„There is a house in New Orleans, they call the rising sun“ – eine Strophe, die jedermann und -frau schon mindestens einmal in seinem Leben vernommen hat, ein Meilenstein der Musikgeschichte, der so simpel und doch so genial die Wogen der Zeit überdauert hat. Die Stimme hinter diesem und vielen anderen Meisterwerken der 60er-Jahre gastierte am vergangenen Sonntag, den 30. Juni 2019, in der Philharmonie München.
Eric Burdon, ehemals Sänger der britischen Kultband The Animals, hat sich in den vergangenen Jahren nicht zwingend immer nur von seiner besten Seite gezeigt. Der Zahn der Zeit macht auch vor einem der Miterfinder des Rocks, wie wir ihn heute kennen, keinen Halt und so glänzte er zuletzt nur noch spärlich. Mit nun sage und schreibe 78 Jahren will er es ein letztes Mal wissen und geht unter dem Namen Eric Burdon & The Animals auf ausgedehnte Abschiedstournee.
Mit einer kleinen Verspätung beginnt das Konzert in München vor zwar nicht ausverkauftem, aber dennoch gut gefülltem Haus mit einem ausgedehnten Instrumental-Intro. Sofort fällt auf, dass Burdon seine Band definitiv einer Verjüngungskur unterzogen hat, denn im Vergleich zum Maestro selbst erscheinen seine Mitmusiker fast schon wie Teenager, denen es allerdings weder an Sicherheit noch an Können mangelt. Unter tosendem Applaus betritt dann auch ein sichtlich gut gelaunter Eric Burdon die Bühne und überrascht mit einer erstaunlichen Gesangsleistung. Wie guter Wein hat er nach all den Jahren erst sein volles Potential entfaltet und erinnert mit seiner mittlerweile sehr rauen Stimme an das männliche Pendant zu Bonnie Tyler. Spätestens zum wohl ältesten Covers des Abends,„In the Pines“ (oder auch bekannt als Where Did You Sleep Last Night) entfaltet sich die gesangliche Bandbreite des Briten vollkommen. Nie um eine kurze Geschichte verlegen, werden viele der Songs mit einer kleinen Anekdote angekündigt, die jedoch meist eher für Fragezeichen in den Gesichtern des Publikums sorgen. Immer wieder verwirrt Eric Burdon das Publikum zumindest kurzzeitig mit kryptischen Ansagen, gefolgt von kurzer Stille, in der er sich wohl eine andere Reaktion erhofft hatte. Für seine musikalische Leistung hingegen erntet er zurecht viel Jubel und im noch folgenden Programm gibt es nun auch ein Set mit klarem Schwerpunkt auf der Musik, die ihn zur Legende machte. Ganz nach alter Schule werden die Werke aus seiner Animals-Zeit nicht einfach nur heruntergeleiert, sondern bekommen mit improvisierten Instrumental- und Gesangspassagen einen bluesigen und frischeren Touch, der besonders bei Liedern wie „Don’t Let Me Be Misunderstood“ oder „Don’t Bring Me Down“ zum Vorschein kommt. Eric Burdon wirkt im Vergleich zu vor ein paar Jahren wie ausgewechselt. Wo vor einiger Zeit noch Unsicherheit und schiefe Töne sein musikalisches Erbe überschatteten, thront jetzt Souveränität und eine musikalische Bestleistung, auch wenn zugegeben auch einmal ein Ton daneben geht. Sein endgültiger Rentenantritt rückt in sichtbare Nähe und scheint ihn auf gewisse Weise zu beflügeln. Mit „The House Of The Rising Sun“ beendet er den Hauptteil seines Auftrittes, es folgen zwei Zugabenblöcke, abgerundet von „We’ve Gotta Get Out of This Place“ und einem Sam & Dave-Cover von „Hold On, I’m Comin'“, allein textlich schon ein sehr passender Abschluss, bei dem auch die Brass-Fraktion der Band etwas mehr zeigen kann als die zuvor doch etwas unbeholfenen Tanzeinlagen, die vor dem Spiegel daheim sicherlich besser aussahen als auf der Bühne der Philharmonie. Unter erneut tosendem Applaus verlässt Eric Burdon nach etwa 90 abwechslungsreichen Minuten Musikgeschichte die Bühne.
Kritik an diesem Auftritt gibt es wenig bis keine, selbst der Sound in der normalerweise für „Rock“-Bands gänzlich ungeeigneten Philharmonie lässt kaum Wünsche offen. Entgegen der Erwartungen brillieren Eric Burdon und seine Band und es ist fast schade, ihn gehen zu sehen. Ein würdiger Abschied in den nach 57 Jahren Musikkarriere wohl verdienten Ruhestand.
Kritik: Luka Schwarzlose