zum Niederknien, kontert mit den besten Sprüchen des Abends und hat, ganz nebenbei, auch noch die stärksten Lied- und Gesangseinsätze – was anderes ist aber vom jahrzehntelangen EAV-Sänger nicht zu erwarten, als dass er schlichtweg abliefert.
Die Ambros-Band, die No. 1 vom Wienerwald, spielt routiniert und gekonnt in amüsanten Outfits von Hirsch bis Fliegenpilz. Der Kopf selbst ist zwar seit 2016 nicht mehr dabei, die Stelle nimmt hierbei aber nun Mathias Kellner für die München-exklusive Neuauflage ein – und das mit Erfolg. Anfangs noch etwas unsicher, weiß der Straubinger aber bald mit seiner außergewöhnlichen Stimme zu überzeugen und trägt so zum besten Teil des Abends bei: der Musik.

Es ist ein Spektakel, was da auf der Bühne aufgeführt. Und ohne Frage ist es ein amüsanter Trip mit wirklich guter Musik – aber eben auch ordentlich Abstrichen. Am besten ohne Erwartungen und gerne mit dem einen oder anderen Bier im Voraus reingehen – dann hat man schon seine Gaudi. 😉

Bericht: Ludwig Stadler

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