Kennen Sie Loreena McKennitt? Die macht so ähnliche Musik wie Enya, so mystisch und viel keltisch.
In Deutschland für die breite Masse relativ unbekannt, hat die kanadische Sopranistin dennoch einen festen Stamm an Liebhabern.
Wer sie kennt der lernt sie zu schätzen, so kommen viele der Fans immer wieder auf die Konzerte. Wie auch am Montag, 15. Juli 2019 auf dem Tollwood. Der Zeitpunkt macht ihr, anders als vielen Band, die auf junges Publikum abzielen und auf Trends angewiesen sind, nicht zu schaffen. Wer hierher kommt, der weiß, dass es sich lohnt. Denn McKennitt und Band liefern ab. Ihre Konzerte sind noch besser als die Aufnahmen auf den Alben, weil die musikalische Qualität überragend ist. Das ist der instumentalen Vielfalt und den virtuosen Fähigkeiten der MusikerInnen zu verdanken. Brian Hughes spielt Bouzouki und Gitarren, Hugh Marsh die Violine und die ZuschauerInnen sind begeistert von seinen Soli. Am Elektro- und Kontrabass überzeugt Dudley Phillips, dem man seinen Spaß richtig ansieht. Robert Brian hält am Schlagzeug alles im Takt und am Cello wirkt Caroline Lavelle wie eine blonder Engel, sie unterstützt McKennitt auf mit Flötenspiel und Hintergrundgesang.
Sie selbst singt nicht nur, sondern wechselt auch zwischen Akkordeon, Flügel und Harfe. Im schimmernden Kleid wirkt sie wie eine erhabene Königin. Zwischen den Songs Dunkelheit. Sicher nicht nur um die Lichtstimmung zu wechseln – McKennitt ist eine gealterte Dame, die Pausen braucht, schließlich ist sie mittlerweile Anfang 60 und München ist die 15. Station auf der Lost Souls-Tour durch ganz Europa, auf der sie in keiner Stadt länger als einen Tag verbrachte. Das schlaucht sicher auch jüngere Künstler.
Zwischen ihren Stücken erzählt sie von de Büchern, die sie zu Melodie und Texten inspiriert haben, nennt sogar Namen und Autoren. Quellenangaben im Konzert? Das stört nicht, es gibt den Titeln den Raum, den sie verdienen und verdeutlicht, dass McKennitt nicht nur über eigene spirituelle Erfahrungen schreibt, sondern sich auf uralte Rituale und Kulturen bezieht. Die Kelten hätten es ihr besonders angetan, sagt sie selbst. Daher bereiste die Kanadierin Irland, England und Schottland auch mehrmals, um sich zu informieren und zu inspirieren. Das kulturelle Erbe der Kelten legt McKennitt zwischen den Songs detailliert dar. Jeder Titel wird langsam aufgebaut, nacheinander steigen die verschiedenen Instrumente ein und man fühlt sich entführt in andere Zeiten, wenn man sich darauf einlässt.
Das ist also kein esoterisches Namedropping, sondern eine Verehrung von Tradition und Spiritualität, die viele Menschen bis heute leben. Bei den Songs wird deutlich, dass die Texte und Melodien sie und die Band auch nach so vielen Abenden und Jahren noch berühren. Professionell und dennoch leidenschaftlich fühlen sie sich in die Stücke ein. Das geht auch am Publikum nicht spurlos vorbei. Obwohl die Musik-Arena des Tollwood bestuhlt ist, merkt man den Menschen ihre Ergriffenheit an. Bei etwas zügigeren Songs wie „As I Roved Out“ schunkeln und wippen sie im Takt, bei den langsamen wie „Penelope’s Song“ fühlt sich der Raum an wie eine große, verbundene Gemeinschaft, fast ein bisschen transzendent. Aber nur fast. Ab und an schaut McKennitt nervös zu Seite, auch dass immer wieder Menschen das Zelt betreten und das Tageslicht so herein fällt, schein sie zu stören. Wird hier eine ganz besonders feinstoffliche Seele sichtbar oder doch die dünnen Nerven einer angestrengten älteren Dame? Bleibt wohl dem Betrachter überlassen.
Fest steht: die Tickets sind ihr Geld wert, denn die Stimmung ist großartig und die Qualität der Musik, das kann ruhig noch einmal betont werden, hervorragend. Nach genau einer Stunde folgt eine Pause und pünktlich fährt die Show fort – inklusive Zugaben hat die Band genau 120 Minuten gespielt. Natürlich stehen die Menschen auf, um die Zugabe zu erklatschen, es wird aber nicht gerufen oder gejohlt; sobald die MusikerInnen die Instrumente dann wieder aufgenommen haben, nimmt jeder Einzelne wieder Platz. Es scheint den Besuchern hier wirklich darum zu gehen, die Musik zu genießen und nicht darum, sich selbst zu feiern, wie das bei manchen anderen Konzerten der Fall ist. An diesem Abend kommen alle auf ihre Kosten, egal welchen bekannten, eingängigen Song man sich erhofft hat, alle großen Hits werden gegeben, dazu einige Instrumentalstücke und Soli sowie neue Songs vom Album Lost Souls.
Seit nunmehr 40 Jahren steht diese Frau auf der Bühne, hat sich zwar musikalisch etwas zum Mystischen hin verschoben, ist dem Kurs aber treu geblieben. Wenn sie mit ihrer beruhigenden Stimme davon spricht, dass sie allen für diese große und großartige Reise dankt, fühlt man sich ganz klein in der großartigen Welt, die zu besingen Loreena McKennitt mit ihrer Band ganz wunderbar fertig bringt.
Set 1: The Mystic’s Dream / The Star Of The County Down / Bonny Portmore / Marrakesh Night Market / Ages Past, Ages Hence / Marco Polo / Spanish Guitars And Night Plazas / All Souls Night / Penelope’s Song / The Bonny Swans
Set 2: Full Circle / The Gates Of Istanbul / Santiago / The Dark Night Of The Soul / Manx Ayre / The Lady Of Shalott / The Old Ways / Lost Souls – Zugaben: Tango To Evora / Dante’s Prayer
Bericht: Jana Taendler