Was für ein irrsinniges Unterfangen, was sich die Kytes da vorgenommen haben: drei Shows an einem Abend, alle in München, die Größenordnung verschieden, der zeitliche Rahmen gerade einmal sechs Stunden. Die Lokalmatadoren wurden da natürlich besonders kritisch beäugt, ob das denn wirklich funktioniert – und ja, es hat funktioniert, und wie! Nicht nur die MS Utting und das Milla sind, wie zu erwarten, ausverkauft, auch die Muffathalle platzt aus allen Nähten, alle Karten vergriffen. 1.600 Tickets an einem Abend verkauft – und ein unfassbarer Kraftakt für die Münchner. Die sind aber motiviert wie eh und je, denn ihr zweites Album „Good Luck“ ist an ebendiesem 28. Februar 2020 erschienen, da ist man spielfreudig, da hat man Grund zu feiern. Ein Bericht aus dem mittleren Stopp.
Während die Kytes also wohl gerade zusammenpacken in der Utting, sollten Pool als Einheizer in der Muffathalle starten – sollten, denn tatsächlich los geht es erst um 20:15 Uhr. Das immerhin konstant mehr werdende Publikum scheint das reichlich wenig zu stören, denn die tanzbaren Rhythmen starten ab dem ersten Song „Moving On“ und enden auch erst um kurz vor 21 Uhr mit „All Because Of You“. Dazwischen: ein reines Funk/Fusion-Gewitter mit einer Portion Indie. Sogar etwas Rock’n’Roll-Flair kommt, als die Rolling Stones gecovert werden und Drummer Daniel Husten, der auch fast alle Ansagen übernimmt, den Gesang für „Miss You“ übernimmt. „Ohgott, es bock so“, sagt er kurz davor – und so nimmt es die entspannt tanzende Münchner Menge auch wahr. Ein schöner Support – nur irgendwie etwas spät fertig, wenn die Headliner doch um 21 Uhr starten sollen.
Die fangen natürlich nicht ganz pünktlich an, sondern erst um 21:20 Uhr, und auch dann geht es erst etwas ruhiger mit „Go Out“ und „Remedy“ in den Abend – das Licht muss noch etwas ausgepegelt werden, der Sound stimmt auch noch nicht vollkommen. Aber ab „Inner Cinema“, den ersten Song, den die Münchner als neue Band Kytes veröffentlichten, gibt es kein Halten mehr – die rappelvolle Muffathalle tanzt, die Menge singt mit und die Band auf der Bühne geht aufs Ganze. Am Ende des knapp 80-minütigen Auftritts stellt sich tatsächlich die Frage, wie die Jungs ernsthaft in weniger als eineinhalb Stunden auf der Milla-Bühne stehen wollen und, voraussichtlich, noch einmal das gleiche Pensum ableisten können. Aber das werden sie sich schon ausgefuchst haben, denn von einem bereits vorausgegangenen Auftritt spürt man hier nun wahrlich nichts – die Instrumente sind tight, der Gesang klar. Auf geht’s!
Überraschend viel altes Material rutscht dann aber doch in die Setlist, ein paar Lieder der neuesten Platte werden ausgespart, womöglich auch, weil sie bereits auf der letzten Tour als Teaser angespielt wurden. Besonderes Augenmerk liegt da auf den aktuellen Singles: „Want You Back“ und dem mitreißenden „Runaway“, das als vorletzte Nummer in den Zugabenblock rutscht. Unerwartet stark präsentiert sich da „Wheel“, die abschließende Ballade aus „Good Luck“, bei der Frontmann Michael Spieler zum Zuhören animiert, was immerhin vom vorderen Drittel der Halle wahrgenommen wird. Natürlich melancholisch, aber vor allem mit überraschenden Akkordfolgen eignet sich das Lied bestens als erste Zugabe, bevor es noch einmal rundgeht. Besonders positiv bleibt auch „Take Me Home“ in Erinnerung, das Juwel des neuen Albums. Mit einem schnellen und unfassbar eingängigen Refrain hüpft die Menge ausgelassen mit, vereinzelt sieht man auch Mädchen auf den Schultern sitzen. Das ist dann eben das direkte Zeichen, dass die Musik der Kytes live noch einmal etwas mehr hergibt, weil sie organischer und eben doch etwas rockiger klingt. „On The Run“ schließt den größten Teil des Triple ab und lässt einige aus der Menge ins fußläufig erreichbare Milla ziehen, während der Rest zufrieden nach Hause geht. So feiert man eine neue Platte!
Setlist: Go Out / Remedy / Inner Cinema / Take It Easy / Heads Underwater / Two Of Us / Emily / Alright / Want You Back / Any Better / As We Row / Take Me Home / I Got Something / Spy / Another Ride – Zugaben: Wheel / Runaway / On The Run
Bericht: Ludwig Stadler