100 Dinge – Filmkritik

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© Warner Bros. Pictures

Regisseur/in: Florian David Fitz

GenreKomödie

Produktionsland: Deutschland

Kinostart: 06. Dezember 2018

Laufzeit: 1 Std. 50 Min.

 

 

Konsum und Glück: Zwei ineinandergreifende oder aber gegensätzliche Pole, die bereits 2013 von Petri Luukkainen im Dokumentarfilm und Verzichtexperiment My Stuff aufgegriffen werden. Im Internet kursierten seitdem epidemisch Blogeinträge, Bücher und Filme zum Stichwort “Minimalismus”. Je weniger Besitz, desto weniger Sorgen – so das Versprechen. Dem Anschein nach ist dies nun auch im deutschen Mainstream angekommen. Mit 100 Dinge knüpft Florian David Fitz in seiner dritten Regiearbeit an den Trend an und bedient sich dabei dogmatisch des finnischen Originals. Zuletzt in “Der geilste Tag” und nun in der aktuellsten Buddy-Komödie, steht dabei Matthias Schweighöfer an seiner Seite.

Paul (Florian David Fitz) und Toni (Matthias Schweighöfer), zwei Kindheitsfreunde im stetigen Wetteifer darüber, wer der Bessere ist, leiten ein Start-Up Unternehmen. Als sie ihr Produkt an ein großes Unternehmen verkaufen können und ans Licht kommt, dass Paul durch seine eigene App etliche Produkte angedreht wurden, treiben sich die beiden bei der feuchtfröhlichen Betriebsfeier gegenseitig zu einer Wette: Jeder muss jegliche Besitztümer mitsamt Kleidung in einer Lagerhalle wegschließen und darf 100 Tage lang täglich nur einen Gegenstand zurückholen. Wer zuerst gegen diese Regel verstößt, gibt seinen Anteil des Gewinns an alle Mitarbeiter des Unternehmens ab und gesteht zudem ein, seinem Konsumtrieb zu unterliegen. Was folgt ist die Suche beider danach, was ihr Glück eigentlich ausmacht. Dabei treffen sie unter anderem auf die geheimnisvolle Lucy (Miriam Stein) und ihre ambivalente Freundschaft wird auf die Probe gestellt.

© Warner Bros. Pictures

Dass deutsches Mainstreamkino meist nicht sonderlich von qualitativer und narrativer Raffinesse zeugt, ist bekannt. Auch, dass die Kompetenzen von Schweiger, Schweighöfer und Co. oft als Armutszeugnis deutscher Filmkunst betrachtet werden. Doch an welchen non-finanziellen Aspekten man diese Beobachtungen genau festmachen kann, das schafft das hiesige Publikum oft nicht präzise zu formulieren. Was “100 Dinge” betrifft, könnte man zumindest bei den schauspielerischen Leistungen und trivialen Dialogen ansetzen. Wenn Matthias Schweighöfer und Florian David Fitz nicht gerade ihre trainierten Körper zur Schau stellen, während sie nackt durch den Schnee laufen, versuchen sie, mehr oder minder gelungen, eine Rolle zu verkörpern. In diesem Fall zwei wohlsituierte Kindsköpfe, die ihre Ecken und Kanten haben. Diese Ecken und Kanten, die Paul und Toni als auch die Dynamik ihrer Freundschaft feiner bestimmen sollen, werden jedoch immer undefinierter. Gute Charakterentwicklung sieht anders aus. Insbesondere dann, wenn Charakterzüge beider Schauspieler durchscheinen oder einige Szenen an Schultheater erinnern (bspw. sehr gekünsteltes “sich ins Wort fallen”), wird der Handlungsfluss unterbrochen. Die Illusion der Geschichte geht somit verloren. Untermalt wird die dürftige Umsetzung durch pseudointellektuelle Dialoge über den Sinn des Lebens, welche die mentale Reichweite benebelter 16-Jähriger nicht überschreitet. Das einzige, was dem noch entgegenwirken kann, sind die Performances von Miriam Stein als Lucy und Katharina Thalbach als Pauls Oma, die beide überzeugend die charmanten, sonderlichen Frauen in Pauls und Tonis Leben spielen.

© Warner Bros. Pictures

Trotz sporadisch vorkommender ansprechender Bildgestaltung neigt “100 Dinge” zur überstrapazierenden Bedienung überholter Mechanismen aus der Rom-Com-Trickkiste: Glitzernde Lichterketten, in deren Vordergrund Toni mit Lucy tanzt, erotische Neonlichter, wenn sie miteinander schlafen, grauer Himmel, wenn alles den Bach runterzugehen droht, die große romantische Geste nach dem Streit. Zwar nimmt sich der Film in Hinsicht Romantik nicht unbedingt immer ernst, doch wirkt alles recht durchgekaut. Auch inhaltlich scheinen einige Konzepte nicht ausführlich bedacht zu sein. Und das trotz der Tatsache, dass Fitz eine recht gelungene Vorlage (My Stuff) übernommen und lediglich einige Romantik- und Freundschaftsdrama-Elemente hinzugefügt hat. So wird Pauls Idee, einen Ökohof zu gründen, eher abwertend kommentiert oder der Verlust ihres Geldes als furchtbar deprimierend präsentiert, was nicht gerade dem Anti-Kapitalismus-Konzept des Films entspricht. Insgesamt erscheint einem das Ende nicht ganz stimmig und gepresst, einige Fragen bleiben offen, was sicher nicht an der Komplexität der Komödie liegt.

Fazit: Popcorn-Kino, geeignet für all jene, denen seichte, deutsche Komödien und normschöne Männerkörper zutreffen. Für alle anderen gilt: Nur weil man mit dem Gedanken “Das war ja gar nicht so schlimm wie erwartet!” aus dem Kinosaal geht, macht ihn das leider noch lange nicht zu einem guten Film.

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