1997 wurde das Buch „Der Sammler der Augenblicke“ von Quint Buchholz veröffentlicht. Das Bilderbuch für Erwachsene wurde vielfach ausgezeichnet, ebenso wurde die Theaterfassung des Stücks, das inzwischen zum Repertoire des Metropoltheaters gehört, von der Presse in den Himmel gelobt. Ob das wirklich berechtigt ist?
Das Stück, das von Jochen Schölch inszeniert wurde, dreht sich um einen namenlosen Jungen, der von allen nur „Professor“ genannt wird, und dessen Freundschaft zu seinem Nachbarn Max, einem Maler, der als einziger wirklich auf den Jungen eingeht. Die Geschichte dieser Freundschaft wird dabei nicht gespielt, sondern lediglich von dem einzigen Schauspieler des Stücks, Gerd Lohmeyer, erzählt, der dieser Rolle aber dank eines sehr starken Schauspiels auch gerecht wird. Abgesehen von dessen Geige und einem alten Lederkoffer, der von einer Sitzgelegenheit bis zur Bibliothek vielerlei Aufgaben erfüllt, ist die Bühne leer. Auch die Musik ist minimalistisch gehalten. Neben der Hauptfigur ist die einzige Quelle der Musik das Akkordeon von Jolanta Szczelkun, die am Bühnenrand sitzt und vor sich hin spielt.
Was die Bühne angeht, ist der wichtigste Aspekt aber die große Leinwand, die sich hinter dem Schauspieler befindet. Zuerst zeigt diese nur dessen Gesicht, aber im Laufe des Abends noch viel mehr. Das Stück nimmt eine starke Wendung, als Max dem Jungen für eine Reise die Aufgabe gibt, in seiner Wohnung nach dem rechten zu sehen. Und nun endlich kann er auch die Bilder sehen, die vorher immer umgedreht an der Wand standen. Diese Bilder werden nun, animiert von Alisa Wimmer, eine sehr lange Zeit, nur begleitet von Musik, auf der Leinwand gezeigt. Die Bilder sind dabei allesamt schön. Sie zeigen Szenen des alltäglichen Lebens, sind aber immer von fantastischen Elementen durchbrochen, sei es nun ein fliegender Zirkuswagen oder ein gigantisches Geschenk. Auch interagiert der Schauspieler immer wieder mit diesen, zeigt, wie sich der Junge regelrecht in ihnen verliert. Aber genau bei den Bildern liegt auch das größte Problem des Stücks, denn die doch recht monotone Musik ergibt zusammen mit den abstrakten Bildern doch eine Wirkung, die man nur als einschläfernd betiteln kann. Und da sich diese Phase des Stücks auch sehr lange zieht, kann man es wohl niemandem übel nehmen, wenn er nach den ersten fünf Bildern nicht mehr in der Lage ist, noch mehr aufzunehmen. Vielleicht hat man es hier etwas übertrieben. So schön die Bilder auch sind; manchmal ist weniger dann doch mehr.
Nach den Bildern kommt der Mann dann wieder zu seinem Monolog zurück, und während er von seinem letzten Treffen mit Max berichtet, fragt man sich, was man eigentlich gerade gesehen hat. Sicher war es etwas Schönes, keine Frage, eine ästhetische Reise durch die Welt der Kunst. Und trotz des Fakts, dass das Stück nur knapp über eine Stunde lang ist, kam es einem doch wie eine Ewigkeit vor, gar nicht wie ein Augenblick.
Kritik: Cedric Lipsdorf