In eine Schublade haben die Thüringer Herren von Heaven Shall Burn wahrlich nie gepasst, viel zu viele Untergenres im Metal haben sie angespielt, eingebaut in ihre unzähligen Lieder – übrig bleibt ein wilder Mix aus Melodic Death Metal, Core-Elementen und ganz klassischen Heavy Metal. Mit diesem Konzept haben sie geschafft, die größte und relevanteste Band dieser Stilrichtung aus Deutschland zu werden. Spätestens seit dem Erfolgswerk „Veto“ aus dem Jahr 2013 sind sie auch international angekommen, aber damit auch dementsprechend massiver unterwegs gewesen. Zeit für eine Pause war es also die letzten zwei Jahre. Und so wurde ohne Zeitdruck, aber mit vielen Ideen das neueste Werk „Of Truth And Sacrifice“ komponiert, welches am 20. März 2020 erschienen ist.
Als beachtliches Doppelalbum präsentiert sich das 19-Track-starke Stück, aufgeteilt in „Truth“ und „Sacrifice“. Thematisch geht man zwar etwas intensiver auf die Oberbegriffe ein, aber eher ist es als ein Gesamtalbum zu verstehen, das sich keine Grenzen setzen muss. Bereits beim Intro und dem folgenden „Thoughts And Prayers“ wird der Kurs klar: wieder mehr Wumms, wieder mehr Riffs. Während „Wanderer“ sich etwas zurückhielt in der Härte, wird hier massiv angezogen, wie Nummern wie „Stateless“ und „What War Means“ eindrucksvoll beweisen. Besonders „Eradicate“, das mit einem wunderbar-trashigen Musikvideo der afrikanischen Wakaliwood Productions aufwartet, und „Übermacht“ gefallen, wobei letzterer mit elektronischen Elementen und einem Rammstein-gleichen Stampfriff daherkommt. Selbst vor knapp neun Minuten langen Tracks, wie „Expatriate“ so einer ist, schreckt man nicht zurück – zu viel gibt es zu sagen, zu groß ist die Ideenvielfalt.
Dabei wagt man auch durchaus Experimente, wie die zweite Album-Hälfte beweist. „La Resistance“ präsentiert sich dabei als schräge Aggrotech-Nummer, während „Truther“ wohl der knüppelhärteste Track sein dürfte, den die Band jemals geschrieben hat. „Weakness Leaving My Heart“ schließt die knapp 100 Minuten mit Streichern und ernsten, ganz und gar unpolitischen Aussagen ab. Wie das Orchester diese Spuren einspielt, kann man in der Dokumentation „Mein grünes Herz in dunklen Zeiten“ sehen, dass die Band während ihres Album-Prozesses, aber auch in ihrem Privatleben begleitet. Kurzweilig und informativ vergehen die knapp 80 Minuten, die einmal mehr zeigen, dass die Jungs aus Thüringen eben nicht nur eine weltweit erfolgreiche Band sind, sondern vor allem äußerst aufrechte Kerle, die etwas zu sagen haben, immer und immer wieder. „Die Haltung hat sich eine Band gesucht, nicht die Band eine Haltung“, sagt Gitarrist Maik Weichert im Film. Das gilt 1996 wohl wie auch 2020.
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Review: Ludwig Stadler