Bounty Hunter – Molly Hatchet im Backstage (Konzertbericht)

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Molly Hatchet sind neben Lynyrd Skynyrd die Vorreiter des Southern Rock’n‘Roll gewesen, doch konnten nie an die frühen Erfolge anknüpfen. Nach einer Vielzahl von Besetzungswechseln und etlichen guten Alben, die aber nie die Anerkennung bekommen haben, die sie verdient haben, haben Molly Hatchet zurück in ihre Nische gefunden. Zwar spielen sie bei weitem nicht mehr so groß wie früher, aber haben immer noch eine treue Gefolgschaft. Am Mittwoch, 19. Dezember 2018, waren die Herren aus Jacksonville im Backstage Club zu Gast.

Schon zu Anfang ist der Club recht gut gefüllt, zur offiziellen Startzeit muss man sich schon ein wenig durchdrücken, um zur Bar oder zu den Toiletten zu kommen. Das Publikum ist unglaublich spannend: in etwa 50+, hauptsächlich männlich und trotzdem unterschiedlicher denn je. Von den Altrockern mit Harley-Shirts und langen Haaren bis hin zu Hemd und feiner Mantel ist alles vertreten – Musik bringt eben zusammen, ein schöner Gedanke in Hinblick auf die Weihnachtszeit. Etwas verspätet starten King Savage den Konzertabend und liefern auch eine solide Vorstellung ab. Sympathische Ansagen, sichtbarer Spielspaß – offensichtlich ist die Zukunft des Southern Rock’n’Rolls doch nicht so verloren, wie man denkt. Klischeetexte treffen auf klassische Rock-Riffs: ein System, das eigentlich immer funktioniert. Alles in allem eine wirklich coole Truppe, die auf ihrem jungen Weg trotzdem noch einiges zu lernen haben, zum Beispiel die Abstimmung der Bühnenoutfits. Aber das ist einmal mehr meckern auf hohem Niveau, denn King Savage sind ein würdiger Support und sehenswerter Act.

Weiter geht es mit Molly Hatchet! Nach kurzer Umbaupause betreten die doch schon etwas älteren Herren die Bühne und werden wärmstens vom bereits eingesungenen Publikum begrüßt. Ganze 100 Minuten Rock’n‘Roll folgen. Wirklich toll, wie die Band auch nach so vielen Jahren noch so viel Lust an den Tag legt. Abgesehen von den üblichen, gefühlten dreihunderttausend „Hell Yeah“-Ansagen, die wohl das Southern-Image unterstreichen sollen, sind die Herren unglaublich sympathisch unterwegs und ziehen von Anfang bis Ende ihr Ding durch. Eine Best-Of-Setlist mit Fokus auf den beiden ersten Alben wird dargeboten und verleiht damit der 40-jährigen Jubiläumstour den richtigen Nostalgie-Touch. Zwar spielen Molly Hatchet effektiv „nur“ 12 Songs, haben allerdings alles im Gepäck, vom Drum-Solo bis hin zur Hommage an ihre Genremitstreiter Lynyrd Skynyrd mit einer Instrumentaleinlage zu „Free Bird“. Sänger McCormack nutzt die üppigen Solo-Passagen, um gelegentlich einen Zug aus der Sauerstoffflasche zu nehmen. Molly Hatchet mögen nicht mehr die Jüngsten oder Gesündesten sein, aber trotz des Alters und des teilweise starken Übergewichts zeigen sie der einen oder anderen jungen Band sicherlich, wie der Hase läuft. Das jüngste Mitglied, aber sicherlich nicht der Jüngste auf der Bühne, Tim Lindsey macht noch den fittesten Eindruck, nebenbei bemerkt sieht er dem US-Schauspieler Sam Elliott zum Verwechseln ähnlich. Ein wirklich toller Konzertabend, auch an einem Mittwoch vor Heiligabend schön gefüllt und mit gutem Sound – was will man mehr?

Setlist: Whiskey Man / Bounty Hunter / Gator Country / It’s All Over Now (The Valentinos cover) / Devil’s Canyon / Beatin‘ The Odds / One Man’s Pleasure / Fall Of The Peacemakers / Junkin‘ City / Dreams I’ll Never See (The Allmann Brothers Band cover) Zugaben: Free Bird (Lynyrd Skynyrd cover) / Flirtin‘ With Disaster

Das Fazit wurde oben ja schon etwas vorweg genommen, aber man kann so etwas nicht oft genug betonen: Diese Band verdient auf einer Tour in doch sehr kleinen Clubs wahrscheinlich gerade genug, um ihre Fixkosten wie Bus und Crew zu decken. Sicherlich müssen sie nicht mehr auf Tour gehen und in ihrem Alter wäre es nachvollziehbar, wenn sie die Reißleine ziehen würden, aber nein, Molly Hatchet haben Spaß an dem, was sie tun, und setzen dahinter auf der Bühne ein klares Ausrufezeichen. Oftmals ist es schwer für Künstler, wenn sie auf einmal nicht mehr so relevant sind wie früher und deutlich kleiner spielen, doch das macht den Southern-Legenden nichts aus, sie spielen, als stünden da 80.000 Menschen (effektiv waren es etwa 200). Man merkt klar, die Ansagen auf der Bühne sind ernst gemeint – sie sind dankbar dafür, immer noch Musik auf der ganzen Welt machen zu können. Vom Alter gebeutelt, lassen sie sich nicht aufhalten und zeigen, wie wichtig ihnen das Live-Spielen ist. Musikalisch liefern sie nach wie vor einen soliden Auftritt, aber an Sympathie sind sie nur schwer zu überbieten. Ein tolles Konzert, auf das hoffentlich noch viele folgen werden.

Bericht: Luka Schwarzlose