Sie war gerade einmal 19 Jahre, als ihr erstes Album „This Is The Life“ erschienen und auch sogleich durch die Decke gegangen ist. Amy Macdonald hat es riskiert und einfach mal mit der Musik versucht – bis heute ist der Versuch mehr als gelungen, sie zählt zu den bekanntesten Sängerinnen aus Großbritannien, genauer gesagt: aus Schottland. Ihr sonst doch eher rockiger Sound muss allerdings für ihre 2019-Tournee weichen. Eine Akustik-Tournee soll es werden, vollzogen in besonderen Locations, der Musikrichtung angemessen. Gesagt, getan – am 8. April 2019 besuchte sie den Circus Krone in München, seit Monaten restlos ausverkauft. Konzept geglückt – oder?
Verwunderlich ist es schon, dass die Vorband Rosborough sich doch den lauten Klängen widmet und als Duo mit Schlagzeug und E-Gitarre aufwarten. Störend ist das nun nicht, auch für rockige Konzerte könnte der Krone-Bau kaum geeigneter sein – und so überrascht der glasklare und schier perfekte Sound bereits beim ersten Ton niemanden so recht. Was allerdings vollkommen überwältigt, sind die stark komponierten Songs, allgemein das feine Songwriting, gepaart mit der kräftigen Stimme von Glenn Rosborough selbst. Die Lieder wie „In The Moment“ und „With Every Heartbeat“ reißen selbst auf den Sitzplänen ungemein mit, sodass die üblichen 30 Minuten doch viel zu kurz erscheinen. Es passiert selten, dass man vom Support so begeistert ist, dass es der Hauptact wirklich schwer haben wird – hier ist es der Fall.
Setlist: Fall To Earth / Made Of Gold / With Every Heartbeat / True Love Will Find You In The End (Daniel Johnson cover) / In The Moment / Burn Blue / Another Lesson
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Diesen Druck fühlt Amy Macdonald aber garantiert nicht – sie weiß, was sie bietet, und startet direkt mit „Woman Of The World“ in den Abend voller entspannter und heruntergedrehter Instrumentierungen. Einen schönen Querschnitt ihrer mittlerweile zwölfjährigen Karriere hat die Sängerin sich zusammenstellt, den Fokus dabei weiterhin auf das zuletzt erschienene „Under Stars“, ihr letztes Studio-Album. Fünf Mitmusiker stehen neben ihr auf der Bühne, besetzt mit Gitarre, Cello, Violine, Kontrabass/Akustik-Bass und ein Multiinstrumentalist mit Klavier, Banjo, Ukulele und Percussion. Dazu gesellt sich die gelegentliche Akustik-Gitarre von Macdonald – und natürlich ihre unverwechselbare und tatsächlich einzigartige Stimme, die, trotz anfänglicher Schwierigkeiten, bestens in Form ist.
Sie sei überrascht, dass die Venue nicht nur so hieße, sondern tatsächlich ein Zirkus ist, erzählt sie überrascht. Allgemein scheint sie in Erzähllaune, viele Ansagen dauern dabei gerne einmal fünf Minuten, wenn sie über ihre Anfangszeiten resümiert und von ihrer damaligen Entscheidung erzählt: Uni oder Musik? Sie hat das Risiko gewählt – und wurde belohnt. Ein seltener Weg, aber ein gelungener. Aber sie wagt sich auch in politische Gefilde und verurteilt den Brexit deutlich. Ihr Lied „Pride“ beziehe sich ausschließlich auf Schottland, England und die Entscheidung, aus der EU auszutreten sei eine Katastrophe. „Ich bin froh, überallhin reisen zu können und finde eine Vereinigung der Länder wichtig“. Großer Applaus. „Wer hätte jemals gedacht, dass ich in einem Zirkus über den Brexit rede?“
Aber auch an Kritik am Publikum spart sie nicht. Die Handys seien eine Plage, sie verstehe nicht, wieso man lieber minimiert das Konzert ansieht, obwohl es direkt vor einem liegt. Auch das Herumlungern auf den sozialen Medien während eines Konzerts verurteilt sie – und spricht auch direkt einen Herren an, der beschämt das Smartphone wegpackt. „Ich singe mir die Seele aus dem Leib, während die Person vor mir gelangweilt auf Instagram scrollt – das verstehe ich nicht“. Dass die 31-Jährige eben eine absolute Verfechterin von Live-Musik ist, sieht man allein schon am alleinigen Einsatz von organischen Instrumenten. Musikalisch erzeugen ihre Arrangements, was eine umwerfende Version von „Don’t Tell Me That It’s Over“ unbedingt miteinschließt, zeitweise ein Gefühl der absoluten Befriedigung aller musikalischen Bedürfnisse – man ist so gefesselt und an seinen Stuhl gebunden, dass man schier nicht mehr wegsehen oder gar weghören kann. Nur bei den mitreißenden Songs wie „Automatic“ und „This Is The Life“ wird euphorisch aufgestanden – und eben zum Schluss. Stehende Ovationen sind das Mindeste nach 105 Minuten bezaubernder Klänge.
Man spricht immer wieder von Konzerten, die man sein Leben lang mit sich trägt und an die man sich immer gerne zurückerinnert. Das war eines davon.
Setlist: Woman Of The World / Spark / Pride / The Rise & Fall / Never Too Late / Mr. Rock And Roll / Leap Of Faith / Dream On / Don’t Tell Me That It’s Over / Give It All Up / Down By The Water / Automatic / Run / This Is The Life / What Happiness Means To Me – Zugaben: Left That Body Long Ago / Life In A Beautiful Light / Poison Prince
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Bericht: Ludwig Stadler
Fotos: Petra Schönberger von Events For You