Für immer jung – Peter Maffay in der Olympiahalle (Bericht)

Veröffentlicht in: Konzerte, Metal/Rock | 0

Über 50 Millionen Platten hat Peter Maffay im Laufe seiner über 50 Jahre langen Karriere verkauft – eine Millionen Tonträger pro Jahr, wenn man so rechnen mag. Eine unfassbare Anzahl, eine unfassbare Karriere. Zwar ist es in den letzten zehn Jahren doch deutlich ruhiger um Maffay geworden, abgesehen von Ausflügen ins Tabaluga-Land hat er sich etwas zurückgehalten, aber 2019 dann die Ankündigung: mit dem neuen Album „Jetzt!“ geht es wieder in die Arenen. Das hat sich ein wenig gezogen, die Tour musste im März wegen einer schweren Verletzung eines Bandmitglieds verschoben werden – und wäre das nicht passiert, dann kurz darauf eben die Pandemie. Nun, am 8. September 2022, ist es aber soweit: die Olympiahalle füllt sich gespannt.

© Andreas Ortner

Maffay gehört zum alten Schlag der deutschen Musikindustrie und wohl neben Lindenberg und Grönemeyer zu den letzten Rockstars der Anfangszeit des deutschen Rocks. Was alle eint: einen Support haben sie meist nicht dabei, dafür spielen sie weit über zwei Stunden und bieten tatsächlich reichlich fürs Geld. Peter Maffay gliedert das dieses Mal thematisch auf – den Start macht um 20:10 Uhr erstmals sein Album „Jetzt!“ mit dem Titeltrack und dem hochpolitischen „Morgen“. Sofort ins Auge fällt die Bühne – in Gitarrenform, mitten in der Halle positioniert, die Zuschauer*innen rundherum positioniert. Auf der Bühne toben sich bis zu zwölf Musiker*innen aus, spielen sich an, für sich, aber immer im vollen Sichtfeld der Halle. Das hat Proberaum-Flair, ist nahbar und funktioniert – trotz der hohen Masse an Spielenden auf verhältnismäßig kleiner Fläche – doch ziemlich gut.

Der Sound ist klar, genau auf die Arena ausgepegelt, in den Nuancen dann aber etwas leblos – es fehlt das Kantige, das Kratzige, was Rock mit sich bringen müsste. Vielleicht ist es aber auch genau das, was dem Abend fehlt: Rock. Natürlich sind die größten Hits des Liedermachers nicht seine flotten Nummern, sondern die schlageresken, die Balladen. Völlig legitim, dass diese einen prominenten Platz in der Setlist bekommen – aber ausschließlich? Zwischen Song 2 „Morgen“ und Song 18 „Samstagabend in unserer Straße“ ist satter E-Gitarrensound Fehlanzeige (trotz drei, mit Maffay sogar vier Gitarristen). Das erscheint als Tour zum „Rock-Comeback“ mit dem dementsprechenden Album etwas eigenartig. War es nicht Maffay, der damals eine Vereinigung für mehr Rockmusik in der poplastigen, deutschen Musikindustrie gründete? Womöglich wäre eine Vereinigung für mehr Rocksongs bei Maffay-Konzerten nicht verkehrt.

© KiM

Dennoch: die Fans mögen es, freuen sich, feiern alles, feiern Maffay, Maffay freut sich, feiert die Fans, alle glücklich. Das erwähnt er auch in seinen gerne mal ausufernd langen Ansagen immer wieder, wie schön es doch sei, eine applausreiche Reaktion auf die Lieder zu erhalten. Und manche Stücke sind auch mehr als beklatschenswert, so beispielsweise das schöne „Wenn wir uns wieder sehen“, dass er seinem verstorbenen Vater widmet. Aber auch ein Tabaluga-Block schleicht sich in die Liste der Lieder ein, insgesamt drei Werke werden aus dem kommenden Album „Die Welt ist wunderbar“ zum Besten gegeben. Beim letzten, gleichnamigen Track beehrt der Drache selbst sogar das Geschehen auf der Bühne – und weil es so schön war (und das Lied für ein Video mitgefilmt wurde), gibt’s den Song einfach noch ein zweites Mal. Die Welt ist wunderbar!

Im letzten Abschnitt, der knapp die Hälfte der Spielzeit einnimmt, gibt es das, worauf ein Großteil der Besucher*innen doch die ganze Zeit gehofft hat: ein Best-Of-Programm. „Du“, Maffays erster Charterfolg, fehlt genauso wenig wie „Eiszeit“, „Weil es dich gibt“ oder das fetzige „Sonne in der Nacht“ in einer Endlos-Jam-Version. Selbstredend, dass das Karat-Cover „Über sieben Brücken musst du gehn“, welches durch Maffay wohl erst so richtig bekannt geworden ist, auch nicht fehlen darf – die Olympiahalle singt glückstrunken mit. Am Ende verabschiedet sich der doch schon 73-jährige Teilzeitrocker um kurz vor 23 Uhr mit beachtlicher Spielzeit. Das Motto des Abends liefert er sich ja bereits selbst mit seinem eigenen Song: „Für immer jung“.

Setlist: Jetzt! / Morgen / Das ist gut / 100.000 Stunden / Größer als wir / Für immer jung / Jedes Ende wird ein Anfang sein / Wenn wir uns wieder sehen / Wann immer / Elektrizität / Königreich der Liebe / Die Welt ist wunderbar / Die Welt ist wunderbar / Weil es dich gibt / Gelobtes Land / Eiszeit / Du / Samstagabend in unserer Straße / Über sieben Brücken musst du gehn (Karat cover) / Sonne in der NachtZugabe: Und es war Sommer / Freiheit, die ich meine / Die Töne sind verklungen

Bericht: Ludwig Stadler