Brilliant – Shinedown in der Muffathalle (Konzertbericht)

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„It’s about to get heavy“, diese erste Zeile im Refrain des Songs „Devil“ ist eine gute Beschreibung für die Stimmung an diesem 20. November 2018. Eine erste Schlange hat sich bereits vor der Muffathalle gebildet – Grund dafür sind die amerikanischen Grunge-Rocker von Shinedown. Ganze sechs Jahre musste man auf die Rückkehr der Band nach München warten, aber nun sind sie wieder da. Mit dem aktuellen Album „Attention Attention“ und zwei großartigen Vorbands, Starset und Press To MECO, im Gepäck stehen die Zeichen sowieso schon bestens. Im Inneren der wie immer grandiosen Muffathalle ändert sich all das ebenso nicht – bis auf eine Kleinigkeit.

© Jim Tobias

Denn um 19:30 Uhr beginnen urplötzlich Press to MECO ihr Set. Kommuniziert wurde allerdings ein Start um 20 Uhr, weshalb unser Fotograf Martin leider die Show der Band verpasst hat. Die drei Jungs aus London lassen sich von der früheren Uhrzeit und damit einhergehend etwas leereren Halle wenig beeindrucken und legen sich gleich mit „Familiar Ground“ ordentlich ins Zeug. Bedenkt man die Größe der Bühne und die beiden Produktionen von Shinedown und Starset, bleibt den Musikern letztendlich nur noch der vorderste Zipfel, sodass alle gleichwertig in einer Reihe spielen. Das Prinzip passt insofern gut, da alle Musiker – also Gitarrist, Drummer und Bassist – zugleich Hauptsänger sind. Allein diese Tatsache lässt ihren Progressive Metal ordentlich herausstechen. Für einen fantastischen Start in den Abend sorgen sie allemal, wenngleich leider wenig Reaktion aus dem Publikum kommt. 2019 kehren sie zurück – man darf gespannt sein.

Setlist: Familiar Ground / If All Your Parts Don’t Make A Whole / Itchy Fingers / A Place In It All / A Quick Fix / Affinity / Here’s To The Fatigue

Exakt zur Primetime verdunkelt sich die Halle abermals und Starset eröffnen ihr Set mit „Unbecoming“. Hat die Formation letztes Jahr vor Breaking Benjamin in der TonHalle noch ein quälend langes Intro gehabt, starten sie nun ohne jegliches Vorgeplänkel – und ziehen so auch ihr gesamtes Set durch. Eine kurze Ansage gibt es während „It Has Begun“ gegen Ende des Auftritts, ansonsten beschränkt sich die Kommunikation auf ein gelegentliches „Thank you“ nach den Liedern. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, denn das abgefahrene Konzept spricht komplett für sich: Gitarrist, Drummer und Bassist als Astronauten gekleidet, gleich drei (!) Streicher-Instrumentalisten und ein Musik-Mix, der wohl irgendwie als Space-Rock mit Metal-Anleihen durchgeht. Das Raumfahrt-Motiv begleitet die gesamte Show, auch stimmig mit den Visualisierungen im Hintergrund – und es funktioniert bestens mit wuchtigen Songs wie „Carnivore“ und „Bringing It Down“. Eine spannende Wahl als Vorband und garantiert eine 45-minütige Reise, die man so noch nicht gesehen hat.

Setlist: Unbecoming / Monster / Die For You / Carnivore / Ricochet / Frequency / It Has Begun / Bringing It Down / My Demons

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Inzwischen ist die Muffathalle so voll, dass sie ihrem Status des Ausverkaufs gerecht wird. Zum Glück, denn um 21:35 Uhr verdunkelt sich die Halle ein letztes Mal. Shinedown setzen auf einen schnellen und schweißtreibenden Start, denn sie spielen „Devil“, „Diamond Eyes“ und „Cut The Cord“ direkt hintereinander, was bereits für ordentliche Bewegung und bei letztgenanntem Song auch für den ersten Moshpit sorgt. Wenngleich das Publikum sonst aber eher in Klatsch- und Singstimmung ist, bieten die Musiker auf der Bühne eine Performance auf mehreren Ebenen dar, die ihresgleichen sucht. Die erste Ebene: Präsenz. Bassist Eric Bass und Gitarrist Zach Myers wirbeln über die Bühne, als wäre das die letzte Show ihres Lebens, in der sie noch einmal alles geben müssen. Die unfassbare Energie geht selbstredend auch auf die anderen Mitglieder über – Drummer Barry Kerch beispielsweise mag zwar im Hintergrund etwas untergehen, trommelt sich aber hochmotiviert durch die Diskografie der Band.

Die zweite Ebene: die Leistung. Und hier ist Frontmann Brent Smith besonders hervorzuheben. Dass seine Stimme außergewöhnlich gut ist, stellt nun wahrlich keine neue Information dar – wie unglaublich in Form diese aber derzeit funktioniert, ist beeindruckend. Selbst die schwersten Passagen, wie die letzte Zeile in „Enemies“ oder den Refrain von „Black Soul“, meistert er perfekt und ohne Abstriche zur Studio-Aufnahme. Mit seiner vielleicht etwas zu dominanten Präsenz entsteht dabei ein Gesamtbild, das man in seiner Stimmigkeit selten zu Gesicht bekommt. Die Band ist nicht nur perfekt aufeinander eingespielt, sondern harmoniert auch untereinander bestens, das Gefühl wird direkt auf das Publikum transportiert. Bedenkt man, dass die Musiker üblicherweise große Arenen mit mindestens bzw. oft mehreren Zehntausend Leuten bespielen, gleicht das nun mit etwas über 1000 Besuchern fast einer Clubshow. Was würde ein amerikanischer Hardcore-Fan wohl für ein intimes Shinedown-Konzert in Europa geben?

Was das ansonsten perfekte Bild allerdings trübt, ist der irrsinnig sinnlose Timer, der an der Seite von 90 Minuten herunter zählt und leider vom Publikum aus sehr gut gesehen wird. Unabhängig davon, dass dieser während des vorletzten Songs auslief und die Band sich reichlich wenig darum scherte – wenn man so etwas schon unbedingt braucht, dann bitte weg vom Publikum aufstellen. So bleibt durchgehend ein mulmiges Gefühl, wenn die Zeit immer weiter herunterläuft. Freilich haben sie das aber mit beispielsweise einem wunderschönem Akustik-Block wieder gutgemacht – mit „Amaryllis“, „Call Me“ und dem kultigen „Simple Man“-Cover hat man drei wahre Perlen herausgesucht, die den Abend gut in Richtung Ende bewegen. Dennoch darf bei einer amerikanischen Rock-Band der Knall am Schluss nicht fehlen – „Sound Of Madness“ und „Brilliant“ schließen die rund 95-minütige Show um 23:10 Uhr. Und so enden sie mit einer Botschaft, die vielleicht im größtmöglichen, aber allein deshalb konsequentesten Kontrast zum Anfangssatz stehen: „It’s my day to be brilliant!“

Setlist: Devil / Diamond Eyes (Boom-Lay Boom-Lay Boom) / Cut The Cord / Black Soul / I’ll Follow You / Bully / Unity / State Of My Head / Enemies / Get Up / Kill Your Conscience / Second Chance / Amaryllis / Call Me / Simple Man (Lynard Skynard Cover) / Sound Of Madness / Brilliant

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Bericht: Ludwig Stadler
Bilder: Martin Schröter