Im GOP Varieté-Theater München kann noch bis zum 30. April 2023 dieses kleine Feuerwerk an Heiterkeit einer Varieté-Show von der Regisseurin Sabine Rieck bestaunt werden.
Nach einer künstlerischen Eingebung und einer Reise nach Frankreich entspann sich 2019 erstmals die Idee zu dieser Varieté-Show, inspiriert durch die Welt der Bücher. Bereits vor Pandemiezeiten ersonnen, geplant und geprobt, sollte Bookshop Anfang 2020 im GOP zu sehen sein. Nun ist es so weit und die Themenshow ist – sogar in der ursprünglich geplanten Besetzung – nach ihrer Premiere in Bonn jetzt auch in München auf der Bühne zu sehen.
Die Idee ist eine süße und wunderbare und die Ausführung allemal unterhaltsam, wer jedoch auf artistische Leistungen im „Höher, schneller, weiter“-Prinzip hofft, der sollte sicherlich seine Erwartungen ein wenig herunterschrauben. Diese Show ist als kleine Abwechslung vom schnöden Alltag und liebevoll gestaltetes Abendprogramm aber absolut sehens- und empfehlenswert und sorgt mit manch Überraschung für herzliche Lacher und staunende Blicke.
Aufgebaut ist die Show in zwei Ebenen. Einerseits werden die reellen Begebenheiten im Buchladen der Frau Sonntag, gespielt von der fabelhaften Amélie Demay (GOP-Freunden aus „La Luna“ in Erinnerung) gezeigt und andererseits kleine Schnipsel aus bekannten Büchern erzählt, die einen Abstecher in die jeweilige Geschichte erlauben. Die Ebenen, die zu Beginn noch klar definiert und insbesondere durch das Lichtdesign (Daniel Hensche) voneinander abgrenzbar sind, verschwimmen mit der Zeit jedoch immer mehr zu einer einzigen fantasievollen Erzählung aus Tanz, Musik und Akrobatik. Hierbei unterstützt das statische und doch multifunktionale Bühnenbild von Stella Dobewall und Sebastian Drozdz, das den Buchladen von innen zeigt.
Geführt wird die Erzählung von dem kleinen Kraftpaket und Energiebündel Frau Sonntag und von Mr. Robinson, dem verrückten Zauberartikelverkäufer, gespielt von dem Comedy- und Partnerakrobatik-Duo Michele & Amélie, deren Besetzung bereits ganz zu Beginn der Produktion als feste Größe feststand. Ein besonderes Highlight und der wirkliche Star des Abends ist – so wird man mit der Zeit feststellen müssen – Musiker Adam Tomaszewski aus dem Liveband-Trio TriOlé, der gemeinsam mit seinen Bandkollegen Sergej Sweschinski (Komposition aller originalen Musikstücke) und Oleg Nehls die Show live auf diversen Instrumenten begleitet und das Publikum zum Mitmachen anregt. Mit slapstikartiger Mimik und überzogener Behäbigkeit watschelt dieser pummelige kleine Mann über die Bühne direkt in die Herzen der Anwesenden. Dazu kommt, dass er jedes Trommel- und Schlaginstrument, von Xylophon über Handpan bis zur Cajon, virtuos spielt, ohne einen Ton zu verpassen, obwohl ihm dies zuweilen als kleines Gimmick schwer gemacht wird.
Für diese Produktion stehen insgesamt 13 KünstlerInnen aus acht verschiedenen Nationen auf der Bühne und begeistern das Publikum mit ganz unterschiedlichen Einlagen, die jeweils in irgendeiner Weise mit dem Thema „Bücher und Geschichten“ verknüpft sind. Vom kraftvollen Männer-Duo Alex & Vlad mit ihrer Akrobatik Ikarische Spiele aus der Ukraine, über Bekka Rose mit der Keulenjonglage, die die kleine Momo verkörpert, bis hin zu Helena Jans an den Strapaten, die ihr Luftballet in einer herzzerreißenden Partner-Nummer alleine mit ihrem Skelet-Geliebten Oscar vorführt. Doch nicht nur allein in ihren eingeübten Nummern agieren die Künstler*innen, sondern auch als Ensemble und Darsteller*innen der Vorstellung insgesamt wird gemeinsam aufgetreten, gesungen und musiziert. Hier zeigt sich vor allem die gute Koordination und Regie von Sabine Rieck, da zu keinem Zeitpunkt das Zusammenspiel ungeplant oder durcheinander wirkt, sondern einer klaren Linie folgt.
Last but not least ist Joel Baker der Clown in nicht so klassischem Gewand, als Nigel zu erwähnen, der mit seinen Handstand-Einlagen und ganz ohne viele Worte insbesondere Auf- und Umbauphasen in den Hintergrund rücken lassen und dieses liebevoll gestaltete Programm insgesamt mit seinen humoristischen und professionellen Einlagen abrundet.
Bericht: Catarina Silva Ruther