Still Here – Gil Ofarim im Deutschen Theater (Bericht)

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Trotz Gewitterwarnung und Regenschirmen unter den Stühlen ist die Stimmung super, an diesem Samstagabend, 31. Juli 2021, als sich im Innenhof des Deutschen Theaters die Besucher versammeln. Früher waren es Teenie-Mädels, die aufgeregt gekreischt haben, heute ist der Großteil des Publikums zwar noch immer weiblich, aber nicht mehr ganz so aufgeregt wie um das Jahr 2003, als Gil Ofarim als Frontmann der Rockband Zoo Army in den einschlägigen Formaten von Viva bis MTV die Herzen höher schlagen ließ. Seitdem ist der Musikersohn von Abi Ofarim auf dem Boden des ‚Kann von seiner Kunst leben‘-Daseins angekommen. So macht er Musik, arbeitet aber auch als Synchronsprecher, Schauspieler und tritt immer wieder in diversen Fernsehshows auf. Nun eröffnet er die Sommerspielzeit im pandemiebedingt lange geschlossenem Deutschen Theater.

© Ina Bohnsack

An diesem Abend präsentiert er nun mit zwei Musikerkollegen – Keyboard, Gesang: Stephan Zeh; Gitarre, Gesang: Stefan Maier – Songs der aktuellen Platte ‚Alles auf Hoffnung‚. Naheliegend, schließlich waren die vergangenen Monate für ihn als Musiker ebenso wie für das Deutsche Theater, das seine Türen erstmalig wieder öffnet, kein Schmetterlingsflug. Doch Giiiiiiiiil, wie ein kleiner Junge im Publikum nicht müde wird zu schreien, muss nicht erst wieder warm laufen. In seinen Adern fließt Künstlerblut. So kommt der Mittdreißiger auf die Bühne im zeitlosen Rockstar-Look mit engen Jeans und zahlreichen Armbänder, wie grade vom BRAVO-Postershooting, und legt sofort los. Bemerkenswert an seiner Performance ist, dass seine Stimme live den Songs auf der Platte in Nichts nachsteht. Schon mit den ersten Songs sind die Fans im Bann. Bei „Freiheit in mir“ oder „Held in deinem Film“ würden die Ladies am liebsten aufspringen – sie johlen, klatschen im Takt und die gute Laune steckt an. Dazwischen sollen Songs wie „Ein Teil von mir“, in dem der Tod seines Vaters und Mentoren verarbeitet wird, auch die verletzliche Seite des Strahlemannes zeigen.

Wie sich der Dauerruhm und die ständige Abrufbarkeit anfühlen müssen, wird im Song „Pierrot“ deutlich. Ofarim macht damit auf ein Thema aufmerksam, dass Künstlern wie ihn fast immer betrifft – ob Sprössling berühmter Eltern wie Jaden Smith oder die Ochsenknecht-Brüder, aber auch Justin Bieber oder Tokio Hotel. Wer in seinem Leben mehr Zeit in als außerhalb der Öffentlichkeit verbracht hat, scheint weder mit noch ohne die Aufmerksamkeit zu können. Ofarim steht auf der Bühne, seit er 14 Jahre alt ist. Vermutlich ist darauf nicht nur seine Professionalität, sondern auch die perfekten Anmoderationen und ’spontanen Einlagen‘ zurückzuführen. Jedes Wort kommt aus seinem Mund, als wären Kameras die ganze Zeit auf ihn gerichtet. Sei’s drum! Der Mensch hat eine großartige Stimme, fühlt sich auf der Bühne pudelwohl und zwischen ihm und seinem Publikum herrscht die Absprache: man kennt sich, man mag sich. So gehen erheblich viele Hände bei der Frage hoch, wer im Lockdown die wöchentlichen Live-Sessions der Band verfolgt habe. Die Texte sind in deutsch und radiotauglich, sodass auch jede*r, der die Musik nicht kennt, als Begleitung einen tollen Abend haben wird.

Während Gil Ofarim die Auftrittsreihe mit musikalischen Lesungen seines Buches Freiheit in mir und Konzerten fortsetzt, fährt das Deutsche Theater mit einer vielfältigen Mischung aus Shows, Liederabenden, Kindermusical und Konzerten auf. Weitere Informationen dazu gibt es HIER!

Bericht: Jana Taendler