5000 Miles – Interview mit Lui Hill

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Lui Hill gastiert am 12. Oktober im Ampere im Muffatwerk. Der Wahlberliner stellt sein gleichnamiges Debüt-Album vor. Als Support ist das Synthie-Pop-Duo Fye & Fennek mit von der Partie. Wir trafen Lui zum Interview und sprachen mit ihm über seine Motivation, Inspiration und natürlich über seine kommende Tour:

Kultur in München: Früher warst du mit diversen musikalischen Projekten unterwegs. Wie würdest du die Entwicklung zu „Lui Hill“ beschreiben?

Ich habe in den vielen Bands, in denen ich in den letzten Jahren spielen durfte, viel darüber gelernt, was ich eigentlich selbst als Solokünstler machen möchte. Ich fand ab einem gewissen Punkt den demokratischen Prozess beim Musikschreiben und Produzieren hinderlich. Ich hatte irgendwann eine klare Vorstellung davon, wie meine Musik sich anfühlen und klingen sollte, und wollte da einfach keine Abstriche mehr machen.

Kultur in München: Du bist studierter Schlagzeuger und auch bei deinem Liveprogramm spielst du die Drums und singst. Hat es für dich Vorteile, dieses Instrument sozusagen in die Pole-Position auf der Bühne zu stellen oder empfindest du es auch manchmal als Nachteil? 

© Simon Hegenberg

Ich empfinde es als Gewinn für die gesamte Live-Performance. Das Schlagzeug ist das Instrument, das ich am besten beherrsche und es wirkt für mich als verlängerter Arm meines musikalischen Ausdrucks auf der Bühne. Ich wollte unbedingt in einer Trio-Besetzung spielen. In einem Trio trägt jeder der drei Mitspieler sehr viel Verantwortung und bestimmt die Musik zu einem erheblichen Teil. Ich kann, indem ich Schlagzeug spiele und singe, einfach sehr viel über die Energie und die Dynamik bestimmen, die ich zum Singen brauche. Klar, manchmal wünsche ich mir, dass ich mich auch etwas mehr auf der Bühne bewegen kann, aber in diesem Fall bin ich nicht traurig, wenn für gewissen Sequenzen auch mal der Beat aus einer Drum Maschine kommt und ich mich auch mal von meiner „Pole-Position“ weg bewegen darf.

Kultur in München: Nun die obligatorischen Fragen: In welche Schublade würdest du deinen Stil stecken? Wie würdest du deine Musik charakterisieren? Welche Künstler inspirieren dich?

Ich nenne meine Musik „Neo Soul“. Wenn man sich schon auf das dünne Eis von zwei Worten begeben muss, um eine musikalische Welt zu beschreiben – da tritt man doch immer etwas zu kurz – ist das für mich gerade der beste gemeinsame Nenner meine Musik zu beschreiben. Die alte Welt der analogen und organischen Instrumente trifft auf 808 Drum Machines und Synthesizer. Da ich sehr viel verschiedene Musik mag ist es wahrscheinlich die Summe aus all diesen Stilistiken. Ich Liebe Soul und Jazz aus den 60ern und 70ern, aber genauso afrikanische oder brasilianische traditionelle Musik, minimal E-Musik, House und Hip Hop. Aber du wirst auch sehr viele zeitgenössische Künstler in meiner Playlist finden. Frank Ocean, Jungle, Maribou State, Unknown Mortal Orchestra oder Kendrick Lamar. Das könnte jetzt aber auch zwanzig Minuten so weiter gehen.

Kultur in München: Dein Debüt-Album „Lui Hill“ ist am 10 August 2018 erschienen. Du hast es komplett geschrieben und auch produziert. Wie würdest du den Prozess bis zum endgültigen Release beschreiben?

Nun liegt ein Jahr hinter mir, in dem ich sehr konzentriert und akribisch an der Fertigstellung dieses Albums gearbeitet habe, viele Tage und Nächte in Studios und dunklen Räumen. Der Entstehungsprozess der Songs war oftmals um einiges schöner, viele Songs des Albums sind an tollen inspirierenden Orten geschrieben worden. Manche Lieder sind aber auch schon um einiges älter und begleiten mich schon eine ganze Weile, es fühlt sich deswegen für mich auch wie eine große Befreiung an, diese Songs nun endlich freizulassen und als fertig zu betrachten. Jeder, der unter einem Drang von Perfektionismus leidet, weiß glaube ich, wie sich dieser Moment anfühlt, an dem man es nun endlich sein lässt, darüber nachzudenken, ob das jetzt die richtige, finale Version ist.

Kultur in München: Deine erste Singleauskopplung „5000 Miles“ hat hohe Wellen geschlagen. Auch das Video ist sehr hochwertig produziert. Was bedeutet dir der Song und wie kam es zum Videodreh in Kalifornien?

Der Song symbolisiert für mich eine Wendepunkt in meiner Karriere und ein Freischlagen von alten Sorgen und Blickpunkten auf mein Leben, es ist ein sehr wichtiger Song für mich. Der Song erzählt von meinen unmittelbaren Eindrücken, die ich durch eine Tour durch Südafrika erfahren habe. Ich kam aus dem kalten winterlichen Berlin mit viel emotionalem Ballast an diesem speziellen Fleck Erde an und war völlig gesflashed von den Eindrücken, die auf mich einbrachen. 5000 Miles entfernt von meinen Sorgen und Nöten war mein Blick auf all das geschärfter und klarer. Dazu kam, dass ich in Kapstadt dem Chef meines jetzigen Labels über den Weg lief. Ich habe ihm dort meine aktuellen Demos vorgespielt und dann ging alles ganz schnell. Zurück in Berlin schmiedeten wir Pläne, wie wir ein Album auf den Weg bringen können, keine drei Monate später drehten wir die Videos zu 5000 Miles, Revolver, Words Become Useless und Ancient Dust in Los Angeles mit einem tollen Team. Das war alles sehr aufregend. Los Angeles liegt übrigens genau wie Kapstadt 5000 Meilen von Berlin entfernt, das war aber eher Zufall.

Kultur in München: Bitte noch ein paar Worte zu deiner Vorband „Fye & Fennek“. Sie haben auch einen Remix deines Songs gemacht. Wie kommt es zu dieser Verbindung? 

Fye & Fennek sind auf dem gleichen Label, wir haben uns in Berlin oft in den gleichen Studios aufgehalten und uns dadurch immer näher kennengelernt. Da war gleich ein Vibe zu spüren, es lag also recht nahe, bei den Beiden mal anzufragen, ob sie Lust hätten, einen Remix für meine erste Single zu machen. Nun bringen wir zur Tour einen Song raus, den wir gemeinsam geschrieben haben. „The Game“ ist ein echt schönes, intuitives Stück Musik, das aus einer Spielerei, einem Jam, entstanden ist (VÖ ist der 05.10.2018).

© Simon Hegenberg

Kultur in München: Am 2. Oktober startet deine Tour. Du reist mit deiner Band von Berlin über Kopenhagen, nach Paris, Wien, Zürich und auch nach München. Hast du einen besonderen Bezug zu unserer schönen Stadt, wie gefällt es dir hier?

München ist im Gegensatz zu Berlin beschaulicher und ruhiger, alles geht dort etwas gemütlich vonstatten, das gefällt mir. Ich habe einige Freunde in dieser Stadt und komme immer gerne für einen Abstecher vorbei, das fühlt sich immer direkt wie Urlaub an. München musste unbedingt auf den Tourplan, nicht nur wegen meinen Freunden. Das ist doch ein nobrainer! (lacht)

Kultur in München: Was erwartet die Gäste im Ampere? Welche Energie möchtest du erzeugen? Was wünschst du dir für diesen Abend?

Wir spielen uns als Trio gerne mal gegenseitig etwas schwindelig, wir werden alle Songs des Albums zum Besten geben, aber zwischendrin gibt es ein paar schöne Überraschungen. Ich liebe das Ungewisse eines Konzertabends, kein Konzert bleibt ohne einen Ausflug in einen gewissen Risikobereich, in dem man die eigene Stimmung und die des Publikums ausloten kann. Wir werden Alles geben und hoffen, dass das Publikum das genauso tut.

Danke für das Gespräch, alles Gute und viel Erfolg auf deiner Tour!

Interview: Dennis Jakobi
Fotos: Simon Hegenberg