In der Backstage Halle wird es niederfrequent: Acht Bands aus dem Bereich Doom/Stoner/Sludge/Black/Death Metal orchestrieren den Fall Of Man, an diesem Samstag, 23. November 2019. Acht Bands sind nicht wenig, wenn nur eine Bühne zu Verfügung steht, der apokalyptische Spaß beginnt dementsprechend um 16:30 Uhr, um nach Mitternacht zu enden. Man mag angesichts dieser Dauer die doch recht überschaubare stilistische Varianz der Bands monieren, andererseits provozieren die Veranstalter auch keine irritierenden Außenseiterslots; die musikalische Nische ist eng genug, um ein spezifisches Interesse der Anwesenden vorauszusetzen. Nach Goblinsmoker und Ashtar sind um 18 Uhr Eremit an der Reihe, das Abendprogramm einzuleiten. Die eine Hälfte des Duos, Gitarrist und Grunzer Moritz Fabian, wirkt wie ein im Sky Valley-verirrter Quorton und spielt repetitiv-primitiv-atmosphärischen Doom, mit Riffs, die ausgesucht genug sind, um auf Viertelstundenlänge ausgewalzt zu werden; nach Beendigen des ersten Stücks „Dry Land“ kündigt Fabian nicht ohne Augenzwinkern an: „Wir haben noch einen Song für Euch…“.
Aus einer anderen Ecke kommen Toner Low. Das Trio stammt aus den Niederlanden und hat sich – wie passend – der Cannabisverherrlichung verschrieben, zumindest suggeriert das die etwas linkische Daueranimation der einschlägigen Blätter im Rücken der Band. Und low können die Kopierpapierdruiden wirklich: Zwar atmet die Musik den dezent beschwingten Geist des Stoner-Genres, doch Toner Low verzichten fast gänzlich auf Gesang und setzen – erfolgreich – auf instrumentale Wucht; vor allem der Bass von Miranda Vandervoot geht durch Mark und Bein. So recht fortkommen will das Set aber nicht, es scheint, als hätten die Niederländer ihre Geschichte zu schnell erzählt, um selbst diese knappe Spielzeit nachhaltig zu füllen.
Die Backstage Halle zu füllen ist den Fall of Man-Veranstaltern dagegen recht ordentlich gelungen: Zwar lässt sich zu keiner Zeit von Überbevölkerung sprechen, luftig voll ist der Zuschauerraum aber allemal, wenn nach den zügig durchgeführten Umbaupausen (je ca. 20 Minuten) wieder eine neue Kapelle die Bühne in Beschlag nimmt. Positiv ins Auge fallen darüber hinaus eine Spendenbox für die Seniorenhilfe am Merchstand sowie bio-regionale (Burger-)Verpflegung.
Die neue Kapelle nach Toner Low sind um halb neun Morast – eingesprungen für die ursprünglich angedachten Tides of Sulfur. Die Gruppe, die sich schon mit Ultha zu einer wunderbaren Bathory-Cover-Split-EP zusammenrauften, haben unlängst mit „Il nostro silenzio“ ein starkes neues Album veröffentlicht und rufen eine augenfällige Vorfreude bei nicht wenigen Anwesenden hervor. Und zurecht, wie der tadellose Auftritt der Ruhrgebietler beweisen wird. Schwärzlicher Doom/Death Metal wird da geboten, Morast klingen organisch, analog, und doch originell; besonders eindrucksvoll: das finale „November“.
Mit Praise The Plague ist der rasantere Teil des Abends eingeleitet. Die Berliner bieten modernen, leider etwas unvorteilhaft gemischten, ebenfalls schwarz gefärbten Doom/Sludge, begleitet von schicken schwarz-weißen Visualizern.
Nekrovault hielten voriges Jahr beim Chaos Blast Meeting im Feierwerk noch als weitgehend unbekannte Eröffnungsband her, inzwischen hat sich die Band zum Szeneliebling gemausert. Ihr gruftiger (Oldschool-)Death Metal ist aber auch unverschämt eingängig und sinnig zusammengestellt – und zeigt, woran die digitale Ästhetik ihrer Vorgänger krankte.
Zuletzt schließlich: Ultha. Die Kunstnebel-vernarrten Kölner haben sich definitiv zu einer eigenen Marke entwickelt, was nicht zuletzt die Shirt-Verbreitung im Publikum nahelegt. Und nicht von ungefähr: „Converging Sins“ (2016) darf sich schon einen kleinen Klassiker schimpfen. 2018 schoben Ultha mit „The Inextricable Wandering“ einen kantigen, zackigen Nachfolger hinterher, wiederum kontrastiert durch die jüngste EP „Belong“, auf der der charakteristische, Orgel-geflutete Sound der Band wieder gemächlicher wogt. Ein schöner, ein runder Abschluss eines runden Mini-Festivals.
Bericht: Tobias Jehle